Die Eroberung Von Mexiko Durch Ferdinand Cortes
kannte, da ließ ich mein Kriegsvolk haltmachen und ritt allein vor. Nachdem wir einander hatten begrüßt, begannen sie zu reden. Sie kämen im Namen der Stadt Tezkuko und des ganzen Fürstentums Akuluakan. Ihr Gebieter, Herr Koanako, bäte mich untertänigst, ihm und seinem Lande nicht Gewalt anzutun. Sie hätten keine Schuld an demSchaden, der uns ehedem wäre zugefügt worden. Dessen Urheber wären die Herren von Temixtitan. Sie aber seien Eurer Kaiserlichen Majestät Lehensleute und unsere guten Freunde. Wir mochten in ihre Stadt einziehen und an ihrem Tun und Treiben erkennen, wes Sinnes sie zu uns seien.
Nachdem sie ihre Rede und ihr Ansuchen geendet hatten, hab ich ihnen durch einen Dolmetsch Antwort gegeben. Sie seien mir herzlich willkommen, und ihr Anerbieten erfreue mich sehr. Aber sie wüßten doch wohl, daß mir unlängst in ihrem Gebiete, sechs Meilen von Tezkuko entfernt, fünf Reiter und 45 Fußknechte samt 300 indianischen Lastträgern aus Tlaskala umgebracht und mir dabei eine Menge Gold, Silber, Stoffe und andere Dinge geraubt worden wären. Dafür gäbe es wahrlich keine Entschuldigung, sondern gestrenge Strafe an Leib und Leben; aber dennoch sei ich bereit, Frieden mit ihnen zu machen, unter der Bedingung, daß man mir das Geraubte wieder zustellen wolle. Sie entgegneten mir, alle Beute wäre nach Temixtitan geschleppt worden; wenn wir aber irgendwo etwas fänden, worauf wir Anspruch hätten, so solle uns solches sofort wiedergegeben werden. Sodann fragten sie mich, ob ich die Nacht in ihrer Stadt Quartier nehmen möchte oder in einem der beiden Vororte Koatlinchan und Huexotla, eine halbe Meile vor der Stadt. Offenbar war ihnen das letztere angenehm, wie mir hinterher klar geworden ist. Ich gab ihnen aber die Antwort, ich wolle nicht eher rasten als in Tezkuko, worauf sie mir eine glückliche Reise wünschten. Indem sie mir verhießen, die Quartiere für uns vorzubereiten, gingen sie von uns.
In den genannten beiden Vorstädten kamen uns etliche Vornehme entgegen, empfingen uns sehr freundlich und überwiesen uns Lebensmittel. Um Mittag sind wir sodann in die Stadt selbst eingerückt. Unser Quartier war ein Palast, der ehedem dem Vater des Fürsten Koanako gehört hatte. Ehe das Kriegsvolk wegtrat, ließ ich bekanntgeben, daß bei Todesstrafe niemand ohne mein Wissen das Quartier zu verlassen hätte.Der uns angewiesene Palast war so geräumig, daß wir darin allesamt bequem Herberge fanden. Wir hätten unsrer sogar noch einmal soviel sein können. Besagten Befehl aber hatte ich erlassen, damit sich die Bürger der Stadt nicht sollten beunruhigen. Es war mir beim Einzüge aufgefallen, daß in den Gassen viel weniger Leute denn ehedem zu sehen waren, und vor allem weder Weiber noch Kinder.
Das vierte Kapitel
Als wir nun am Neujahrsabend in Tezkuko eingerückt und im Quartier waren, überlegten wir uns, warum wir in dieser Stadt, die doch sonst so volkreich ist, nur wenige Leute fanden, und daß diese wenigen unruhlg und mürrisch waren. Wir mutmaßten, man käme aus Furcht nicht zum Vorschein, und achteten deshalb nicht weiter darauf. Als aber die Nacht anbrach, ließ ich etliche Hispanier auf einen hohen Söller steigen, um die ganze Stadt zu überschauen. Da nahmen sie wahr, daß Scharen von Bürgern im Abzuge nach dem nahen großen See waren und ihr Hab und Gut zu Schiffe brachten, während ein andrer Teil der Einwohner dem Gebirge zustrebte. Wiewohl ich sofort den strengen Befehl gab, die Flucht der Leute zu verhindern, war dies vergebens, dieweil die Nacht dazwischen kam. Auch der Herr der Stadt samt den Vornehmsten, die ich gern in meiner Hand gehabt hätte, waren nach Temixtitan entwichen, das von dort noch sechs Meilen entfernt ist. Jetzt erkannte ich, daß die mir entgegengeschickten Gesandten nur zu mir gekommen waren, um mich aufzuhalten.
In den drei Tagen, die wir in der Stadt verblieben, hatten wir mit den Indianern keinerlei Zusammenstoß, da sie es nicht wagten, uns anzugreifen, wir aber auch kein Begehr danach hatten. Mein Sinn war darauf gerichtet, mit ihnen Frieden zu haben. Da kamen zu mir die Vornehmen von Koatlinchan, Huexotla und Atengo, den drei Vororten der Stadt, und batenmich unter Tränen, ich möge ihnen verzeihen, daß sie ihre Dörfer verlassen hätten. Es wäre wahrlich nicht aus eigenem Willen geschehen, und sie seien bereit, alles zu tun, was ich ihnen im Namen Eurer Kaiserlichen Majestät auferlege. Ich antwortete ihnen durch einen Dolmetsch, sie müßten
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