Die erste Todsuende
ich will nicht, daß Sie es mir erzählen. Ich finde es schon selbst heraus."
„Das glaube ich auch." Alinski nickte. „Sie sind ein schlauer Fuchs."
„Schlau? Pffff! Ich bringe es ja in meinem eigenen Revier nicht einmal fertig, einen mordwütigen Psychopathen aufzustöbern."
„Für Sie ist es wichtig, diesen Täter zur Strecke zu bringen, ja? Das ist für Sie das Allerwichtigste."
„Selbstverständlich ist das das Allerwichtigste. Dieser Wahnsinnige wird fortfahren zu morden und immer und immer wieder zuschlagen. Der zeitliche Abstand zwischen den einzelnen Morden wird immer kürzer werden. Vielleicht schlägt er sogar am hellichten Tag zu. Wer will das wissen? Aber eines garantiere ich Ihnen: Er wird jetzt nicht mehr aufhören. Es ist wie ein Fieber in seinem Blut. Er kann nicht mehr aufhören. Und was glauben Sie, was los sein wird, wenn die Zeitungen auf den Trichter kommen - die reinste Hölle!"
„Sie wollen also mit dem, was Sie haben, zu Broughton gehen?" fragte Thorsen, fast gleichmütig.
„Ich weiß es nicht. Ich weiß es einfach noch nicht. Ich muß darüber nachdenken."
„Das ist sehr klug", sagte Alinski. „Denken Sie darüber nach. Es geht nichts über langes, gründliches Nachdenken."
„Aber eines sollten Sie hier alle wissen", sagte Delaney wütend, obwohl er selbst nicht begriff, weshalb er eigentlich so wütend war. „Die Entscheidung treffe ich. Ich ganz allein, sonst niemand. Und wozu ich mich entscheide, das werde ich auch tun."
Sie hätten ihm gern irgendwelche Vorschläge gemacht, doch sie hielten es für richtiger, ihn nicht zu beeinflussen.
Delaney trank seinen Whisky aus, erhob sich und verstaute Hämmer und Ölfläschchen wieder in seiner Plastiktüte.
„Vielen Dank", sagte er zu Thorsen. „Bitte bestellen Sie Karen, daß ich mich für die Sandwiches bedanke. Ich finde schon allein hinaus."
„Sie rufen mich an und sagen mir, wozu Sie sich entschlossen haben, Edward?"
„Aber ja. Sollte ich mich dazu durchringen, zu Broughton zu gehen, verständige ich Sie vorher."
„Danke."
„Auf Wiedersehen, meine Herren!" Delaney nickte jedem zu und ging hinaus.
Fünf Straßenblocks weiter fand er endlich eine Telefonzelle, die funktionierte, und er wurde mit Thomas Handry verbunden.
„Ja?"
„Hier Captain Edward X. Delaney. Ich wollte Sie fragen, ob Sie mir ein bißchen helfen könnten."
„Meinen Sie das Foto mit dem Eispickel, mit dem Trotzki erschlagen wurde? Das hab ich leider nirgends auftreiben können."
„Nein, es geht um etwas anderes."
„Ganz schön ausgefuchst, Captain, wissen Sie das? Alles für Sie und nichts für mich. Wann reden Sie endlich?"
„In ein paar Tagen."
„Versprochen?"
„Versprochen."
„Schön. Was möchten Sie?"
„Was wissen Sie über Broughton? Über Timothy A. Broughton, Stellvertretender Commissioner ? "
„Über dieses Schwein? Haben Sie ihn heute abend im Fernsehen gesehen?"
„Nein, hab ich nicht."
„Er hat Pauley an die Luft gesetzt. Wegen Untüchtigkeit und, wie er durchblicken ließ, Pflichtvergessenheit. Ein reizender Mensch."
„Was beabsichtigt er damit?"
„Broughton? Dessen Ziel ist es, Commissioner zu werden, dann Bürgermeister, dann Gouverneur und schließlich Präsident unserer, ach so herrlichen Vereinigten Staaten von Amerika. Der hat höhere Ambitionen, den treibt der Ehrgeiz - mehr als Sie glauben."
„Sie scheinen nicht gerade Hochachtung vor ihm zu hegen?"
„Richtig. Ich habe einmal ein Interview mit ihm gemacht. Die meisten Männer tragen Bilder von ihrer Frau und ihren Kindern mit sich herum, Broughton dagegen nur Bilder von sich selbst."
„Wie reizend. Hat er irgendwelchen Rückhalt? Politischen Rückhalt, meine ich?"
„Und ob er das hat. In Queens und auf Staten Island. Es wird gemunkelt, daß er sich für die Vorwahl im nächsten Jahr aufstellen lassen will. Mit einem 'Law-and-Order'-Programm. Sie wissen schon: 'Wir müssen schärfer gegen die Kriminalität auf unseren Straßen vorgehen, koste es, was es wolle.'"
„Und Sie glauben, daß er es schafft?"
„Möglich. Wenn er mit dem Fall Lombard Erfolg hat, hilft ihm das natürlich. Und sollte sich herausstellen, daß der Mörder ein heroinsüchtiger Schwarzer ist, der von der Wohlfahrt lebt und mit einem fünfzehn Jahre alten Hippie-Mädchen mit langer blonder Mähne zusammen haust, dann wird nichts, aber auch gar nichts diesen Broughton aufhalten können."
„Glauben Sie, daß der Bürgermeister sich Sorgen macht?"
„Würden Sie
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