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Die Erscheinung

Titel: Die Erscheinung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Steel
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gab sie keine Antwort. In diesem Moment gab es nichts, was sie sich noch wünschen konnte. Sie hatte ihr Paradies bereits gefunden, und sie war so glücklich wie noch nie in ihrem ganzen Leben.

21
    Das Baby gedieh prächtig. Zwei Wochen nach der Niederkunft war Sarah wieder auf den Beinen, kochte für François und die Jungen und arbeitete im Garten. Zum Wasserfall war sie noch nicht gegangen, aber abgesehen von der Müdigkeit, die mit dem Stillen zusammenhing, fühlte sie sich kerngesund.
    »Die Geburt war ein Kinderspiel«, verkündete sie eines Tages.
    Verblüfft warf François eine Hand voll Brombeeren nach ihr. »Wie kannst du das behaupten? Die Wehen haben zwölf Stunden gedauert. Ich sah Männer schwere Karren an steilen Hängen hinaufziehen, was mir wesentlich leichter vorkam.«
    Ihre Erinnerung an die Höllenqualen war bereits verblasst. Das hatten die Irokesinnen prophezeit. Eine Frau musste die Mühsal einer Niederkunft vergessen, sonst würde sie sich vor weiteren Kindern fürchten. Aber François war mit diesem einen Sohn restlos glücklich und zufrieden. Nie wieder würde er Sarah in eine so schreckliche Gefahr bringen. Nichts sollte ihr Glück stören.
    Doch so sehr er es auch bedauerte - Ende September musste er ihr die Lebensfreude verderben. Colonel Stockbridge ritt nach Shelburne und bereitete ihn auf einen bevorstehenden Erkundungsritt durch Ohio vor. Dort sollten in der nächsten Woche endlich die Stämme, die noch gegen die Army kämpften, unterworfen werden. Es waren stets dieselben - die Shawnee, Miami und Chickasaw, angeführt von Blue Jacket und Little Turtle. Nun dauerten die Scharmützel schon zwei Jahre, und die Regierung fürchtete, ein neuer großer Indianerkrieg würde ausbrechen, wenn man die Situation nicht unter Kontrolle bekam. Natürlich stimmte François dem Colonel zu, obwohl er wusste, wie verzweifelt Sarah sein würde, wenn er sie verließ. Das Baby war erst drei Wochen alt, und sie fürchtete sich schon seit langem vor einer Trennung. Dass der Colonel persönlich nach Shelburne gekommen war, sprach Bände. Offensichtlich wurde François in Ohio dringend gebraucht.
    Sobald Stockbridge davongeritten war, eilte François zu seiner Frau. Sie pflückte gerade Bohnen im Garten - ihren Sohn, der tief und fest schlief, in einem indianischen Tragegestell am Rücken. Anscheinend erwachte er nur, wenn eine Mahlzeit fällig war. »Du musst fort, nicht wahr?«, fragte sie voller Angst. Das hatte sie bei Stockbridges Ankunft sofort geahnt. François nickte bedrückt. Immerhin hatte er zehn Monate daheim verbracht. Seit dem letzten erfolglosen Versuch, Blue Jacket zu unterwerfen, war über ein Jahr verstrichen. Während jener Kämpfe waren hundertdreiundachtzig Soldaten gestorben. »Ich hasse Blue Jacket«, verkündete Sarah wie ein schmollendes Kind, und er lächelte unwillkürlich. So zauberhaft sah sie aus, so jung und glücklich. Zweifellos würde ihm die Trennung sehr schwer fallen. Aber sie konnte sich wenigstens mit ihrem gemeinsamen Sohn trösten. Sie hatten ihn Alexandre André de Pellerin genannt, nach François' Großvater und Vater. Eines Tages würde er der achtzehnte Comte de Pellerin sein. Sein Indianername lautete Running Pony - Laufendes Pony. »Wann musst du abreisen?«, fragte sie traurig.
    »In fünf Tagen. So viel Zeit brauche ich für meine Vorbereitungen.« Er musste Musketen und Munition besorgen, warme Kleidung und Proviant. Die meisten Männer, die ihn begleiten sollten, kannte er - Weiße ebenso wie Indianer.
    Nur mehr fünf Tage mit François … Schweren Herzens fügte sich Sarah in ihr Schicksal.
    Am Morgen des Abschieds war er genauso unglücklich wie sie. Die ganze Nacht hatten sie einander in den Armen gehalten und geliebt, obwohl ein Paar nach dem Glauben der Indianer bis vierzig Tage nach der Geburt enthaltsam leben sollte. Erst dreißig Tage waren seit Sarahs Niederkunft vergangen. Aber er musste einfach schöne Erinnerungen mitnehmen, und sein Verlangen schien sie nicht zu stören. Im Gegenteil, sie war genauso leidenschaftlich gewesen wie er.
    Als er davonritt, schaute sie ihm durch einen Tränenschleier nach - von dem beklemmenden Gefühl erfasst, irgendetwas Schreckliches würde geschehen, das mit Blue Jacket und Little Turtle zusammenhing. Die böse Ahnung bewahrheitete sich, doch es war nicht François, dem etwas zustieß. Drei Wochen später fielen die Shawnee und Miami über Major General St. Clairs Lager her, wo sie sechshundertdreißig Tote und

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