Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Erste Liebe: Nach 19 Vergeblichen Versuchen Roman

Titel: Die Erste Liebe: Nach 19 Vergeblichen Versuchen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Green , Sophie Zeitz
Vom Netzwerk:
zutraf: IX. und XIV. Er bekam kaum mit, dass die anderen in der Zwischenzeit den Fernseher abstellten und anfingen Billard zu spielen. Er war zu sehr mit seinen Notizen beschäftigt. Dieses Stadium der Konzentration liebte er: Das Kratzen des Bleistifts auf dem Papier bedeutete, dass er vorankam.
    Als die Uhr Mitternacht schlug, legte Colin den Bleistift hin. Er sah zu Lindsey auf, die in einem absurden Winkel auf einem Bein über dem Billardtisch balancierte. Von Hassan fehlte jede Spur. »Hey«, sagte Colin.
    »Aha, du bist aus der Zwischenwelt zurückgekehrt«, sagte sie. »Was macht dein Theorem?«
    »Wird schon. Ich bin noch nicht ganz sicher, ob es funktioniert. Wo ist Hassan?«
    »Er ist schon im Bett. Ich hab dich gefragt, ob du mitspielen willst, aber ich glaube, du hast mich nicht gehört, und da hab ich eine Weile gegen mich selber gespielt. Ich hab einen ganz guten Vorsprung gegen mich rausgeholt.«
    Colin stand auf und schniefte. »Ich glaube, ich bin allergisch gegen das Haus.«
    »Könnte Prinzessin sein«, sagte Lindsey. »Das hier ist eigentlich ihr Zimmer. Psst. Sie schläft.« Colin kam zu Lindsey an den Billardtisch und kniete sich neben sie. Unter dem Tisch lag ein riesiges Fellknäuel. Auf den ersten Blick sah es aus wie ein zotteliger alter Teppich, der sich rhythmisch hob und senkte. »Sie schläft rund um die Uhr.«
    »Ich bin allergisch gegen Tierhaare«, sagte Colin.
    Sie sah ihn spöttisch an. »Pech für dich. Prinzessin war zuerst hier.« Dann setzte sie sich neben ihn, die Beine untergeschlagen, so dass sie größer war als er. »Hassan hat mir erzählt, dass du ganz gut mit Anagrammen bist.«
    »Ja«, sagte Colin. »Gut mit Anagrammen – Gummigranaten-Amt.«
    Lindseys Hand lag plötzlich auf seinem Unterarm (seit gestern hatte sie sich die Fingernägel leuchtend blau lackiert), und Colin zuckte zusammen. Als er zu ihr aufsah, legte sie die Hand zurück in ihren Schoß. »Also«, fuhr sie fort, »du bist genial darin, aus Worten andere Worte zu machen, aber du kannst keine neuen Worte aus dem Nichts erfinden.«
    Ja, da war es wieder. Sie hatte es genau erfasst. Er war ein Abtipper, kein Schriftsteller. Ein Wunderkind, kein Genie. Es war so still im Raum, dass nur Prinzessins leises Schnarchen zu hören war, und er spürte die Lücke, die sein fehlendes Teil hinterlassen hatte. »Ich würde gerne eines Tages etwas Wichtiges leisten. Oder jemand Wichtiges sein. Ich will eine wichtige Rolle spielen.«
    Lindsey antwortete nicht gleich. Sie beugte sich vor, so dass er ihr fruchtiges Parfüm riechen konnte, und dann legte sie sich auf den Rücken neben ihn. Ihr Scheitel berührte seine Shorts. »Ich glaube, wir sind genau das Gegenteil voneinander, du und ich«, sagte sie schließlich. »Weil, ich persönlich glaube, dass Wichtigsein eine beschissene Idee ist. Ich will einfach nur den Ball flach halten, unter dem Radar fliegen, weil, wenn du anfängst, wichtig zu sein, genau dann wirst du abgeschossen. Je wichtiger du bist, desto schlimmer bist du dran. Schau dir an, was für traurige Existenzen die ganzen Promis führen.«
    »Und deswegen liest du Celebrity Living ?«
    Lindsey nickte. »Wie heißt noch dieses Wort …«
    »Häme«, sagte Colin.
    »Genau. Reine Häme. Jedenfalls«, fuhr Lindsey fort, »dass ich noch hier in Gutshot bin, zum Beispiel. Hollis sagt immer, wenn ich in Gutshot bleibe, würde ich nie was richtig Tolles erleben, und vielleicht hat sie recht. Aber dafür erlebe ich auch nie was richtig Schlimmes, und das ist es mir allemal wert.«
    Colin schwieg, doch er dachte, dass Lindsey Lee Wells bei all ihrer Coolness und so weiter ein ganz schöner Feigling war. Aber bevor ihm eine passende Antwort einfiel, richtete Lindsey sich auf und begann mit einem neuen Thema.
    »Also«, sagte sie. »Ich erkläre dir den Trick beim Geschichtenerzählen: Du brauchst einen Anfang, eine Mitte und ein Ende. In deinen Geschichten gibt es keine Entwicklung. Bei dir geht es immer so: Hier ist so ein Gedanke von mir, und da ist noch einer und da noch einer und so weiter. Aber damit kommst du nicht durch, Mann. Du bist Colin Singleton, angehender Geschichtenerzähler, und du musst mir eine Entwicklung präsentieren.
    Außerdem brauchst du eine gute, starke Moral der Geschichte. Oder wenigstens ein Leitmotiv oder so was. Und du brauchst Romantik und Abenteuer, davon muss unbedingt was rein. Wenn du eine Geschichte erzählst wie die, als du in den Löwenkäfig gepinkelt hast, erfinde ein Mädchen

Weitere Kostenlose Bücher