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Die erste Nacht - Roman

Die erste Nacht - Roman

Titel: Die erste Nacht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
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mein lieber Freund, mehr noch als unsere Schachpartien. Seien Sie vorsichtig und passen Sie gut auf sich auf …«

    Vackeers spürte, dass ihn seine Kräfte verließen. Er löschte die Nummer, die er gerade gewählt hatte. Seine Hand öffnete sich, er sah und hörte nichts mehr, und sein Kopf sank auf den Asphalt.

Paris
    Ivory kehrte von einer Theateraufführung, in der er sich tödlich gelangweilt hatte, in seine Pariser Wohnung zurück. Er hängte seinen Mantel auf und sah auf der Suche nach etwas Essbarem in den Kühlschrank. Dann machte er sich einen Obstteller fertig, schenkte sich in Glas Wein ein und ging ins Wohnzimmer. Er setzte sich auf das Sofa, um fernzusehen, schnürte die Schuhe auf, zog sie aus und streckte die schmerzenden Beine aus. Als er nach der Fernbedienung suchte, bemerkte er, dass sein Anrufbeantworter blinkte. Neugierig erhob er sich und drückte auf den Abspielknopf. Sofort erkannte er die Stimme seines alten Freundes.
    Am Ende der Nachricht spürte er, wie seine Knie weich wurden. Er hielt sich am Bücherregal fest und brachte dabei mehrere alte Bände zu Fall. Er fasste sich wieder und biss die Zähne zusammen. Doch es half nichts, Tränen rannen über seine Wangen. Auch wenn er sie mit dem Handrücken wegwischte, konnte er ein Schluchzen nicht unterdrücken.
    Er griff nach einer alten astronomischen Abhandlung, schlug sie auf und betrachtete die Titelseite, auf der eine filigrane Himmelskarte aus dem siebzehnten Jahrhundert abgebildet war; dann las er die Widmung:
    Ich weiß, dass Ihnen dieses Werk gefallen wird, es fehlt nichts, alles ist enthalten, sogar der Beweis unserer Freundschaft.
    Ihr ergebener Schachpartner
    Vackeers
    Am frühen Morgen packte Ivory seinen Koffer. Er schloss seine Wohnungstür hinter sich ab und begab sich zum Bahnhof, um den ersten Zug nach Amsterdam zu nehmen.

London
    Am Vormittag rief jemand vom Reisebüro an: Unsere Visa seien endlich fertig, ich könne die Pässe abholen. Da Keira noch tief und fest schlief, beschloss ich, allein hinzugehen und auf dem Rückweg Milch und frisches Brot zu kaufen. Es war kalt, und die Pflastersteine auf dem Cresswell Place waren rutschig. An der Straßenecke winkte ich dem Supermarktbesitzer zu, der meinen Gruß erwiderte. Plötzlich klingelte mein Handy. Vermutlich hatte Keira den Zettel, den ich ihr in der Küche hinterlassen hatte, nicht gelesen. Zu meinem großen Erstaunen hörte ich Martyns Stimme.
    »Es tut mir leid wegen neulich«, sagte er.
    »Das braucht es nicht. Ich war nur in Sorge, was Ihnen so schlechte Laune bereitet haben könnte.«
    »Ich hätte beinahe meine Stelle verloren, Adrian - Ihretwegen, das heißt wegen des kleinen Besuchs, den Sie mir im Observatorium abgestattet haben, und der paar Recherchen, die ich mit den Mitteln, über die wir in Jordell verfügen, für Sie gemacht habe.«
    »Aber was ist das denn für eine Geschichte?«
    »Unter dem Vorwand, ich hätte jemanden, der nicht zum Personal gehört - das heißt Ihren Freund Walter und Sie - ins Observatorium gelassen, wurde mir ein schwerer beruflicher Fehler vorgeworfen, und man hat mir mit Entlassung gedroht.«
    »Und wer ist ›man‹?«

    »Diejenigen, die das Observatorium finanzieren, unsere Regierung.«
    »Martyn, dieser Besuch war völlig harmlos, und außerdem sind Walter und ich Mitglieder der Akademie. Das ergibt überhaupt keinen Sinn!«
    »Doch, Adrian, darum habe ich auch gezögert, Sie anzurufen, und tue es heute Morgen von einer Telefonzelle aus. Man hat mir deutlich zu verstehen gegeben, dass es mir ab jetzt untersagt ist, Ihnen auch nur den geringsten Gefallen zu erweisen, und dass Ihnen der Zutritt zum Observatorium strikt verboten ist. Ich habe erst gestern von Ihrer Entlassung erfahren. Ich weiß nicht, was Sie angestellt haben, aber Herrgott noch mal, Adrian, man kann doch jemanden wie Sie nicht einfach so vor die Tür setzen. Das würde bedeuten, dass auch meine Karriere an einem seidenen Faden hängt, denn Sie sind zehnmal kompetenter als ich.«
    »Das ist nett von Ihnen, Martyn, und zu schmeichelhaft, aber falls es Sie beruhigt, Sie sind der Einzige, der dieser Überzeugung ist. Ich weiß nicht, was los ist, man hat mir nicht gesagt, dass ich gefeuert bin, sondern nur, ich hätte vorübergehend meine feste Anstellung verloren.«
    »Machen Sie die Augen auf, Adrian, man hat Sie ganz einfach rausgeworfen. Ich habe zwei Anrufe Sie betreffend bekommen. Ich darf nicht einmal mehr mit Ihnen telefonieren, unsere Vorgesetzten

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