Die erste Todsuende

Dreiecksform überging, mit einer scharfen Kante oben, die Basis unten wieder zweieinhalb Zentimeter breit. Das Ganze verjüngte sich, und je schmaler es wurde, desto mehr wölbte es sich nach unten. Captain, die ganze Spitze bog sich nach unten, sowohl die Oberkante als auch die flache Unterseite! Sie lief in einer äußerst scharfen Spitze aus, über die eine kleine Gummikappe gestülpt war, damit man sich nicht daran verletzen konnte. Ich nahm die Kappe ab und entdeckte an der Unterseite der Spitze vier kleine Sägezähne. Der Verkäufer, den ich endlich zu fassen kriegte, erklärte mir, das sei ein Eispickel. Ich fragte, wozu man den brauche, und er..."

    „Ein Eispickel. Mein Gott!" entfuhr es Delaney. „Leo Trotzki. 1940 in Mexiko."
    „Wie bitte, Captain? Ich verstehe Sie nicht." „Leo Trotzki. Er wurde 1940 mit einem Eispickel erschlagen.
    Der Mörder, hieß es, sei ein Agent der russischen Geheimpolizei gewesen. An die genauen Einzelheiten kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich weiß nur noch, daß es ein Eispickel war."
    „Halten Sie es für möglich, daß auch Frank Lombard mit einem Eispickel erschlagen worden sein könnte?"
    „Geben Sie mir Ihr Glas", sagte Delaney. „Ich schenke Ihnen noch einen Wermut ein." Er ging zum Barschrank hinüber und kehrte mit nachgefüllten Gläsern für sie beide zurück. „Mr. Langley, ich weiß nicht, ob Detektiv sein ein Job ist, ein Beruf, eine Begabung oder eine Kunst. Doch ein paar Dinge weiß ich. Erstens können Sie keinem Menschen beibringen, wie man ein guter Detektiv wird, genausowenig wie man ihm beibringen kann, daß er Marathonläufer oder ein großer Künstler wird. Und zweitens: Soviel Talent und Energie auch einer mitbringt, ohne Erfahrung wird er nie ein guter Detektiv. Je mehr, desto besser. Wenn man erst einmal eine Zeitlang dabei ist, sieht man das Geflecht. Die Menschen wiederholen sich: die Motive, die Waffen, die Einbruchs- und Fluchtmethoden, selbst die Alibis. Immer das gleiche: eingedrückte Fensterscheiben, Küchenmesser, aufgeschlitzte Fliegendrahtgitter, Wagenheber, aufgebrochene Schlösser, Rattengift -was immer Sie wollen. Das alles wird einem ganz vertraut. Und gerade das war es, was mich im Fall Lombard von Anfang an so beunruhigte, daß mir daran nichts vertraut und bekannt vorkam. Nicht das geringste. Nicht einmal die Tatwaffe konnten wir identifizieren. Und da kommen Sie hier hereinspaziert und sagen: 'Eispickel.' Ein Zauberwort. Es macht klick! Trotzki wurde mit einem Eispickel umgebracht. Plötzlich habe ich etwas Vertrautes. Eine Mordwaffe, die schon einmal benutzt worden ist. Ich weiß, daß ich das nur schwer erklären kann, Mr. Langley, aber mir ist mit einemmal wesentlich wohler zumute. Ich glaube, jetzt kommen wir weiter. Dank Ihnen!"
    Langley strahlte.
    „Aber ich habe Sie unterbrochen. Entschuldigen Sie bitte", sagte Delaney. „Sie waren gerade dabei zu erzählen, was der Verkäufer auf Ihre Frage, wozu man einen Eispickel brauche, antwortete."
    „Ja, beispielsweise beim Bergsteigen, meint er", erwiderte Langley. „Man gebraucht ihn wie einen Spazierstock, stützt sich darauf, während die Spitze am Stielende sich in verharschten Schnee odei Eis eingräbt, zum Beispiel, wenn man einen Gletscher überquert.
    Der Verkäufer verriet mir noch, daß man diesen Eispickel mit verschiedenen Stielenden bekommt. Ich fragte in dann, ob es in der gleichen Form auch noch kürzere Eispickel gäbe, solche, die man nur mit einer Hand benutze. Da war er sich nicht sicher, meinte aber, es müsse so etwas geben, und zwar ganz aus Stahl. Stellen Sie sich vor, Captain! Ein einhändig zu führender Eispickel ganz aus Stahl und mit einer sich nach unten verjüngenden Spitze. Wie finden Sie das?"
    „Ausgezeichnet!" jubelte Captain Delaney. „Ganz ganz ausgezeichnet! Jetzt handelt es sich um eine vertraute Waffe, wie sie schon einmal bei einem Mord verwendet wurde, und das flößt mir ein gutes Gefühl ein. Mr. Langley, Sie haben ein Wunder vollbracht!"
    „Ach", sagte der alte Mann und lächelte, „ich hatte nur einfach Glück."
    „Jeder ist seines Glückes Schmied", versicherte Delaney ihm. „Und meins haben Sie auch geschmiedet. Unser Glück. Hat der Verkäufer Ihnen auch noch gesagt, wo man diese kleineren Eispikkel bekommt?"
    „Hm...nein. Er sagte nur, es gäbe in New York mehrere Spezialgeschäfte für Camping- und Bergsport-Ausrüstung, die alles führten: Äxte, Beile, Steigeisen, Spezialrucksäcke, Nylonseile und dergleichen.