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Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman

Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman

Titel: Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Grant
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sehe ich ihn. Seine Augen leuchten schwach. Sehr schwach.
    Ach du Scheiße.
    Der LeBaron sieht aus, wie ich mich fühle. Die Batterie ist so gut wie leer.
    Ich drehe den Zündschlüssel, und er macht ein Geräusch zum Herzzerreißen. Okay, das tu ich dir nicht an. Wir brauchen Starthilfe. Ich gehe noch einmal hinein und schlage zwei Fliegen mit einer Klappe. Ich bringe mich mit einer Tasse Kaffee auf Touren, und dann rufe ich wen an? Verlaine. Damit sie dich wieder auf Touren bringt. Nein. Selbst wenn ich keinen Fehdehandschuh unter dem Herzen trüge, würde der Lada noch nicht einmal eine mechanische Maus auf Touren bringen. Also. Was tun. Lasse ich den LeBaron hier stehen und mich von einem Clint’s Cab nach Hause kutschieren. Oder schleiche ich mich noch einmal in den Ankunftsbereich und miete mir bei Hertz einen Wagen. Ich kann den LeBaron unmöglich längere Zeit auf dem Kurzzeitparkplatz stehen lassen. Wo er andere Leute kommen und gehen sieht und denkt: Du siehst nicht aus wie mein Besitzer. Wo ist mein Besitzer. Keine Angst, kleiner LeBaron. Deine Besitzerin lässt dich nicht im Stich. Sie holt sich jetzt erst mal einen Kaffee, und dann lässt sie sich etwas einfallen.
    Als ich bei Tim Hortons in meiner Tasche nach Kleingeld krame, finde ich den Rückrufschrieb von Christmatech und darauf, dick und fett, die Telefonnummer.
     
    W ährend ich auf Judd warte, schlendere ich zum Maschendrahtzaun hinüber und sehe einem Flugzeug bei der Landung zu. Die Flugzeugfenster sind dunkel, und das nicht etwa, weil mit der Elektrik etwas nicht stimmt, sondern weil die Piloten beim Landeanflug das Licht ausgeschaltet haben. Auf dem Vorfeld steht ein Einweiser und stampft mit den Füßen. Seine Hände leuchten.
    Die Maschine setzt auf, zuerst mit den Hinterrädern, dann mit dem Vorderrad. Die Landeklappen klappen nach oben. Immer langsam mit den jungen Pferden. Wie heißt das noch gleich. Wenn man ins Rutschen gerät und vom Weg abkommt. Schlingen. Nein. Schlingern. Aber die Maschine schlingert nicht. Die Reifen greifen. Die Piloten haben die Maschine fest im Griff. Jetzt rollt sie dahin wie ein Auto, schnurstracks zum nächsten Gate. Dum-di-dum. Man würde nie auf die Idee kommen, dass sie eben noch in der Luft gewesen ist.
    Am Telefon hatte ich gesagt: Ist da Judd Julian-Brown, der berühmte Weihnachtslichterkettenerfinder und Elektronikspezialist.
    Am Apparat.
    Ich setzte ihm meine Notlage in dürren Worten auseinander.
    Er sagte: Ich leiste für mein Leben gern Starthilfe.
    Ehrlich.
    Ehrlich.
    Ich klammere mich an den Zaun. Jenseits der Rollbahn kann ich den Umriss des alten Hangars ausmachen, auf dem Dach ein sanft gewellter Mond. In dem Hangar war ich schon mal. Ich bin sogar hinein geritten . Ich entdeckte ihn bei einem meiner Ausritte mit Rambo. Ich ritt bereits seit einiger Zeit allein und hatte wochenlang nach einem Weg auf das Flughafengelände gesucht. Man musste sich durch einen dichten Wald schlagen, und wenn man (ziemlich zerschrammt) am anderen Ende wieder auftauchte, stand man auf einem Feld neben der Rollbahn. Als Erstes sah ich ein altes Gebäude mit einem Loch in der Wand. Ein Loch, das so groß war, dass ein Pferd bequem hindurchging. Also gingen wir hindurch.
    Es war dunkel. Rambos Hufe knirschten. Ich wartete, bis meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Da sah ich sie. Alte Flugzeugsitze. Nicht ordentlich aufgereiht wie im Theater. Sondern wie Kraut und Rüben durcheinander. Als hätte Gott sie achtlos dort hingeworfen. Und zerbrochene Bierflaschen auf dem Boden.
    Vorsichtig wendete ich Rambo. Man lässt ein Pferd nicht über Glasscherben laufen. Die Unterseiten seiner Hufe sind wie freiliegende Herzen.
    Draußen wehte der Wind, und Rambo vollführte ein kleines Tänzchen.
    Mein eigentliches Begehr: ein Wettrennen mit einem Flugzeug entlang der Rollbahn.
    Wir warteten. Rambo verschmähte das grüne Gras. Er hielt die Ohren gespitzt. Schließlich setzte ein Flugzeug rückwärts aus einem Gate. Langsam, widerwillig. Angeschoben von einem kleinen Auto. Los jetzt, sagte das kleine Auto. Los.
    Ich mag aber nicht fliegen, sagte das Flugzeug. Wir sind fürs Fliegen nicht gemacht.
    Irrtum.
    Rambo und ich trabten langsam los. Im Leichttrab auf ein Flugzeug zu. Das muss man unbedingt erlebt haben. Und im Leichttrab ist man notgedrungen seelenruhig.
    Wir kamen so nah heran, dass ich die erstaunten Gesichter hinter den ovalen Fenstern erkennen konnte. Das Flugzeug gürtete die Lenden. Ich zeigte mit

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