Die Eroberung Von Mexiko Durch Ferdinand Cortes
überwacht, ein spanischer Landsknecht, der in der Schlacht bei Ravenna (1512) unter Peter von Navarra als Pikenier gefochten hatte.
Auf dem Weitermarsche durch die Tierra caliente, etwa 15 Meilen vor Cempoalla, kam eine Gesandtschaft des Narvaez zu Cortes, dabei jener Andreas von Duero, dem der Feldherr es im wesentlichen verdankte, daß ihm Diego von Velasquez den Oberbefehl anvertraut hatte. (Vgl. S.150f.) Offenbar war sein ehemaliger Gönner ihm nicht mehr so gesinnt wie vordem in Kuba, und vermutlich nur gekommen, um dem von Velasquez abtrünnig gewordenen vorstellig zu werden, daß seineSache angesichts der dreifachen militärischen Überlegenheit des Narvaez rettungslos verloren sei. Cortes verstand den wankelmütigen Geist des Duero von neuem für sich zu gewinnen. Ja, er brachte ihn durch ein reiches Goldgeschenk dahin, daß er als das Haupt einer Verschwörung zu Narvaez zurückkehrte. Bernal Diaz berichtet hierzu: »Cortes, geschmeidig und weitblickend, wie er war, versprach dem Duero nicht nur große Schätze, sondern auch einen hohen Posten und nicht geringe Ländereien. Dafür mußte er sich aber verbindlich machen, den Feldzeugmeister des Narvaez, Augustin Bermudes, zu gewinnen, und andere höhere Offiziere, die ich nicht nennen will. Selbige sollten den Narvaez in allem entgegenarbeiten und ihm somit behilflich sein, jenen um Ehre und Leben zu bringen. Um die Zahl der heimlichen Anhänger zu mehren, nahm Duero zwei Manneslasten Gold gleich mit, dazu eine Menge Kostbarkeiten.«
Narvaez hatte ursprünglich den Plan, die Waffenentscheidung zwischen sich und Cortes am Ufer des Kannoe-Flusses herbeizuführen. Er bezog mit seinem Heere ein Lager daselbst und wartete etliche Tage auf den ihm im Anmarsch gemeldeten Gegner. Dann aber ging er ohne ersichtlichen kriegerischen Grund wieder nach Cempoalla zurück. Wahrscheinlich wirkte hierbei bereits der Verrat des Duero. Aus dem gleichen Grunde stieß der nächtliche Überfall, den wir besonders lebhaft von Bernal Diaz geschildert finden (vgl. S. 423 ff.), nur in der unmittelbaren Umgebung von Narvaez auf ernstlichen Widerstand. Ferdinand Cortes war wie alle großen Feldherren der gesunden Meinung: um das Blut seiner Soldaten zu sparen, müsse im Kriege jedwedes Mittel erlaubt sein. Er verachtete den Verräter, aber er liebte den Verrat. Als ihm Narvaez tags darauf vorgeführt wurde und zu ihm sagte: »Sennor Cortes, Ihr habt dem Glücke dankbar zu sein, denn der Sieg war Euch leicht!« – da erwiderte der Sieger: »Gewiß habe ich dem Glück viel zu danken, aber daß ich Euch in meine Gewalt bekommen habe, das schätze ich für die geringste meiner Taten, seit ich diesLand betreten habe!« So berichtet Oviedo. Gleichwohl ist der Zug gegen Narvaez als Ganzes betrachtet, vom Augenblick an, da Cortes die erste Nachricht von der Ankunft des Widersachers erhielt, bis zur Gefangennahme des Narvaez, ein glänzendes Zeugnis von den großen Feldherrnfähigkelten des Eroberers. Die aus Chinantla erwarteten 2000 Mann indianische Hilfstruppen trafen übrigens erst am Tage nach dem Überfall ein. Cortes sandte sie nach einem freundlichen Empfang und mit freigebiger Belohnung in ihre Heimat zurück.
Durch diesen Erfolg der Massen und der Politik gewann Cortes einen starken Zuwachs an Kraft. Alsbald bemühte er sich, die Offiziere und Soldaten des Narvaez an seine Fahnen zu bannen. Wer bei ihm bleiben wollte, bekam alles zurück, was er, als Besiegter, zunächst verloren hatte: Rüstung, Waffen, Pferd, Gepäck, Geld. Daß seine alten Soldaten ihre Beute nur unwillig wieder herausrückten, ist leicht begreiflich. Auch hier mußte das Gold arbeiten, sowohl unter den neuen wie den alten Truppen. Cortes sparte an seiner eigenen Beute nicht. Narvaez hat später, in Spanien, behauptet, er habe in Cempoalla Eigentum im Werte von 5 Millionen Mark verloren.
Um seine Truppen auf andere Gedanken zu bringen und zu beschäftigen, sandte Cortes größere Streifzüge aus, so den Diego von Ordaz mit 200 Mann an den Koazakualko sowie Velasquez von Leon mit 120 Mann nach dem Panuko. Weitere 120 Mann unter Franz von Lujo marschierten nach Verakruz mit dem Auftrage, die Schiffe des Narvaez auszufrachten und vollständig abzutakeln.
Währenddem erhielt Cortes sehr beunruhigende Nachrichten aus der Hauptstadt. (Vgl. S. 164) Er mußte sich infolgedessen zur sofortigen Rückkehr dahin entschließen. Am 24. Juni 1520 traf er daselbst wieder ein, und zwar mit einer Streitkraft von rund 700 Mann
Weitere Kostenlose Bücher