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Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman

Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman

Titel: Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Grant
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der auf nasser Fahrbahn ins Schleudern geraten war, dadurch vermied, dass er sein Taxi blitzschnell und -gescheit eine Treppe hinauflenkte. Die Fahrerin des Minivans war auf die Bremse gestiegen und steuerte zielsicher auf das Hindernis zu, weil das ABS-System, so Clint, den Bremsvorgang lediglich verzögerte. Da könne man sich auch gleich den Tod ins Bremssystem einbauen lassen, meinte er.
    Onkel Thoby, der damals mit im Taxi saß, wäre fast an seinem Gratispfefferminz erstickt. Später sagte er, solch fahrtechnisches Können habe er noch nie erlebt.
    Fahrtechnisches Können, sagte mein Dad. Habe ich so etwas auch.
    Aber ja, sagte Onkel Thoby und klopfte ihm auf die Schulter. Aber Clint hat fahrtechnisches Können en masse.
    Clint’s Cabs bauen grundsätzlich keine Unfälle. Und haben auch noch nie einen gehabt. In über drei Jahrzehnten ist nicht ein einziges Taxi aus Clints gesamter Flotte je in einen Unfall verwickelt gewesen. Pardon, in eine Kollision. Was umso bemerkenswerter ist, als Clints Flotte aus fünfundsechzig Fahrzeugen besteht.
    Clint’s Cabs sind dunkelgrau, und an den Türen steht MIT PFEFFERMINZ IST CLINT’S DEIN PRINZ. Sämtliche Taxifahrer werden in einem geheimen Trainingslager in unserer Partnerstadt Mount Paler ausgebildet. Das ich übrigens besucht habe, auch wenn ich eigentlich nicht die Absicht hatte, Taxifahrerin zu werden. In meinem Fall machte Clint eine Ausnahme, weil ich Onkel Thobys Nichte bin und Onkel Thoby Clints treuester Kunde ist.
    Was an dem Trainingslager so geheim ist. Es hat eine Eisbahn. Ich habe auf einer Eisbahn Autofahren gelernt. In Clints Trainingslager habe ich gelernt, mit den Reifen meinen Namen zu schreiben. Außerdem habe ich gelernt, die Bremse federn zu lassen, statt sie bis zum Anschlag durchzutreten, was sich allerdings nicht ganz leicht erklären und folglich nur schwer verständlich machen lässt, das muss man im Gefühl haben, sonst muss man am Ende unter Umständen gehörig Federn lassen.
    Nicht bremsen, sagte Clint immer. Federn lassen. Was sich zu einer Wendung gemausert hat, die ich in allerlei gefährlichen oder schlüpfrigen Situationen vor mich hin sage, auch wenn diese nicht unbedingt automobilistischer Natur sind.
    Womit ich nichts gegen Young Drivers of Canada gesagt haben möchte. Unsere staatliche Fahrschule, die ich ebenfalls besucht habe. Mein Dad meinte, ich solle zu den YDOC gehen, schließlich sei ich erstens jung und zweitens Kanadierin. Onkel Thoby hingegen war für das Trainingslager. Und so absolvierte ich beides.
    Ergo lautet die Geheimformel meiner Kindheit: Mein Dad plus Onkel Thoby gleich Qantas. Was in unserer Familie so viel bedeutet wie: Sei vorsichtig. Geh auf Nummer sicher. Flieg Qantas.
    Bei den YDOC lernte ich vor allem, niemals Unfall zu sagen. Sagen Sie Kollision. Sehen Sie alle zehn Sekunden in den Rückspiegel. Versuchen Sie, jegliche Form extravehikulärer Ablenkung (EVA) auszublenden. Gehen Sie davon aus, dass alle anderen Verkehrsteilnehmer entweder betrunken sind oder sich gerade schminken oder beides. Kommen Sie niemandem zu nahe. Machen Sie Noli me tangere zu Ihrem Motto.
     
    Der Parkplatzwächter bekommt sein Schiebefenster nicht auf. Also warten wir, während der Wagen im Leerlauf vor sich hin tuckert und der Wächter sich ein heißes Duell mit der vereisten Scheibe liefert. Das grelle Licht im Kassenhäuschen und der Mann in seiner lieben Not machen mich traurig. Ich schaue weg.
    Onkel Thoby drückt mir eine zweifarbige Zwei-DollarMünze, einen Toonie, in die Hand.
    Ach, Toonies hatte ich ganz vergessen. Sie sind wunderschön. Ob sie irgendwann vielleicht eine dreifarbige Münze herstellen. Oder gar eine vierfarbige. Die kanadische Münzanstalt dürfte für meinen Geschmack durchaus eine etwas prägnantere Prägung an den Tag legen.
    Onkel Thoby sagt: Der arme Mann.
    Er sieht aus wie ein Insekt, sage ich. Glotz doch nicht so.
    Onkel Thobys Beine zittern in seinen braunen Cordhosen.
    Ich habe einen zweiten Rolltreppen-Flashback.
    Onkel Thoby legt sich die Hände auf die Knie, um das Zittern abzustellen.
    Schließlich gibt sich der Insektenmann geschlagen. Ich zeige ihm meinen Toonie. Er winkt uns durch. Schon gut, sagt er stumm. Fahren Sie.
    Jetzt haben wir gratis kurzgeparkt.
    Das Armaturenbrett des kleinen LeBaron leuchtet hellbraun. Der Wagen ist uralt. Was sich unschwer daran erkennen lässt, dass er sowohl außen als auch innen braun ist. Die meisten neuen Autos haben innen eine andere, zum Lack

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