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Die Erscheinung

Titel: Die Erscheinung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Steel
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»Natürlich nicht, Charles!« Aber als er ihre Gesichter beobachtete, wusste er es besser. Sie schickten ihn nach Palm Beach, um sich weiteren Ärger zu ersparen. Offensichtlich zerrte seine Anwesenheit in New York an ihren Nerven. In Europa hatte er alles repräsentiert, was sie verabscheuten. Er war viel zu avantgardistisch für das New Yorker Büro. Das hatten sie in ihrem Bestreben, den leitenden Posten möglichst schnell zu besetzen, irgendwie übersehen.
    »Warum kann ich nicht nach London zurückkehren?«, fragte er hoffnungsvoll. Doch das war unmöglich. Soeben hatten sie einen Vertrag mit Dick Barnes unterzeichnet und ihm Charlies alten Job für mindestens fünf Jahre zugesichert. Um sein Ziel zu erreichen, hatte der junge Architekt einen unglaublich gerissenen Anwalt engagiert. Von diesem geheimen Vertrag wusste Charlie nichts. »Dort wäre ich viel glücklicher. Und für Sie wäre es auch besser.« Abwartend lächelte er seine beiden Chefs an. Im Grunde waren sie nicht übel - es mangelte ihnen nur an Kunstverständnis und am Mut zum Risiko. Um alles so zu belassen, wie sie es wünschten, hatten sie gewissermaßen einen Polizeistaat gegründet.
    »Nein, wir brauchen Sie hier, Charles«, erklärten sie wie aus einem Mund und glichen beinahe siamesischen Zwillingen. Dann fügte Bill hinzu: »Machen wir das Beste aus einer schwierigen Situation.«
    »Warum soll man eigentlich etwas tun, was man nicht will?«, fragte Charlie plötzlich. Was in seinem Privatleben wichtig war, hatte er bereits verloren - Carole und sein geliebtes Heim in Chelsea. Jetzt wurde ihm auch noch die Freude an seinem Job genommen, er begann ihn sogar zu hassen. Warum sollte er bei Whittaker & Jones bleiben? Dafür gab es keinen Grund, abgesehen von seinem Vertrag, von dem er vielleicht mit der Hilfe eines guten Anwalts zurücktreten könnte. Da kam ihm ein Gedanke, und das plötzliche Gefühl der Freiheit überwältigte ihn. Nein - er
musste
nicht hier bleiben. Und ein Urlaub würde die Seniorpartner vor der Peinlichkeit retten, ihn feuern zu müssen. »Vielleicht sollte ich einfach gehen«, schlug er emotionslos vor, um sie herauszufordern.
    Aber Bill und Arthur wollten nicht endgültig auf seine Mitarbeit verzichten, da sie noch niemanden gefunden hatten, der das New Yorker Büro leiten könnte.
    »Nehmen Sie lieber Urlaub auf unbestimmte Zeit«, erwiderte Arthur. Aufmerksam beobachteten sie seine Reaktion. Zum ersten Mal seit seiner Ankunft vor sieben Wochen wirkte er zufrieden.
    Damit sprach Whittaker genau das aus, was Charlie vorschwebte. Er war nicht das Eigentum der Firma, und er konnte jederzeit aussteigen. »Eine großartige Idee«, erwiderte er lächelnd, fast schwindlig vor Freude. In diesem Augenblick fühlte er sich wie ein Vogel, der frei und ungehindert dahinfliegt. »Andererseits - wenn Sie mich feuern wollen, mir macht's nichts aus«, fügte er fast nonchalant hinzu, und beide Männer erschauerten.
    Falls sie Charlie kündigten, mussten sie ihm laut Vertrag zwei Jahresgehälter zahlen, oder er würde vor Gericht gehen. »Nehmen Sie sich einfach ein paar Monate frei«, wurde er von Bill ermuntert. »Natürlich wäre es ein bezahlter Urlaub.« Um die ständigen Streitigkeiten endlich zu beenden, war ihnen kein Preis zu hoch. »Lassen Sie sich Zeit und entscheiden Sie, was Sie in Zukunft tun wollen. Wenn Sie gründlich nachgedacht haben, werden Sie möglicherweise feststellen, dass wir gar nicht so falsch liegen.« Sobald er sich an ihre Regeln hielt, würden sie mit ihm leben können. Doch das kam für Charlie nicht in Frage. »Wenn nötig, nehmen Sie sich ein halbes Jahr frei, Charles. Danach reden wir noch mal miteinander.« Schließlich war er ein guter Architekt, und sie brauchten ihn - aber nur, wenn er nicht gegen den Strom schwamm und unentwegt ihre Entscheidungen bekämpfte.
    Irgendwie gewann Charlie den Eindruck, sie würden einen Trumpf im Ärmel verbergen und wären nicht ehrlich. Hatten sie jemals beabsichtigt, ihn wieder nach London zu schicken? Natürlich konnte er aus eigenem Antrieb dorthin zurückkehren.
    »Am liebsten würde ich wieder in England arbeiten«, gestand er. »In Ihrem New Yorker Büro fühle ich mich nicht wohl. Daran wird auch ein langer Urlaub nichts ändern.« Er wollte den beiden Seniorpartnern keine falschen Tatsachen vorspiegeln. »Hier ist die Atmosphäre ganz anders als in Europa. Für eine kleine Weile würde ich's verkraften, wenn Sie mich unbedingt brauchen. Aber wenn ich das

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