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Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman

Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman

Titel: Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Grant
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uns lassen, wird es auf der Straße mit einem Mal stockdunkel. Ich glaube, meine Netzhaut hat was abgekriegt. Ist das da vorne eine rote Ampel.
    Das ist der Teich.
    Gut. Also, ich sehe nur noch rot.
    Hast du etwa direkt in das grüne Licht geschaut.
    Hätte ich vielleicht indirekt in das grüne Licht schauen sollen.
    Hm.
    Der Wagen gerät ins Rutschen. Nicht bremsen. Federn lassen. Ist das der Teich.
    Ja. Ich an deiner Stelle würde anhalten.
    Ich bin blind.
    Lass ihnen einen Augenblick Zeit, sagt er und meint meine Pupillen.

     
    Wir wohnen auf der anderen Seite des Wednesday Pond. Wir sind fast da. Aber weil ich nichts sehen kann, müssen wir warten. Wir könnten natürlich auch aussteigen und zu Fuß gehen. Onkel Thoby könnte mich führen. Wir könnten wie zwei arme Waisenkinder durch die Winterlandschaft stolpern. Heute ist auf dem Trottoir so viel Platz, dass ein vorbeifahrender Weihnachtsbaum die Medulla oblongata wahrscheinlich kurz und knapp verfehlen würde.
    An dem Tag, als mein Dad erschlagen wurde, lag jede Menge Schnee auf dem Trottoir.
    Ich reibe mir die Augen. Wir sind doch über den Teich geflogen.
    Mundy Pond.
    Nein, Wednesday. Und die Flugbegleiterin hieß Tuesday.
    Onkel Thoby beugt sich vor und wischt mit seinem langen Arm über die Windschutzscheibe.
    Ist das Haus mit Lichterketten geschmückt, frage ich.
    Nein.
    Du hast sie alle wieder abgenommen.
    Er nickt.
    Das möchte man sich lieber nicht vorstellen.
     
    E s gibt da ein Gerücht (nein, mehr als ein Gerücht, eine Theorie), wonach der Wednesday Pond keinen Grund hat. Mein Dad fand diese Theorie lächerlich. Blödsinn, sagte er immer. Natürlich hat der Teich einen Grund. Onkel Thoby, der die Theorie keineswegs lächerlich fand, sagte: Also, Clint hat gesagt. Meine Herren, sagte mein Dad. Was. Nichts. Sprich ruhig weiter. Clint hat gesagt, einmal ist ein Mann im Teich verschüttgegangen, und die Polizei wollte den Grund absuchen, aber siehe da, es gab nicht den geringsten Grund, den sie hätte absuchen können.
    Das Gespräch hatte verblüffende Ähnlichkeit mit einem Tennismatch.
    Nur weil die Polizei nicht über die erforderliche Technik verfügt beziehungsweise verfügte, um den Teich abzusuchen …
    Und wie erklärst du dir dann, dass er nie zufriert, Walter.
    Er war durchaus schon einmal zugefroren, sagte mein Dad.
    Wann.
    Vor deiner Zeit.
    Das ist zwar sehr lieb von dir, aber …
    Was soll das heißen. Lieb von mir.
    … aber weder ich noch Clint noch Oddly können sich entsinnen, dass er jemals zugefroren gewesen wäre, sagte Onkel Thoby.
    Wohl wahr, sagte ich.
    Er war ein Mal zugefroren, als du noch ganz klein warst, sagte mein Dad. Wir sind sogar Schlittschuh darauf gelaufen.
    Onkel Thoby und ich wechseln skeptische Blicke.
    Ich habe meine Schlittschuhe angezogen, dich in deinen Kinderwagen gesetzt, und dann habe ich dich über das Eis sausen lassen.
    O Gott!
    Es hat dir einen Riesenspaß gemacht.
     
    Wir wohnen am Wednesday Place, und das schon, seit ich denken kann. Der Teich liegt gleich hinter dem Haus. Wir wohnen in Nummer 3. Alle Häuser am Wednesday Place haben ungerade Hausnummern, und die besten Häuser haben Primzahlen.
    Die Veranda zieht sich um das ganze Haus. Einmal ganz drumherum. Wenn man nicht aufpasst, wird man in die Erdumlaufbahn katapultiert. Die Dielen federn nämlich beim Gehen. Und dabei wackelt das ganze Haus, wenn nicht sogar alle Häuser am Wednesday Place. Aber nicht nur das. Zu Weihnachten hängen dort Lichterketten mit einer Leistung von über 5000 Watt. Wer nie gesehen hat, wie sich all die Lichter im Teich spiegeln, hat etwas verpasst. Aber heute ist alles dunkel. Nur der Vollmond leuchtet, als wir auf das Haus zugehen. Wie viel Watt der wohl hat. Höchstens 25.
    Unsere Haustür ist zwar nicht abgeschlossen, lässt sich aber beileibe nicht von jedem öffnen. Dazu muss man schon ein besonderes Verhältnis zu ihr haben. Und den Nordwestschubs beherrschen.
    Ich lasse die Haustür links liegen und gehe die Veranda entlang.
    Oddly, ruft Onkel Thoby. Trotzdem folgt er mir und schleift meine Tasche über die federnden Dielen.
    Auf dem Wednesday Pond leben siebenundvierzig Enten (einheimisch) und zwei Schwäne (zugewandert). Wenn die Schwäne den Kopf unter Wasser stecken, sehen sie aus wie winzige Eisberge. Wenn sie wieder auftauchen, schauen sie verwundert drein. Kannst du bis auf den Grund sehen. Nein. Du. Nein. Schauen wir am besten gleich noch mal nach. Und so schauen sie seit Jahren und wundern sich

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