Die erste Todsuende
Polizei!"
Wieder herrschte Schweigen.
„Sie haben eine Antwort auf alles", sagte Broughton wütend, „Sie sind ein ganz gerissener Hund." Er saß im Halbdunkel. Delaney konnte seine Züge kaum unterscheiden. „Sind Sie mit Thorsen zusammengewesen? Und mit Johnson?"
„Selbstverständlich bin ich mit Thorsen zusammengewesen, Sir. Wir sind seit Jahren befreundet."
„Delaney, ich traue Ihnen nicht. Ich hab eine Nase für impertinente Burschen wie Sie, und ich hab das Gefühl, daß Sie was im Schilde führen. Lassen Sie sich gesagt sein: Sie sind noch immer Polizeibeamter, und ich kann Sie fertigmachen, wann immer ich will. Sind Sie sich darüber im klaren?"
„Jawohl, Sir."
„Versuchen Sie nicht, mich aufs Kreuz zu legen, Delaney. Meine Position ist die stärkere. Kapiert?"
„Ja, ich verstehe."
Bis jetzt hatte er sich beherrscht; im Bruchteil einer Sekunde fällte er eine Entscheidung. Daß er erbost war, war unwichtig, genauso wie die Tatsache, daß Broughton ein Widerling war. Er hob die Plastiktüte höher ans Fenster.
„Sir", sagte er, „hier ist etwas, das ich Ihnen zeigen möchte. Ich glaube, es könnte Ihnen helfen..."
„Lecken Sie mich am Arsch", fiel Broughton ihm roh ins Wort. „Ich brauche Ihre Hilfe nicht, und ich will sie nicht. Die einzige Möglichkeit, mir zu helfen, besteht für Sie darin, sich in den äußersten Winkel zu verkriechen und den Mund zu halten. Ist das klar?"
„Sir, ich habe..."
„Herrgott, Delaney, geht in Ihren dicken Schädel überhaupt nichts rein? Verschwinden Sie, mehr will ich gar nicht. Hauen Sie ab, Sie Scheißkerl!"
„Jawohl, Sir", sagte Captain Edward X. Delaney, und ihm schwamm der Kopf vor Freude. „Ich hab's gehört. Und ich habe verstanden."
Er stand da und sah zu, wie die schwarze Limousine davonrollte. Siehst du? Da machst du dir Sorgen, zerbrichst dir den Kopf und schlägst dich mit 'moralischen Problemen' und solchem Mist herum, und dann kommt so ein Blödmann daher und löst das ganze Problem. Heiter und gelöst betrat er sein Haus, rief Thorsen an, berichtete ihm von dem Zusammentreffen mit Broughton und sagte, er wollte die Untersuchung auf eigene Faust weiterführen.
„Okay", sagte Thorsen. „Wir drücken Ihnen die Daumen!"
29
Es sah so aus, als ob er viel Zeit vertrödelte, aber in Wirklichkeit legte er sich in den beiden Wochen nach der Unterredung in Thorsens Wohnung einen einleuchtenden Schlachtplan zurecht.
Er setzte sich mit Christopher Langley zusammen und besprach mit ihm die nächsten Schritte, er stattete Calvin Case einen weiteren Besuch ab, der ihm stolz berichtete, er nehme seinen ersten Drink am Tag erst mit den Zwölf-Uhr-Nachrichten.
Delaney gratulierte ihm, und als Case sein Angebot, ihm bei der Durchsicht der Kassenbelege von 'Camper-Glück' zu helfen, wiederholte, berieten sie gemeinsam, wie das am besten zu bewerkstelligen sei.
„Die Sache hat einen Haken", sagte Case. „Jeden Kassenbeleg der letzten sieben Jahre rauszukriegen, auf dem der Verkauf eines Eispickels vermerkt ist, ist eine Kleinigkeit. Aber was ist, wenn der Mann ihn schon vor zehn Jahren gekauft hat?"
„Dann müßte sein Name eigentlich in der Adressenkartei auftauchen. Die laß ich von jemand anderes durchsehen."
„Schön. Und was ist, wenn er den Eispickel woanders, sonstige Bergsportausrüstungen jedoch bei 'Camper-Glück' gekauft hat?"
„Hm, könnten Sie nicht auch die Belege herausziehen, auf denen Bergsportartikel vermerkt sind? Ich schlage vor, daß wir zwei Ordner anlegen: einen für Eispickel, den anderen für allgemeine Bergsportausrüstung."
„Klingt vernünftig."
„Dann kann ich also mit Sol Appel verabreden, daß man Ihnen die Kassenbelege herschickt?"
„Ja. Sie sind ganz schön meschugge, Captain - wissen Sie das eigentlich?"
„Ich weiß es."
Bei der Unterredung mit Monica Gilbert mußte er mehr Vorsicht walten lassen, und mehr Entschlossenheit. Er war nicht sicher, ob ihr Telefon überwacht wurde, und beschloß, da sie vermutlich morgens ihre Kinder zur Schule brachte, dort auf sie zu warten.
Er nahm gegenüber der Schule Aufstellung. Endlich sah er Mrs. Gilbert mit ihren beiden Töchtern kommen. Am Eingang der Schule verabschiedete sie sich von ihnen, drehte sich um und wollte offenbar wieder nach Hause gehen. Da trat er auf sie zu.
„Mrs. Gilbert."
„Oh, Captain... Delaney?"
„Ja. Wie geht es Ihnen?"
„Danke, es geht ganz gut. Und vielen Dank für Ihren Kondolenzbrief. Das war sehr freundlich von
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