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Die erste Todsuende

Die erste Todsuende

Titel: Die erste Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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Mitgefühl aussprechen."
    „Ich danke Ihnen", sagte sie. „Das ist sehr freundlich von Ihnen. Ich bin sicher, daß alles getan wird..."
    „Das kann ich nur bestätigen", sagt er ernst. „Eine große Anzahl von Menschen ist mit diesem Fall beschäftigt."
    „Wird man den Mann fassen, der es getan hat?"
    Er nickte. „Ja, das wird man. Ich verspreche es Ihnen."
    „Sie selbst haben mit der Untersuchung nichts zu tun?"
    „Nicht direkt. Aber der Überfall ist in meinem Revier passiert -in meinem ehemaligen Revier, meine ich."
    „Warum haben Sie sich beurlauben lassen?"
    „Meine Frau ist krank."
    „Das tut mir leid! Wohnen Sie hier in der Gegend?"
    „Ja, direkt neben der Polizeiwache."
    „Ach, dann wissen Sie ja, was hier los ist - Überfälle, Tätlichkeiten. Man kann sich nachts nicht mehr auf die Straße trauen."
    „Ich weiß." Er nickte verständnisvoll. „Glauben Sie mir, ich weiß es, und ich hasse es noch mehr als Sie."
    „Er hat nie irgend jemandem etwas zuleide getan", entfuhr es ihr, und er hatte schon Angst, sie würde anfangen zu weinen, aber sie tat es nicht.
    „Mrs. Gilbert, würde es Ihnen etwas ausmachen, mir ein bißchen von Ihrem Mann zu erzählen?"
    „Nein, natürlich nicht. Was möchten Sie wissen?"
    „Was für ein Mensch ist er? Ich meine nicht das Äußere, seinen Beruf und so - das ist mir alles bekannt. Ich meine den Menschen."
    „Bernie? Er ist der liebste, gütigste Mann auf der Welt. Er tut keiner Fliege was zuleide. Er hat so hart gearbeitet - für mich und die Kinder. Nur daran hat er gedacht."
    „Ja. Ja."
    „Sehen Sie sich um. Sieht das so aus, als ob wir reich wären?"
    Pflichtschuldigst blickte er sich um. „Sehr gemütlich", murmelte er.
    „Ein Paradies", sagte sie mit Entschiedenheit. „Gemessen an dem, was Bernie und ich früher hatten. Es ist nicht recht, Captain, es ist einfach nicht recht."
    Er nickte bedrückt und überlegte, was er nur sagen könnte, um sie zu trösten. Es gab nichts. Also nahm er seinen Faden wieder auf und sprach mit leiser, fast zärtlicher Stimme, womit er sie zu beschwichtigen hoffte.
    „Mrs. Gilbert", fragte er eingedenk dessen, was Ferguson ihm über das Herz des Opfers gesagt hatte, „ist Ihr Mann sehr aktiv? Ich meine, treibt er Sport? Gymnastik?"
    Sie sah ihn starr an, ohne ihm zu antworten. Dann lehnte sie sich vor, um ihm noch eine Tasse Tee einzuschenken. Das Kleid war ärmellos, bewundernd bemerkte er die straffe Haut.
    „Captain", sagte sie schließlich, „für einen Mann, der mit der Untersuchung nichts zu tun hat, stellen Sie eine Menge ungewöhnlicher Fragen."
    Da begriff er, wie gescheit sie war. Natürlich konnte er versuchen, ihr etwas vorzumachen, aber sie würde es merken, davon war er überzeugt.
    „Mrs. Gilbert", sagte er, „die Hauptsache ist, daß der Täter gefaßt wird, nicht wahr? Gleichgültig, wer mit diesem Fall beschäftigt ist oder warum sich jemand dafür interessiert. Nun, ich schwöre Ihnen, mir ist noch mehr daran gelegen, den Mann zu fassen, der Ihren Mann niedergeschlagen hat, als Ihnen."
    „Nein!" schrie sie. „Nicht mehr als mir!" Ihre Augen blitzten, ihr ganzer Körper versteifte sich. „Ich will, daß der, der es getan hat, gefaßt und bestraft wird."
    Der Ausbruch verwunderte ihn. Er hatte geglaubt, sie sei jemand, der nie die Beherrschung verliere, ja, vielleicht sogar etwas phlegmatisch. Doch jetzt vibrierte sie vor Energie und innerer Glut.
    „Was wollen Sie?" fragte er sie. „Rache?"
    „Ja. Genau das will ich. Rache. Werde ich sie bekommen, wenn ich Ihnen Ihre Fragen beantworte?"
    „Ich glaube schon."
    „Das genügt nicht, Captain."

    „Wenn Sie mir meine Fragen beantworten, wird das dazu beitragen, den Mann zu finden, der Ihrem Mann das angetan hat."
    „Ihrem Mann" - das waren die Schlüsselworte, genau wie er es sich erhofft hatte. Sie fing an zu erzählen.
    Ihr Mann sei körperlich nicht sehr kräftig, es gebe Herzgeräusche, er leide im linken Handgelenk an Arthritis. Er hatte auch hin und wieder Nierenschmerzen, obwohl alle Untersuchungen und Röntgenaufnahmen nichts ergeben hatten. Seine Augen waren nicht gut, er litt öfter an Bindehautentzündungen, Sport trieb er nicht. Er war ein Mann, der vorwiegend einer sitzenden Lebensweise nachging.
    Aber er arbeite fleißig, fügte sie verbissen hinzu, unerhört fleißig.
    Delaney nickte. Er hatte jetzt eine annähernde Antwort auf die Frage, die ihn nicht losgelassen hatte: Warum hatte Gilbert sich nicht gewehrt, warum war er dem

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