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Die erste Nacht - Roman

Die erste Nacht - Roman

Titel: Die erste Nacht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
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schnappt. Nach meiner Erfahrung in dem chinesischen Gefängnis bringe ich lieber jemanden um, bevor ich noch mal in den Knast gehe.«
    »Und wohin fahren wir?«
    »Zum Baikalsee. Thornsten hat davon gesprochen.«
    Der Wagen hielt vor dem Metropol-Interconti. Wir eilten
zur Rezeption, wo uns eine charmante junge Dame unsere Pässe zurückgab. Ich entschuldigte mich, dass wir früher abreisen müssten, und bat sie, die Rechnung vorzubereiten. Gleichzeitig fragte ich sie, ob es möglich sei, zwei Schlafwagenplätze in der Transsibirischen Eisenbahn zu reservieren. Sie beugte sich zu mir und flüsterte mir zu, gerade hätten zwei Polizisten eine Liste der englischen Hotelgäste von ihr verlangt. Sie säßen jetzt auf einer Bank in der Halle, um sie zu überprüfen. Sie fügte hinzu, ihr Freund sei Brite, im Frühjahr würde er sie mit nach London nehmen, wo sie heiraten würden. Als ich sie zu dieser wunderbaren Neuigkeit beglückwünschte, sagte sie leise, »God save the Queen« und blinzelte mir verschwörerisch zu.
    Ich zog Keira zum Aufzug und versicherte ihr unterwegs, nicht mit der Empfangsdame geflirtet zu haben.
    Als wir gepackt hatten und gerade das Zimmer verlassen wollten, klingelte das Telefon. Die junge Dame von der Rezeption bestätigte die Buchung von zwei Plätzen im Wagen Nummer 7 des Transsibirien-Expresses, der um 23:24 Uhr vom Bahnhof Jaroslawl abfuhr. Sie gab uns die Reservierungsnummer, wir müssten die Tickets nur noch am Automaten abholen. Sie hätte sie mir auf die Rechnung gesetzt und von meiner Kreditkarte abgebucht. Wir könnten das Hotel durch die Bar verlassen, ohne die Halle durchqueren zu müssen.

London
    Das Nachtjournal flimmerte über die Mattscheibe, Ivory schaltete den Fernseher aus und trat ans Fenster. Es hatte aufgehört zu regnen, ein Paar verließ das Dorchester, die Frau stieg in ein Taxi, der Mann wartete, bis es abgefahren war, und kehrte ins Hotel zurück. Auf der Park Lane führte eine Dame ihren Hund spazieren und grüßte im Vorbeigehen den Hotelboy.
    Ivory gab seinen Beobachtungsposten auf, trat an die Minibar, nahm einen Schokoriegel heraus, entfernte die Verpackung und legte ihn auf den Couchtisch. Dann ging er ins Badezimmer, nahm aus seinem Waschbeutel ein Röhrchen Schlaftabletten, ließ eine in seine Hand gleiten und betrachtete sich im Spiegel.
    »Alter Narr, du wusstest wohl nicht, was der Einsatz war? Wusstest du auch nicht, welches Spiel gespielt wurde?«
    Er schluckte die Tablette, ließ Wasser aus der Leitung in ein Glas laufen und ging in den Salon zurück, wo er sich vor das Schachbrett setzte.
    Er gab allen gegnerischen Figuren einen Namen, ATHEN, ISTANBUL, KAIRO, MOSKAU, PEKING, RIO, TEL AVIV, BERLIN, BOSTON, PARIS, ROM, den König taufte er LONDON, die Königin MADRID. Dann warf er alle Steine aus seinem Lager auf den Boden, außer jenem, den er AMSTERDAM genannt hatte. Den wickelte er in ein Tuch und schob ihn vorsichtig in seine Tasche. Der schwarze König wich ein Feld zurück, das Pferd und der Bauer bewegten sich nicht, doch Ivory ließ die beiden Läufer bis in
die dritte Reihe vorrücken. Er betrachtete das Schachbrett, zog seine Schuhe aus, legte sich auf die Couch und löschte das Licht.

Madrid
    Die Versammlung war beendet, die Teilnehmer drängten sich um das Büfett. Isabels Hand streifte verstohlen die von Sir Ashton, der an diesem Abend besonders brillant gewesen war. Während bei der letzten Sitzung die meisten für die Fortsetzung der Suche gestimmt hatten, war es dem englischen Lord diesmal gelungen, die Mehrheit der Teilnehmer in sein Lager zu ziehen, und der im Moment wichtigste Verbündete war zu totaler Kooperation bereit: MOSKAU würde alle verfügbaren Mittel aufbieten, um die beiden Wissenschaftler ausfindig zu machen und festzunehmen. Man würde sie mit dem nächsten Flugzeug nach London zurückschicken und ihnen kein Visum mehr erteilen. Ashton hätte radikalere Maßnahmen vorgezogen, aber seine Kollegen waren zu dieser Art von Aktion noch nicht bereit. Um die Gemüter zu beruhigen, hatte Isabel einen Vorschlag gemacht, der einstimmig angenommen wurde. Wenn man sie nicht mit Gewalt von ihrem Plan hatte abbringen können, warum nicht jedem von beiden ein Angebot machen, das sie nicht ablehnen könnten und das sie voneinander entfernen würde? Zwang war nicht immer die beste Methode. Die Sitzungsleiterin begleitete ihre Gäste bis vor die Tür des Turms. Ein Limousinenkonvoi verließ die Puerta de Europa Richtung Flughafen

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