Die Erpresserin
der Werbesendung ein Fetzen Musik aus
dem Autoradio. Ich hielt neben dem Ghia und ging die
Stufen des Portikus hinauf. Im Haus waren die meisten Fenster erhellt, und ich
konnte gleichmäßige dumpfe Laute hören, deren Rhythmus nicht einmal
unterbrochen wurden, als ich lang und kräftig auf den Klingelknopf drückte.
Kurze
Zeit später wurde die Haustür geöffnet, und Sonia Dresden stand da, prachtvoll
aussehend. Sie trug ein langes, enganliegendes weißes Seidenkleid, das in
seiner raffinierten Einfachheit und dem Kontrast zu den dunklen, kurzen Locken
und dem olivbraunen Gesicht von überraschender Wirkung war. Das Kleid war
züchtig hochgeschlossen, saß eng um die üppigen Brüste und war ohne jede
Verzierung bis auf zwei selbstverfertigte Schleifen — eine unmittelbar über
ihrer rechten Hüfte und die andere unmittelbar unter ihr, da wo ihre
Oberschenkel begannen. Unterhalb der zweiten Schleife war der Rock bis zum
Knöchel hinab geschlitzt, so daß, wenn sich Sonia bewegte, die volle Länge
ihres olivbraunen Beins für einen atemberaubenden Augenblick sichtbar wurde.
»Nun?«
Ihre vollen Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Lächeln. »Wenn das nicht
der Mann der Gewalt persönlich ist? Ich glaube, Sie werden sich in der Tat auf
einen intellektuellen Schnickschnack einstellen müssen, Mr. Holman. Ich bin
nicht für Spiel und Spaß rund um den Swimming-pool angezogen.«
»Absolut
okay«, sagte ich. »Ein intellektueller Schnickschnack ist mir sehr recht, Mrs.
Rankin.«
Ihr
Gesicht war plötzlich eine starre Maske, in der nur die Augen lebten, und auch
die schienen verzweifelt um ihr Leben zu kämpfen.
»Rankin?«
Die langen Wimpern senkten sich langsam und hoben sich dann wieder, nachdem
sich das Gesicht wieder so weit belebt hatte, daß es eine annehmbare Imitation
seines selbst darstellte. »Sind Sie übergeschnappt, Holman? Ich heiße Dresden.«
»Klar«,
sagte ich, »aber nicht in Carmel, Sonia. Wenn Sie darüber sprechen wollen, Sie
haben nicht viel Zeit. Clay wird hier um neun Uhr dreißig erwartet.«
»Clay
— kommt hierher?« sagte sie mit dumpfer Stimme. »Okay, Holman, ich glaube, Sie
kommen besser herein.«
Ich
folgte ihr ins Wohnzimmer, und sie ging geradewegs auf die Bar zu. »Sie reden —
ich schenke ein!« sagte sie kurz. »Ich brauche etwas zu trinken, wie — ach,
egal.«
Ich
erzählte ihr von der Mietquittung, die ich in Clays Wagen gefunden hatte, und
von meinem Besuch bei Mrs. Bush in Carmel. Es dauerte nicht lange, und als ich
fertig war, hatte sie die Gläser eingegossen und brachte sie zu der Couch
herüber, auf der ich saß.
»Wir
waren verheiratet — beide zum erstenmal —, und es klappte nicht«, sagte sie
leise. »Also ließen wir uns scheiden — und danach war alles großartig! Clay hat
eine Neigung für — ältere Nymphchen und ich eine für schwachsinnige
Muskelprotzen wie Joey.« Sie lauschte einen Augenblick lang auf das dumpfe,
rhythmische Geräusch, und ihre Nase rümpfte sich in mildem Widerwillen.
»Manchmal habe ich das Gefühl, ich sollte zum Psychoanalytiker gehen. Jedenfalls
— «, sie zuckte kurz die Schultern, »-nach der Scheidung hatten wir die
Möglichkeit nach unseren Neigungen zu leben. Clay heiratete sie, eine nach der
anderen, und ich hatte eine Reihe kurz- oder langfristiger muskulöser
Hausgäste. Aber dann geschah etwas Merkwürdiges. Wir fanden heraus, daß wir
nach wie vor einander brauchten.« Sie lachte verlegen. »Nicht auf permanenter
Basis — das hatten wir bereits versucht, und es hatte nicht geklappt —, aber
hier und dort, manchmal, gelegentlich. Und das war nun über die Jahre weg unser
großes gemeinsames Geheimnis!«
Es
klingelte an der Haustür, und sie fuhr zusammen.
»Das
wird Clay sein«, sagte ich. »Ich werde ihn hereinlassen, während Sie seine Frau
anrufen.«
»Was?«
Ihre Augen weiteten sich. »Sind Sie übergeschnappt?«
Ȇbergeschnappt
wie ein Fuchs — hoffe ich wenigstens«, sagte ich eindringlich. »Sagen Sie ihr,
Clay sei hier bei Ihnen, und Sie bezweifelten sehr, daß er je wieder zu ihr
zurückkehren würde.«
»Aber
— aber ich kann doch nicht — «
»Selbstverständlich
können Sie«, sagte ich. »Es ist wichtig.«
Sie
biß sich flüchtig auf die Unterlippe. »Gut«, murmelte sie schließlich. »Aber
wenn Clay — «
»Ich
werde ihn ausreichend lange in der Diele aufhalten, damit Sie den Anruf
erledigen können«, versprach ich. »Aber tun Sie’s am besten gleich, ja?«
Ich
verließ das
Weitere Kostenlose Bücher