Die Erste Liebe: Nach 19 Vergeblichen Versuchen Roman
und er vermisste sie immer noch. Wahrscheinlich war sie noch im Ferienlager, wo man nicht mit dem Handy telefonieren durfte, zumindest letztes Jahr nicht, aber nur um sicherzugehen, holte er sein Telefon aus der Cargotasche. Erstaunlicherweise hatte er hier draußen Empfang, aber es wurden keine Anrufe in Abwesenheit angezeigt. Er überlegte, ob er sie anrufen sollte, dann entschied er sich dagegen.
Er beschloss anzurufen, sobald er das Theorem fertig hatte, was ihn an die widerspenstige dritte Anomalie erinnerte. Achtzehn von neunzehn Katherines funktionierten, doch diese scheinbar so kleine Abweichung auf dem Katherinolot sprang ihn jedes Mal an wie ein Kistenteufel.
Colin versuchte sich an Katherine III. zu erinnern. Er fragte sich, ob er bei seinen Berechnungen eine Facette ihrer Persönlichkeit übersehen hatte. Zugegeben, er hatte sie nur zwölf Tage gekannt, aber die Idee des Theorems war ja gerade, dass man jemand nicht unbedingt gut kennen musste, damit es funktionierte. Katherine III. Katherine III. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet sie, eine der unwichtigsten Episoden seines Lebens, zum Untergang seines Theorems führen könnte?
Neunzig Minuten lang dachte Colin fieberhaft über ein Mädchen nach, das er nicht einmal vierzehn Tage gekannt hatte, dann ging ihm irgendwann die Puste aus. Um die Zeit totzuschlagen, erstellte er Anagramme ihres langen Namens: Katherine Mutzenbacher. Er hatte noch nie ein Anagramm aus ihr gemacht, und jetzt stellte er beeindruckt fest, dass sich das Wort »achtzehn« aus ihr bilden ließ. »Nur achtzehn Akte im Erbe, achtzehn Braeute imkern.« Sein Liebling war: »Ab achtzehn Eremiten-Kur«. Aber so ganz passte es nicht, denn er war ja erst nach der neunzehnten Katherine zum Eremit geworden.
Hassan schnüffelte und schlug die Augen auf, dann sah er sich um. »Scheibe. Sind wir immer noch auf der Jagd? Big Daddy braucht dringend was zu essen.« Er stand auf und zog zwei Plastiktüten mit zerdrückten Sandwiches aus den Hosentaschen. »Tut mir leid, Mann. Hab auf unserem Mittagessen geschlafen.« Colin machte die Feldflasche von seinem Gürtel los, und dann setzten sich beide hin und ließen sich Truthahnstullen und Wasser schmecken.
»Wie lange habe ich geschlafen?«
»Fast zwei Stunden«, sagte Colin zwischen zwei Bissen.
»Und was hast du so lange getrieben?«
»Ich hätte mir ein Buch mitnehmen sollen. Stattdessen habe ich versucht, das Theorem hinzubiegen. Das einzige Problem ist Katherine III.«
»Ber if daff?«, fragte Hassan, den Mund voll Mayonnaise.
»Sommer nach der vierten Klasse. War auch aus Chicago, aber sie hatte Privatunterricht. Katherine Mutzenbacher. Wohnte in der Leavitt Street beim Lincoln Square, südlich von Lawrence, aber ich war nie bei ihr, weil sie mich am drittletzten Tag vom Schlaumeiercamp in Michigan sitzen gelassen hat. Sie hatte aschblonde Haare, die sich ein bisschen lockten, kaute an den Fingernägeln, ihr Lieblingslied war ›Stuck with you‹ von Huey Lewis and the News, ihre Mutter war Kuratorin am Museum für Moderne Kunst, und sie wollte Vegetarierin werden, wenn sie groß war.«
»Wie lang kanntet ihr euch?«, fragte Hassan. Er hatte sein Sandwich aufgegessen und wischte sich die Krümel an der Hose ab.
»Zwölf Tage.«
»Hm. Weißt du, was echt seltsam ist? Ich kenne sie auch.«
»Was?«
»Ja. Mutzenbacher. Wir sind zu den gleichen langweiligen Treffen für Kinder mit Hausunterricht gegangen. Nach dem Motto, bringt eure Kinder auf den Spielplatz, damit sie keine sozialen Vollidioten werden. Oder, macht mit euren Kindern einen Ausflug, damit der kleine Moslem von den Christenkindern den Arsch versohlt bekommt.«
»Warte mal. Du hast sie gekannt?«
»Na ja, ich meine, wir waren nicht eng befreundet oder so. Aber, doch. In einer Gruppe von Leuten würde ich sie wiederfinden.«
»Und sie war eher introvertiert und mittelmäßig beliebt, und sie hatte einen Freund, als sie sieben war, den sie sitzen gelassen hat?«
»Ja«, sagte Hassan. »Also, keine Ahnung von dem Freund. Aber sie hatte einen Bruder. Der war komplett irre. Hat immer bei Buchstabierwettbewerben mitgemacht. Am Ende war er, glaube ich, in der Landesauswahl.«
»Komisch. Na ja, jedenfalls versagt bei ihr das Theorem.«
»Vielleicht hast du was vergessen. In Chicago kann es nicht allzu viele Mutzenbachers geben. Warum rufst du sie nicht an und fragst sie?« Colins einzige Antwort, »weil ich nicht selbst darauf gekommen bin«, war so dämlich, dass er
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