Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die erste Todsuende

Die erste Todsuende

Titel: Die erste Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
Vom Netzwerk:
das nicht?"
    „Vermutlich. Vielen Dank, Handry. Sie haben mir sehr geholfen, vieles klarer zu sehen."
    „Deswegen seh ich aber noch lange nicht klarer. Was zum Teufel ist denn bloß los?"
    „Geben Sie mir noch etwas Zeit, einen oder zwei Tage?"
    „Aber mehr nicht. Gilbert ist gestorben, nicht wahr?"
    „Ja. Er ist gestorben."
    „Und es besteht eine Verbindung, oder?"
    „Ja."
    „Zwei Tage", sagte Handry. „Mehr nicht. Wenn ich bis dahin nichts von Ihnen höre, muß ich anfangen, Vermutungen anzustellen. Und zwar in der Zeitung."
    „Dazu haben Sie alles Recht."
    Er ging zu Fuß nach Hause. Die Plastiktüte schlug ihm gegen die Knie. Allmählich begriff er, was los war - die Spannung, unter der Thorsen stand, Johnsons Verbissenheit, die Tatsache, daß Alinski auf den Plan getreten war. Er hatte weiß Gott nicht die Absicht, in diesen ganzen politischen Kram hineingezogen zu werden. Er war Polizeibeamter. Das war sein Beruf. Im Augenblick wollte er nichts anderes, als einen Mörder zur Strecke bringen, doch Ehrgeiz, Machtkämpfe und Verpflichtungen Dritter schienen ihm die Hände zu binden, er war wie gelähmt.
    Ihm wurde klar, daß die Suche nach dem Mörder Lombards und Gilberts für ihn zu einer ganz persönlichen Angelegenheit geworden war, zu einer reinen Privatsache, und daß die unberufene Einmischung anderer ihm nicht behagte. Er brauchte Hilfe, sicher -schließlich konnte er nicht alles allein machen -, aber im Grunde war es ein Duell, ein Kampf von Mann zu Mann, und Ratschläge von Seiten Dritter, Druck und Einflußnahme mußte er meiden wie die Pest. Er wußte, was er sich zutrauen durfte, und er achtete das Können seines Gegners und nahm es nicht auf die leichte Schulter. Ob es sich nun um einen Fechtkampf oder um ein Duell auf Leben und Tod handelte - er setzte seinen Kopf aufs Spiel.
    Ganz in Gedanken versunken bog er in die Straße ein, die zu seinem Haus führte, als plötzlich eine barsche Stimme „Delaney!" rief.
    Langsam hielt er inne. Wie fast alle Detektive in New York - in der ganzen Welt! - hatte er dazu beigetragen, Verbrecher auf den elektrischen Stuhl zu schicken, für längere oder kürzere Zeit ins Zuchthaus oder in eine Heil- und Pflegeanstalt. Die meisten von ihnen schworen Rache - im Gerichtssaal, oder ließen von Freunden telefonisch Drohungen übermitteln oder schickten Briefe. Glücklicherweise machten nur die wenigsten ihre Drohungen wahr. Aber immerhin, es gab einige...
    Als jetzt, in einer schlecht beleuchteten Straße, aus einer am Bordstein geparkten, dunklen Limousine sein Name gerufen wurde und ihm aufging, daß er unbewaffnet war, drehte er sich langsam um, hob ein wenig die Arme, die Handflächen nach vorn gekehrt.
    Doch dann sah er den uniformierten Fahrer am Steuer und erkannte auf dem Rücksitz die massige Gestalt und das wütende Gesicht des Stellvertretenden Commissioner Broughton, der sich halb aus dem heruntergekurbelten Fenster beugte. Die Zigarre zwischen seinen Zähnen glühte heftig auf.
    „Delaney!" rief Broughton noch einmal, und es war mehr ein Befehl als eine Begrüßung. Der Captain trat einen Schritt näher an den Wagen heran. Broughton machte keine Anstalten, die Tür zu öffnen, so daß Delaney, um mit ihm sprechen zu können, gezwungen war, sich niederzubeugen. Das war bestimmt Absicht, Broughton wollte ihm die Rolle des Bittstellers zuweisen.
    „Sir?" fragte er.
    „Was bilden Sie sich eigentlich ein?"
    „Ich begreife nicht, Sir."
    „Wir haben jemand nach Florida geschickt. Es stellte sich heraus, daß Lombards Führerschein fehlt. Die Witwe sagt, Sie hätten mit ihr darüber gesprochen. Sie wußten also, daß der Führerschein fehlte. Ich könnte Sie wegen Unterschlagung von Beweismaterial belangen."
    „Aber ich habe es doch gemeldet, Sir."
    „Sie haben es gemeldet? Wem? Pauley?"
    „Nein, für so wichtig hielt ich die Sache nicht. Dorfman, dem kommissarischen Leiter von Zwei-fünf-eins. Ich bin sicher, daß er eine entsprechende Meldung beim Verkehrsamt gemacht hat."
    Einen Moment herrschte Schweigen. Eine Wolke von beizendem Zigarrenqualm quoll aus dem Fenster, Delaney direkt ins Gesicht. Er stand noch immer vorgeneigt da.
    „Warum sind Sie zu Gilberts Frau gegangen?" wollte Broughton wissen.
    „Aus demselben Grund, weshalb ich auch Mrs. Lombard besucht habe", sagte Delaney ohne zu zögern. „Um ihr mein Beileid auszusprechen. Als Leiter oder ehemaliger Leiter des Reviers, in dem das Verbrechen passierte. Public Relations im Sinne der

Weitere Kostenlose Bücher