Die Ernte
Ritzen in der Holzwand drangen Lichtstreifen. Der Staub von vertrockneten Maiskolben wirbelte in den scharf abgegrenzten Sonnenstrahlen und Chester befürchtete, dass er niesen musste.
Er hielt seinen Atem an, rümpfte die Nase und spitzte die Ohren. Er hörte wie das Leder der Zügel, die er in Bewegung gesetzt hatte, gegen die Holzsparren scheuerte. Ratten, deren Nachtmahl gestört worden war, raschelten in der Futterkrippe. Das Blechdach stöhnte und ächzte, als sich das Metall weger der kühler werdenden Abendluft zusammenzog. Chester hörte keine der schlürfenden Geräusche, die Don Oscar jetzt beim Gehen machte.
Chester kletterte die wackeligen Sprossen zum Heuboden hinauf und schloss die Falltüre. Diese Öffnung konnte man nicht absperren, also schob Chester mit einiger Anstrengung einen alten, grauen Heuballen darüber. Er ließ sich ins lose Heu fallen, da seine Knochen vor Anstrengung schmerzten. Dann versuchte er, wieder zu Atem zu kommen, obwohl sich seine Lungen genauso kaputt anfühlten wie sein langärmliges Hemd.
In diesem Moment bellte Boomer.
Guter Junge. Jetzt kannst du diesem verkrüppelten Arschloch zeigen, wer hier der Boss ist.
Boomer bellte noch einmal, aber diesmal war sein Bellen mehr ein sumpfiges, undeutliches Jaulen. Das Bellen war der undeutlichen Art und Weise, wie Don Oscar sprach, verdammt ähnlich. Chester kroch auf allen Vieren über den Heuboden und riss sich seine knochigen Knie an Nagelköpfen und dem rauen Holz auf. Durch die Lücken in der Bretterwand konnte er auf den Hof unter sich schauen.
Boomer sah noch immer wie Boomer aus, nur dass seine Augen jetzt grün waren. Seine feuchte Nasenspitze reckte sich und prüfte zitternd die Luft. Chester hoffte, dass Boomers Geruchssinn genauso schlecht war wie seine Augen, denn sonst könnte er auf die Idee kommen, sein geliebtes Herrchen zu suchen.
Don Oscar musste wohl um das Haus herum gegangen sein, denn Chester hörte die Hühner im Hinterhof aufgeregt gackern. Dann ließ Boomer seinen Schwanz sinken und rannte in Richtung Wald, so wie er es normalerweise tat, um Eulen und Waschbären aufzuscheuchen.
Chester wartete bis die Sonne unterging. Er fühlte sich plötzlich nackt und verwundbar und sein Hals schnürte sich zusammen. Er hätte seine Seele für sein Gewehr und für einen Viertelliter Schnaps eingetauscht. Er überlegte sich gerade, ob er es wagen sollte, in sein Haus zu laufen, als Boomer wieder auftauchte, über den Hof trabte und mit hängenden Ohren auf die Veranda sprang. Die Fußnägel des Hundes machten auf dem Holzboden ein kratzendes Geräusch, als er durch die offene Tür in das Haus ging. Eine weitere Stunde verging, bevor Chester die Scheinwerfer eines Autos sah.
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DeWalt trat in das dunkle Wohnzimmer von Mulls Bauernhaus. Er musste blinzeln, als sich seine Augen langsam an die Dunkelheit gewöhnten. Im Raum roch es nach Tierhaaren und Schießpulver, nach Holzrauch und Maiskolben. DeWalt tastete sich mit kleinen Schritten den unebenen Holzboden entlang, um nicht zu stolpern. Von früheren Besuchen wusste er, dass ein altes Sofa irgendwo herumstand und dass in der Mitte des Raumes eine Kommode aus Walnussholz stand, die man in einem New Yorker Antiquitätenladen locker um zehntausend Dollar verkaufen könnte.
»Chester«, rief er. Sein Atem wirbelte Staub im Zimmer auf.
Im oberen Stock des Hauses hörte er das Quietschen einer Tür. DeWalt fuhr mit der Hand die Wände entlang. Chester hatte die Holzwände seines Hauses mit Linoleum beschlagen, um die Risse in den Wänden abzudichten. Als das Haus erbaut wurde, gab es noch keine Wärmeisolierung für Gebäude. DeWalt wunderte sich, warum in dem alten Ofen kein Feuer brannte.
DeWalt ging vorsichtig zum anderen Ende des Zimmers, indem er sich an den Wänden in Richtung der Treppe entlang tastete. Mit seinen Fingerspitzen konnte er zuerst die glatte Oberfläche eines Spiegels ertasten, dann die rissigen Umrisse eines hölzernen Fensterrahmens. Das Fenster war mit einer Holzplatte zugenagelt, sodass das Mondlicht nicht ins Zimmer dringen konnte. Er ging vorsichtig am Fenster vorbei und stieß mit dem Kopf gegen ein paar hervorstehende Kleiderhaken, die in die Wand geschlagen waren.
Dann stieß er mit seinem Stiefel gegen die erste Stufe der Treppe. Er war noch nie im ersten Stock von Chesters Haus gewesen. Eine Stoffplane hing direkt vor seinem Gesicht und er wischte sie mit der Hand wie eine lästige Spinnwebe zur Seite. Er tastete
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