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Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman

Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman

Titel: Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Grant
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darf sie nicht anschieben. Sie dreht sich von allein. Wenn man sie anfasst, bleibt sie stehen. Man kommt sich vor wie eine Torte auf einem Kuchenkarussell. In der Mitte, in Glas gefasst, steht ein kleiner Plastikweihnachtsbaum.
    Onkel Thoby geht hinein. Wendet den Kopf. Kommst du.
    Ja.
    Ich stürze mich in den offenen Schlund der Tür. Dabei habe ich anscheinend das Glas berührt, denn der ganze Mechanismus kommt knirschend zum Stehen. Ich sitze fest, in einer Drehtür, die sich nicht mehr dreht. Mit einem Plastiktannenbaum. Am besten gar nicht hinsehen. Ich drücke gegen das Glas. Onkel Thoby hebt einen orangenen Handschuh. Ich sehe an ihm vorbei zur Taxischlange. An der Taxischlange vorbei zum Parkplatz. Am Parkplatz vorbei zu den kleinen schwarzen Bäumen, kaum größer als ich, die wie Kraut und Rüben durcheinanderstehen. Vielleicht bin ich ja doch in Antigua gelandet. In St. John’s, Antigua. Und mein Dad liegt immer noch im Komma, im anderen St. John’s. Dem richtigen St. John’s.
    Nur ist der Onkel Thoby hinter der Scheibe eindeutig er selbst. Asymmetrisch. Mit Haaren wie eine Piratenaugenklappe.
    Die Tür setzt sich wieder in Bewegung. Spuckt mich aus. Onkel Thoby schließt mich in die Arme, als ob ich jahrelang da drin gewesen wäre.
    Wie gehen an der Taxischlange vorbei. Ein Clint’s Cab hält neben uns. Ich sehe nach, ob Clint am Steuer sitzt. Leider nicht. Clint kandidiert für die Wahl, sagt Onkel Thoby.
    Ach ja. Die Wahl. Hatte ich ganz vergessen.
    Als wir die Schlange entlangmarschieren, sehe ich M. Latourelle, den Flugbegleiter. Er kommt mir vor wie ein alter Freund.
    Bonsoir, mademoi-
    Da bemerkt er Onkel Thobys Arm.
    Bei dieser Gelegenheit sollte ich vielleicht erwähnen, das Onkel Thobys linker Arm sehr lang ist. Fast dreißig Zentimeter länger als der rechte. Die orangenen Handschuhe sind kaum geeignet, über diesen Unterschied hinwegzutäuschen. Normalerweise tut er so, als würde er etwas unglaublich Schweres schleppen. Aber heute Morgen denkt er nicht daran. Darum deute ich auf meine Tasche und sage: ein knapper Zentner. Mit einer Geste, als würde ich mir den Schweiß von der Stirn wischen.
    Niemand lacht. Normalerweise lachen alle.
    An der Spitze der Schlange steht ein Pärchen mit Kinderwagen, an den sie einen Rückspiegel montiert haben, damit das Baby seine Eltern sehen kann. Und umgekehrt. Prima Idee. Ich gehe in die Hocke. Ich prophezeie Ihnen, dieses Baby wird einmal ein exzellenter Autofahrer, sage ich.
    Das wollen wir doch stark hoffen, sagt der Vater.
    Wie ich da so in der Hocke sitze, habe ich plötzlich einen Rolltreppen-Flashback. Sprich der Körper erinnert sich daran, dass er vor nicht allzu langer Zeit auf einer Rolltreppe gestanden hat. Mir sinkt das Herz in die Kniekehlen, und ein flaues Gefühl macht sich im Magen breit. Ich stütze mich mit den Fingerspitzen auf dem nassen Pflaster ab. Immer schön senkrecht halten.
    Der Kurzzeitparkplatz ist eine einzige Winterlandschaft. Winterlandschaft bin ich nicht mehr gewohnt. Onkel Thoby mahnt mich zur Vorsicht. Ich atme tief durch. Es riecht nach Heimat. Es riecht nach Atlantik und nach Kerosin.
    Warum hast du kein Taxi genommen, frage ich. Oder mich eins nehmen lassen.
    Weil es ein Notfall ist.
    Hm.
    Die Landschaft schmilzt. Gestern hat es geregnet, sagt er.
    Komische Vorstellung, dass die Regentropfen auf dem Auto eher gelandet sind als ich.
    Er fragt, ob ich fahren möchte.
    Und ob ich fahren möchte.
    Sind wir wirklich nur zu zweit. Ich schaue immer wieder hinter mich.
     
    Onkel Thoby hat es sich zur Regel gemacht, niemanden zu chauffieren, den er liebt. Seit er bei uns wohnt, ist das seine Regel Nummer Eins. Er meinte, irgendwann werde er bestimmt vergessen, auf welcher Seite des Ozeans er sich befindet, und dann wolle er kein Kind (mich) bei sich im Wagen haben. Er werde nur noch allein fahren, sagte er. Im Notfall. Gut, im dringendsten aller dringenden Notfälle werde er vielleicht einen Erwachsenen fahren, den er nicht liebt. Aber da beides (Notfälle und Erwachsene, die er nicht liebt) spärlich gesät war, fuhr er eben nicht mehr selbst.
    Mein Dad, der nie vergaß, auf welcher Seite des Ozeans er sich befand, dagegen fuhr. Und später fuhr ich. Und dann gab es ja auch noch Clint.
    Clint’s ist so etwas wie das Qantas unter den Taxis, sagt Onkel Thoby immer. Wegen der makellosen Sicherheitsbilanz fraglicher Fluggesellschaft.
    Onkel Thoby hat einmal miterlebt, wie Clint den Frontalzusammenstoß mit einem Minivan,

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