Die Erpresserin
»Aber der Name ist nicht wichtig — auf das Fingerschnippen kommt es
an.«
»Dann
fangen Sie am besten einmal an zu schnippen«, sagte ich zu ihr. »Wir brauchen
Joey hier.«
»Weshalb?«
fragte Clay.
»Weil
es meine Party ist, zu der ich jeden einladen kann, den ich mag«, knurrte ich.
»Holen Sie ihn, Sonia.«
Sie
kam eine Minute später zurück, Joey gehorsam hinter ihr dreintrottend ,
als ob sie ihn an einer unsichtbaren Leine hätte — und das hatte sie ihn wahrscheinlich
auch, was das betraf. Er trug wieder seine hellblaue Dreieckshose und dazu
einen dicken weißen Wollpullover, vielleicht um ihn nach seinem Training vor
einer Erkältung zu bewahren. Er blickte auf Clay, dann auf mich, und die beiden
tiefen vertikalen Falten erschienen erneut zwischen seinen Augen.
»Hallo,
Mr. Holman!« Er wischte sich verlegen die Hände am vorderen Teil seines
Pullovers ab.
»Hallo,
Joey«, sagte ich. »Sie kennen doch Mr. Rawlings?«
Ȁh
— nein, ich glaube, ich habe bisher noch nicht das — äh — Vergnügen gehabt.«
Eine schwache Schweißpatina schimmerte auf seiner Stirn, während er zu Clay
hinüberblickte. »Hallo, Mr. Rawlings.«
Clay
starrte ihn einen Augenblick lang an, hob dann sein Glas und trank. Als er
fertig war, wischte er sich den Mund ab und blickte zu Sonia hinüber.
»Kann
er Kunststücke?« fragte er barsch. »Macht er Männchen und bitte, bitte, wenn du
mit den Fingern schnippst? Legt er sich auf die Seite und spielt tot, wenn man
es ihm befiehlt, und ähnliches?«
Sonias
sinnlicher Mund verzog sich kurz zu einer verkrampften Grimasse, dann klopfte
sie leicht auf die Couch neben sich. »Setz dich hierher, Joey. Mr. Holman
möchte mit dir sprechen.«
Er
tat, wie ihm geheißen worden war, und sah mich fragend an. Seine leicht hervorstehenden
Augen hatten wieder diesen leeren Blick, und mit seinen sich eng um den Kopf
schmiegenden blonden Ringellocken sah er wie ein einfältiger Apollo aus.
»Sonia
verschwand einmal für einen Monat, erinnern Sie sich?« fragte ich ihn.
»Oh,
klar erinnere ich mich!« Er lächelte selig, vergnügt, daß die erste Frage so
leicht gewesen war.
»Und
Sie blieben mit Angie allein im Haus zurück?«
»Stimmt,
Mr. Holman.«
»Nur
Sie beide«, sagte ich langsam. »Einen ganzen Monat lang?«
»Klar
— «, plötzlich trat ein alarmierter Ausdruck in seine Augen, »-aber Sie glauben
doch nicht, daß ich je etwas getan habe?« Er blinzelte heftig. »Ich meine,
Angie war wirklich ein nettes Mädchen und alles, aber sie war Sonias Tochter!
Verdammt, ich würde mir eher die rechte Hand abhacken, als — «
»Nein,
Joey — «, ich dachte, er habe nun lange genug an dieser Angel gezappelt, um
ausreichend nervös zu sein, was ich beabsichtigt hatte, »-das meine ich nicht.«
»Na!«
Er atmete schwer aus, »Ich bin aber froh, das zu hören!«
»Aber
es muß schließlich langweilig geworden sein, so die ganze Zeit hier im Haus zu
sein. Vermutlich haben Sie sie gelegentlich mitgenommen, wenn Sie ausgingen?
Zum Muskelprotzenstrand zum Beispiel? Dort hat sie auch Ihren Freund Marvin
kennengelernt, nicht wahr?«
»Stimmt,
Mr. Holman.«
»Marvin
lebte mit einem Mädchen namens Lisa zusammen. Die haben Sie doch auch beide
kennengelernt?«
» Marv hat uns zu dieser Samstagabendparty eingeladen«, sagte
er vergnügt. »Angie fand, es klänge so, als ob es lustig würde.«
»Wer
war sonst noch bei der Party?«
Er
zögerte lange. »Na, verdammt! Ich wußte nicht, daß Angie auf diesen Burschen
fliegen würde, Mr. Holman!« Er warf einen schnellen Seitenblick auf Clays
finsteres Gesicht und sah mich dann wieder an. »Ich meine, es war nicht meine Schuld,
daß dieser Loomis dort war, oder?«
»Loomis
war dort«, sagte ich. »Und ein Mädchen namens Polly Buchanan?«
Die
vertikalen Falten gruben sich noch tiefer in seine Stirn, während er sich
angestrengt zu erinnern versuchte. »Polly Buja ! Jetzt
erinnere ich mich, eine blonde Puppe mit großen...« Er errötete wie ein
Sonnenuntergang. »Hm«, murmelte er. »Ich erinnere mich gut an sie.«
»Was
geschah mit Angie nach dieser Samstagabendparty? Traf sie sich hinterher weiter
mit Loomis?«
»Ja«,
sagte er und nickte. »Die ganze Zeit.«
»Und
kurz danach zog sie ganz zu ihm?«
»Stimmt.«
»Kurz
nachdem sie diesen Telefonanruf bekommen hatte?«
»Ja,
gleich nachdem sie — he?« In seinen Augen spiegelte sich blanke Überraschung.
»Woher wissen Sie von diesem Telefonanruf?«
Ich
blickte zu Clay hinüber.
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