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Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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deren Vorbeizug eben sehr beachtet worden war. Die Damen waren unerschöpflich, und der Name Abbé Faujas˜ wurde alle Augenblicke mit lebhaften Lobreden ausgesprochen.
    »Das ist ein Heiliger, ganz bestimmt!« sagte Frau Paloque hohnlächelnd zu Herrn de Condamin, der sich neben sie gesetzt hatte. Dann neigte sie sich zu ihm herüber: »Im Beisein ihrer Mutter habe ich nicht ungezwungen sprechen können … Es wird viel zuviel über Abbé Faujas und Madame Mouret geredet. Diese häßlichen Gerüchte müssen Monsignore zu Ohren gekommen sein.«
    Herr de Condamin begnügte sich zu antworten:
    »Madame Mouret ist eine reizende Frau, trotz ihrer vierzig Jahre noch sehr begehrenswert.«
    »Oh, reizend, reizend«, murmelte Frau Paloque, der eine Gallewoge das Gesicht grün färbte.
    »Ganz und gar reizend«, beharrte der Oberforstmeister. »Sie ist in dem Alter großer Leidenschaften und großen Glücks … Frauen untereinander beurteilen sich sehr schlecht.« Und er verließ den Salon und freute sich über Frau Paloques unterdrückte Wut.
    Die Stadt beschäftigte sich tatsächlich leidenschaftlich mit dem ständigen Kampf, den Abbé Faujas gegen Abbé Fenil führte, um auf dessen Kosten Monsignore Rousselot zu erobern. Es war ein Kampf zu jeder Stunde, ein Sturmangriff wie von Haushälterinnen, die einander die zärtlichen Gefühle eines Greises streitig machen. Der Bischof lächelte fein; er hatte eine Art Gleichgewicht zwischen diesen beiden entgegengesetzten Willen gefunden, er schlug den einen mit dem anderen, hatte seinen Spaß daran, sie abwechselnd am Boden liegen zu sehen, wobei er als einzige Unannehmlichkeit stets die Fürsorge des Stärkeren hinnehmen mußte, um Frieden zu haben. Was die üblen Nachreden anbelangte, die man ihm über seine Günstlinge hinterbrachte, so ließen sie ihn voller Nachsicht; er wußte, daß sie imstande waren, sich gegenseitig des Meuchelmordes zu bezichtigen.
    »Siehst du, mein Kind«, sagte er in seinen vertraulichen Stunden zu Abbé Surin, »alle beide sind schlimm … Ich glaube, daß Paris den Sieg davonträgt und Rom geschlagen wird; aber ich bin dessen nicht sicher genug; ich lasse sie sich unterdessen gegenseitig zugrunde richten. Wenn der eine den anderen erledigt hat, werden wir es wohl wissen … Da nimm, lies mir die dritte Ode des Horaz vor: es ist ein Vers dabei, den ich schlecht übersetzt zu haben fürchte.«
    An dem Dienstag, der auf die Prozession folgte, war das Wetter prächtig. Gelächter klang aus dem Garten der Rastoils und aus dem Garten der Unterpräfektur. Zu beiden Seiten war eine zahlreiche Gesellschaft unter den Bäumen. Im Garten der Mourets las Abbé Faujas wie gewöhnlich sein Brevier, wobei er gemächlich an den hohen Buchsbaumbüschen entlangspazierte. Seit einigen Tagen hielt er die Tür zur Sackgasse verschlossen; er kokettierte mit den Nachbarn, schien sich zu verstecken, damit man nach ihm verlangte. Vielleicht hatte er infolge seines letzten Zwistes mit Monsignore und der abscheulichen Geschichten, die seine Feinde in Umlauf brachten, eine leichte Abkühlung bemerkt.
    Gegen fünf Uhr, als sich die Sonne neigte, schlug Abbé Surin den Fräulein Rastoil eine Partie Federball vor. Er hatte es darin zur Meisterschaft gebracht. Ungeachtet dessen, daß sie auf die Dreißig zugingen, schwärmten Angéline und Aurélie für diese kleinen Spiele; ihre Mutter hätte sie am liebsten kurze Kleider tragen lassen, wenn sie das gewagt hätte. Als das Dienstmädchen die Schläger gebracht hatte, kam Abbé Surin, der sich in dem von den letzten Strahlen ganz in Sonne gehüllten Garten nach einem Platz umsah, ein Gedanke, den die Fräulein lebhaft billigten.
    »Wollen wir nicht in die ChevilottesSackgasse gehen?« sagte er. »Da wären wir im Schatten der Kastanienbäume; außerdem hätten wir viel mehr Auslauf.«
    Sie gingen hinaus, und es entspann sich das angenehmste Spiel von der Welt. Die beiden Fräulein begannen. Angéline verfehlte als erste den Ball. Nachdem Abbé Surin an ihre Stelle getreten war, führte er den Schläger mit wahrhaft meisterlichem Geschick und Schwung. Er hatte seine Soutane zwischen den Beinen zusammengerafft; er sprang nach vorn, zurück, nach den Seiten, fing den Ball dicht über dem Erdboden ab, erreichte ihn mit einem Rückhandschlag in erstaunlichen Höhen, schleuderte ihn jäh wie eine Kugel oder ließ ihn elegante Kurven beschreiben, die mit vollendeter Wissenschaft berechnet waren. Für gewöhnlich waren ihm schlechte Spieler

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