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Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman

Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman

Titel: Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Grant
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für die Tasche haben, die man spazieren trägt, und für die Sachen, die man anhat, bloß nicht für einen selbst.
    Voller Freude stürzte ich aus dem Zug und sah ein Warnschild mit der Aufschrift 195 STUFEN. Also entweder 195 Stufen oder ein Lift, der derart überfüllt war, dass die Leute sich bis unter die Decke stapelten. Klare Sache.
    Als ich die Treppe erfolgreich bewältigt hatte, musste ich mich erst mal setzen. Ein Polizist strich ständig um mich herum. Ich rechnete fest damit, dass er sagen würde: Der Aufenthalt mit großem Gepäck ist hier verboten. Stattdessen bot er mir seine Hilfe an. Hoppla, junge Frau. Wo soll’s denn hingehen.
    Ich sah auf meinen Stadtplan. Eins der Blumenblätter fehlte. Ausgerechnet das mit Toffs Haus darauf. Mist. Ob mir in der U-Bahn jemand diesen Teil Londons gestohlen hatte. An einem Kiosk kaufte ich mir einen neuen Stadtplan. Nach unten lief er spitz zu wie ein Kaffeefilter. Der obere Teil hingegen explodierte einem förmlich in den Händen.
    Ich ging ohne nach rechts und links zu schauen über die Straße, weil ich in das explodierte London so vertieft war, und ein Wagen wieherte mich an. Das Hupen klang wie ein Wiehern.
    Ich fand Toffs House in einer mews . Auf einer mews . Dem Namen nach zu urteilen, hatte ich eigentlich mit Katzenmiau gerechnet. Aber es war nichts zu hören. Alle Häuser waren weiß, wie Zähne. Ich überprüfte die Adresse. Dann klopfte ich. Keine Reaktion. Ich klopfte, klingelte und klopfte wieder.
    Kurz hämmerte ich sogar mit den Fäusten gegen die Tür.
    Irgendwo in London fingen Glocken an zu läuten. Irgendjemand schlug blindlings auf eine Glocke ein.
    Ich setzte mich auf Toffs Vortreppe. Die Sonne war herausgekommen. Eine schrecklich grelle Sonne, die mir in den Augen stach.
    Eine Frau mit nassen Haaren trat auf ihre Vortreppe hinaus. Sie telefonierte. Das Wort blendend gellte die mews entlang. Als sie mich bemerkte, schien sie not amused . Sie ließ mich nicht aus den Augen, während sie in den Hörer plapperte. Nein, Soundso werde sie keinesfalls einladen, weil er sich schon seit einer Ewigkeit das Rauchen abgewöhnen wolle und an seinem Image als Leid- und Stressgeplagter, ehrlich gesagt, mindestens genauso hänge wie an seinen Zigaretten. Dann bringst du … blendend. Ja, blendend. Okay.
    Sie schaute mich an, als ob sie sehen wollte, wie lange ich ihrem Blick standhalten konnte, darum sprang ich auf und ging.
     
    Ich ging die Oxford Street entlang und sah Unmengen scheußlicher Handtaschen. Ich ging zu Starbucks, trank einen tall (sprich small) coffee und spazierte durch den Hyde Park, als der Nebel kam. Das weiße Pferd galoppierte mich über den Haufen. Bei uns zu Hause ist der Nebel grau, nicht weiß. Hier sieht er aus wie Trockeneisnebel.
    Im Nebel stieß ich auf einen schwarzen Klotz, der sich als Peter Pan und seine Bande herausstellte. Ich umrundete die Statue auf der Suche nach dem Neufundländer, denn kommt in Peter Pan nicht ein Neufundländer vor. Kein Hund, nirgends. Mit Hund fände ich die Statue besser. Und in Farbe müsste sie sein. Der Junge ganz oben sieht wie der Anführer aus.
    Vorwärts. Es gibt einen künstlich angelegten Fluss, eher ein Flüsschen, das von oben betrachtet den Schriftzug PRINCESS DIANA ergibt. Ein goldener Prinz Albert sitzt auf einem Thron. Er sieht ziemlich zerknittert aus und erinnert mich irgendwie an Judd.
    Was suche ich eigentlich. Den Stall, aus dem das weiße Pferd stammt. Das bestimmt von erstklassigem Stammbaum ist.
    Es fängt an zu hageln. Golf ballgroße weiße Hagelkörner. Ist das normal. Ich schaue nach oben, und ein Korn trifft mich zielsicher ins Auge. Nicht das mit dem Gerstenkorn. Das ungekörnte. Einen Augenblick lang sehe ich nur noch Weiß.
    Ich finde einen Baum unweit der blassgelben Rosen, dessen verwachsene Äste eine Art Vogelkäfig bilden. Ich krieche hinein. Die Äste haben keine Blätter. In der Nähe des Stammes setze ich mich auf den Boden und ziehe den Kopf ein. Plötzlich bebt der Boden. Das weiße Pferd galoppiert vorbei. Zum Schutz gegen das Wetter hält es die Schnauze gesenkt. Pferd und Reiter galoppieren nach Hause.
     
    Der Flug verlief ereignislos, außer dass ich im Cockpit eine Piñata sah, als ich an Bord ging. Ich fragte meine Sitznachbarin in 34J: Was möchten Sie auf keinen Fall in einem Cockpit sehen.
    Terroristen, sagte sie und kämpfte mit ihrem Gurt.
    Und eine Piñata.
    Der schlaffe Gurt fiel ihr aus der Hand.
    Eben, sagte ich.
    Die Maschine hob ab, und

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