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Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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wartet, während er dem Federballspiel zusieht.«
    Herr Péqueur des Saulaies war sprachlos, war sehr überrascht und begriff nicht. Er blickte zu Herrn de Condamin hoch, den er mit einer gewissen Unruhe fragte:
    »Ist das auch Ihre Meinung?«
    »Aber selbstverständlich; drücken Sie ihm die Hand«, antwortete der Oberforstmeister. Dann fügte er mit einem Anflug von Spott hinzu: »Fragen Sie meine Frau, zu der Sie ja volles Vertrauen haben.«
    Frau de Condamin traf eben ein. Sie trug ein wunderbares Kleid in Rosa und Grau. Als man mit ihr über den Abbé gesprochen hatte, sagte sie freundlich zu dem Unterpräfekten:
    »Ah! Es ist nicht recht, daß Sie so wenig Religion haben; man sieht Sie ja kaum bei den Feierlichkeiten in der Kirche. Wahrhaftig, das macht mir zuviel Kummer; ich muß Sie bekehren. Was soll man von der Regierung denken, die Sie vertreten, wenn Sie sich mit dem lieben Gott nicht gut stehen? – Lassen Sie uns, meine Herren, ich werde Herrn Péqueur die Beichte abnehmen.«
    Sie hatte sich scherzend und lächelnd gesetzt.
    »Oktavie«, flüsterte der Unterpräfekt, als sie allein waren, »machen Sie sich nicht über mich lustig. In der Rue du Helder in Paris waren Sie nicht fromm. Sie wissen, daß ich mir die größte Gewalt antue, um nicht herauszuplatzen, wenn ich sehe, wie Sie in SaintSaturnin zur Kommunion gehen.«
    »Sie sind nicht ernsthaft, mein Lieber«, erwiderte sie in dem gleichen Ton. »Das wird Ihnen noch irgendeinen schlechten Streich spielen. Wirklich, Sie machen mir Sorge, ich habe Sie einsichtiger gekannt. Sind Sie so blind, nicht zu sehen, daß Sie auf der Kippe stehen? Begreifen Sie doch, daß man Sie deshalb noch nicht hat hochgehen lassen, weil man bei den Legitimisten von Plassans keinen Lärm schlagen will. An dem Tag, an dem sie einen anderen Unterpräfekten ankommen sehen, werden sie mißtrauisch, während sie bei Ihnen einschlafen, sich des Sieges bei den nächsten Wahlen sicher wähnen. Das ist nicht schmeichelhaft, ich weiß es, um so weniger, als ich die unbedingte Gewißheit habe, daß man ohne Sie handelt … Verstehen Sie, mein Lieber? Sie sind verloren, wenn Sie gewisse Dinge nicht erraten.«
    Er sah sie mit wahrem Entsetzen an.
    »Hat Ihnen ›der große Mann‹ geschrieben?« fragte er, auf eine Persönlichkeit anspielend, die sie unter sich so bezeichneten.
    »Nein, er hat gänzlich mit mir gebrochen. Ich bin keine dumme Gans, ich habe als erste die Notwendigkeit dieser Trennung begriffen. Übrigens habe ich mich nicht zu beklagen: Er hat sich sehr gut benommen, er hat mich verheiratet, er hat mir ausgezeichnete Ratschläge gegeben, mit denen ich sehr gut dran bin … Aber ich habe Freunde in Paris behalten. Ich schwöre Ihnen, Sie haben gerade nur noch die Zeit, sich an einen Ast zu klammern. Spielen Sie nicht mehr den Heiden, gehen Sie schnell hin und drücken Sie Abbé Faujas die Hand … Sie werden das später begreifen, wenn Sie es nicht heute erraten.«
    Herr Péqueur des Saulaies senkte die Nase und schämte sich ein bißchen über die Zurechtweisung. Er wirkte ganz wie ein Geck, zeigte seine weißen Zähne, suchte sich aus der Lächerlichkeit zu ziehen, indem er zärtlich flüsterte:
    »Wenn Sie gewollt hätten, Octavie, hätten wir Plassans zu zweit regiert. Ich hatte Ihnen angeboten, dieses so süße Leben wiederaufzunehmen …«
    »Sie sind entschieden ein Narr«, unterbrach sie mit ärgerlicher Stimme. »Sie reizen mich mit Ihrem ›Octavie‹. Ich bin für jedermann Madame de Condamin, mein Lieber … Begreifen Sie denn nichts? Ich habe dreißigtausend Francs Jahreszinsen; ich herrsche über den ganzen Bereich einer Unterpräfektur; ich gehe überallhin, ich werde überall geachtet, gegrüßt, geliebt. Diejenigen, die die Vergangenheit ahnen würden, brächten mir nur um so mehr Liebenswürdigkeit entgegen … Was sollte ich mit Ihnen anstellen, lieber Gott! Sie würden mir nur im Wege sein. Ich bin eine ehrbare Frau, mein Lieber.«
    Sie hatte sich erhoben. Sie kam in Doktor Porquiers Nähe, der gewohnheitsgemäß nach seinen Krankenbesuchen eine Stunde im Garten der Unterpräfektur verbrachte, um sich seine vornehmen Patienten zu erhalten.
    »Oh! Doktor, ich habe eine Migräne, eine solche Migräne!« sagte sie mit reizender Miene. »Hier in der linken Schläfe sitzt es bei mir.«
    »Das ist die Herzseite, Madame«, erwiderte der Doktor galant.
    Frau de Condamin lächelte, ohne die Konsultation auszudehnen.
    Frau Paloque neigte sich zum Ohr ihres

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