Die Eroberung von Plassans - 4
lieber, die ihn zwangen, die ganze Geschmeidigkeit seines Spiels zu entfalten, weil sie den Federball aufs Geratewohl ohne jeden Rhythmus abspielten, wie er sich ausdrückte. Fräulein Aurélie spielte nicht übel; bei jedem Schlag stieß sie einen Schwalbenschrei aus und lachte wie eine Närrin, wenn der Federball dem jungen Abbé geradeswegs auf die Nase zuflog; dann raffte sie sich in ihren Röcken auf, um ihn zu erwarten, oder wich mit einem fürchterlichen Rauschen des Stoffes in kleinen Sprüngen zurück, wenn er ihr den Schabernack spielte, stärker zu schlagen. Als der Ball schließlich in ihren Haaren landete, wäre sie beinahe auf den Rücken gefallen, was alle drei sehr erheiterte. Angéline trat an ihre Stelle. Jedesmal wenn Abbé Faujas in Mourets Garten von seinem Brevier aufblickte, gewahrte er über der Mauer den weißen Flug des Federballes, der einem großen Schmetterling glich.
»Herr Pfarrer, sind Sie da?« rief Angéline und klopfte an die Pforte, »unser Ball ist zu Ihnen hineingeflogen.«
Nachdem der Abbé den zu seinen Füßen niedergegangenen Federball aufgehoben hatte, entschloß er sich zu öffnen.
»Ah! Danke, Herr Pfarrer«, sagte Aurélie, die den Schläger schon in der Hand hielt. »Einen solchen Schlag konnte nur Angéline führen … Neulich hat Papa uns zugesehen, und da hat sie ihm eins aufs Ohr gegeben, und zwar so kräftig, daß er sogar am nächsten Tag noch taub war.«
Von neuem erscholl Gelächter. Abbé Surin, der rosig wie ein Mädchen war, tupfte sich mit einem feinen Taschentuch sanft die Stirn ab. Er strich sich seine blonden Haare hinter die Ohren zurück, seine Augen glänzten, seine Taille war biegsam, und er handhabte den Schläger wie einen Fächer. Im Feuer des Vergnügens hatte sich sein Kragen leicht verschoben.
»Herr Pfarrer«, sagte er, wieder Aufstellung nehmend, »Sie werden die Schläge beurteilen.«
Mit seinem Brevier unter dem Arm blieb Abbé Faujas, mit väterlicher Miene lächelnd, auf der Schwelle der Pforte stehen. Unterdessen mußte der Priester durch die halbgeöffnete Toreinfahrt der Unterpräfektur Herrn Péqueur des Saulaies erblickt haben, der inmitten seiner engsten Freunde vor dem Wasserbecken saß. Er wandte jedoch nicht den Kopf; er strich die Punkte an, beglückwünschte Abbé Surin, tröstete die Fräulein Rastoil.
»Sagen Sie mal, Péqueur«, flüsterte Herr de Condamin dem Unterpräfekten scherzend ins Ohr. »Es ist nicht recht von Ihnen, daß Sie diesen kleinen Abbé nicht zu Ihren Abendgesellschaften einladen; er ist sehr freundlich zu den Damen, er muß hinreißend Walzer tanzen.«
Aber Herr Péqueur des Saulaies, der lebhaft mit Herrn Delangre plauderte, schien nicht zu verstehen. Sich an den Bürgermeister wendend, sprach er weiter:
»Wahrhaftig, mein lieber Freund, ich weiß nicht, wo Sie in ihm die schönen Dinge sehen, von denen Sie mir erzählen. Abbé Faujas ist im Gegenteil sehr kompromittierend. Seine Vergangenheit ist stark verdächtig, es werden hier gewisse Dinge verbreitet … Ich sehe nicht ein, warum ich vor diesem Pfarrer in die Knie sinken sollte, um so weniger, als die Geistlichkeit von Plassans uns feindlich gesinnt ist … Das würde mir zunächst nichts nützen.«
Herr Delangre und Herr de Condamin, die einen Blick gewechselt hatten, begnügten sich damit, den Kopf zu schütteln, ohne zu antworten.
»Zu gar nichts«, fuhr der Unterpräfekt fort. »Sie brauchen nicht so geheimnisvoll zu tun. Hören Sie, ich habe nach Paris geschrieben. Ich hatte mir den Kopf zerbrochen; ich wollte mir über den Faujas, den Sie wie einen verkappten Prinzen zu behandeln scheinen, Klarheit verschaffen. Na schön; wissen Sie, was man mir geantwortet hat? Man hat mir geantwortet: man kenne ihn nicht, man habe mir nichts mitzuteilen, im übrigen solle ich sorgfältig vermeiden, mich in die Angelegenheiten der Geistlichkeit zu mischen … Seit dieser Dummkopf, der Langrifoul, durchgekommen ist, ist man in Paris schon unzufrieden genug. Ich bin vorsichtig, Sie verstehen.«
Der Bürgermeister wechselte abermals einen Blick mit dem Oberforstmeister. Er zuckte angesichts von Herrn Péqueur des Saulaies˜ untadeligem Schnurrbart sogar leicht die Achseln.
»Hören Sie mir gut zu«, sagte er nach kurzem Schweigen zu ihm. »Sie wollen Präfekt werden, nicht wahr?«
Der Unterpräfekt lächelte und schaukelte sich lässig auf seinem Stuhl.
»Dann gehen Sie sofort hin und drücken Sie Abbé Faujas die Hand, der dort hinten auf Sie
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