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Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman

Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman

Titel: Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Grant
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dem Finger die Rollbahn entlang. Auf die Plätze. Fertig.
    Der Lärm war ohrenbetäubend. Was Rambo jedoch nicht schreckte. Er hatte also wirklich immer nur so getan. Er platzte schier vor lauter Freude. Ich wendete ihn in einem engen Kreis. Zwei engen Kreisen. Als ich ihn losließ, konnte er es zunächst kaum fassen. Ich darf loslaufen. Ja! Lauf los. Wir hielten uns auf dem Grasstreifen. Denn mit freiliegenden Herzen galoppiert man nicht über Asphalt. Regel Nummer Eins des Galoppierens.
    Wir lieferten uns ein Wettrennen mit der Maschine. Alle vier Hufe verließen den Boden. Wir flogen.

Gespräch im Cockpit: Merle. Ja. Mädchen auf schwarzem Pferd bei zwei Uhr.
     
    Judd kommt mit dem Christmatech-Van. Als er mein Gesicht sieht, zuckt er zusammen. Ach ja. Ich habe lauter blaue Flecke. Von seiner Treppe. Tut’s weh, fragt er.
    Ja.
    Judd bugsiert die Schnauze seines Vans vor die Schnauze des LeBaron und hantiert mit den Starterkabeln.
    Ich werfe einen Blick in den Van. Pizzakartons voller Lichterketten. Ein Wollknäuel. Eine Leiter. He, mein Cowboyhut!
    Ist der Cowboyhut für mich.
    Er wendet den Kopf. Nö.
    Ich öffne die Tür und schnappe ihn mir.
    Wolltest du jemanden abholen, sagt er mit dem Kopf unter der Motorhaube des LeBaron.
    Nein, ich hab jemanden weggebracht. Meinen Dad. Und meinen Onkel.
    Er hält inne.
    Was, sage ich.
    Nichts. Ich musste nur gerade überlegen. Plus an Plus. Minus an Minus.
    Klingt plausibel.
    Wo fliegen sie denn hin.
    England.
    Er richtet sich auf. Sieht mir scharf in die Augen. Was, sage ich noch einmal.
    Nichts. Spring rein. Warte, bis ich dir ein Zeichen gebe, und dann wirf ihn an.
    Okay.
    Und so steige ich mit dem Cowboyhut auf dem Kopf in meinen LeBaron, und er steigt in seinen Van. Er startet den Motor und lässt ihn laufen. So sitzen wir eine Weile da. Und beobachten einander durch die Windschutzscheiben.
    Das mit deinem Vater und deinem Onkel war gelogen.
    Ja.
    Warum.
    Weil es wehtut.
    Und warum sagst du mir das nicht.
    Hab ich doch.
    Ja. Aber warum sprichst du nicht mit mir darüber.
    Weil ich jemanden im Ungewissen lassen möchte.
    Er nickt. Soll heißen: Okay. Dieser Jemand bin dann wohl ich. Soll heißen: Okay, jetzt wirf den Motor an.
    Ich werfe den Motor an. Danke, danke.
    Gern geschehen.
    Und wieder fahre ich langsam, in viel zu kleinem Gang nach Hause.
     
    I ch habe zwei Flugzeugabsturzträume: Der eine spielt am Boden, der andere in der Luft. Im einen beobachte ich vom Boden aus ein Flugzeug, und in dem Moment, als ich das Wörtchen Absturz denke, gerät es auch schon ins Trudeln. Im anderen sitze ich in einem Flugzeug, und eine Party ist im Gang – alle amüsieren sich prächtig -, als mir auffällt, dass die Piloten auch mitfeiern. In der Kabine. Ähm. Und in dem Moment, als ich das Wörtchen Absturz denke, geraten wir auch schon ins Trudeln.
    Nachdem Onkel Thoby zu uns gezogen war, hörten diese Träume eine Zeit lang auf. Aber nachdem ich den Hangar mit den von Gott dort abgelegten Flugzeugsitzen entdeckt hatte, fingen sie wieder an.
    Mein Dad reagierte auf meine bösen Träume, indem er mir lang und breit erklärte, beim sogenannten Nachtschreck handele es sich um eine evolutionäre Anpassung.
    Was auch sonst.
    Stell dir vor, zwei Männer liegen im Wald und schlafen. Als plötzlich irgendwo ein Zweig bricht, fahren sie erschrocken hoch. Sie setzen sich auf, schauen sich um, horchen in die Dunkelheit. Doch alles scheint wie immer. Der eine Mann zuckt die Achseln und schläft weiter. Der andere liegt wach und fürchtet sich. Warum fürchtet er sich. Er weiß es nicht. Darum erfindet er einen Grund. Oder zwei. Oder drei. Er malt sich all die schrecklichen Dinge aus, die ihm am nächsten Tag zustoßen könnten. Vielleicht lässt sein Gefährte ihn allein zurück. Oder lernt jemanden kennen, der ihm sympathischer ist. Vor lauter Sorge ist der Mann hellwach und auf der Hut. Als der Löwe, der sich durch den brechenden Zweig verraten hat, eine halbe Stunde später schließlich auf der Lichtung erscheint, springt der Mann, der sich vor Angst fast in die Hosen macht, blitzschnell auf einen Baum und überlebt. Der schlafende Mann hingegen wird gefressen.
    Ich habe aber nicht von einem Löwen geträumt.
    Schlaf weiter. Nein – in deinem eigenen Bett. Morgen früh ist deine Angst verflogen.
    Aber der Mann, der weitergeschlafen hat, wurde gefressen.
    Schon. Aber die Zeit, in der wir in den Wäldern hausten, ist lange vorbei. Nur dein Körper erinnert sich noch daran.
    Was

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