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Die erste Todsuende

Die erste Todsuende

Titel: Die erste Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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Bewunderung erfüllte ihn für den Mann, der so instinktiv richtig und prompt reagierte, wenn auch der Ausgang ungewiß blieb.
    Der Eispickel war erhoben, die Weihnachtspakete waren auf den Boden gefallen. Dann klammerten sich zwei Hände um das Gelenk seiner erhobenen Rechten. Die Rolle Weihnachtspapier fiel gleichfalls zur Erde, aber der Griff des Mannes lockerte sich nicht. Blank wurde dicht an den anderen herangezogen. Drei Arme waren hoch in die Luft gereckt. Eine Sekunde standen sie in süßer Umarmung wie erstarrt da, die Lippen geöffnet, jeder spürte den Atem des anderen. Der körperliche Kontakt war so köstlich, daß Daniel ganz trunken war und sich an ihn drängte. Wärme. Himmlische Wärme und Kraft.
    Die Vernunft setzte wieder ein. Er hakte mit dem Schuhabsatz in die linke Kniekehle des Mannes und stieß ihn gleichzeitig gegen den Oberkörper. Es reichte nicht. Der Mann wankte, wollte jedoch nicht zu Boden gehen. Immerhin hatte er den Griff um Blanks Handgelenk gelockert. Abermals machte Blank einen Haken und stemmte sich mit aller Kraft gegen den Körper des anderen. Oh! In der Ferne glaubte er ein Pfeifen zu hören, war sich jedoch nicht sicher. Dann fielen sie zu Boden. Als er sich um die eigene Achse drehte, spürte Daniel Blank, wie sein linker Ellbogen auf das Pflaster prallte. Unbeteiligt fragte er sich, ob er ihn sich gebrochen hatte.

    Flach ausgestreckt lagen sie beide da, Blank auf dem Oberkörper des Mannes, in dessen Augen bleierne Müdigkeit lag. Er ließ Blanks Handgelenk los. Und so hob er den Eispickel und ließ ihn niedersausen, niedersausen und nochmals niedersausen, wie von Sinnen hackte er auf den Schädel ein, drängte sich an den anderen, denn dieser hier war ihm von allen bisher der liebste, und spürte kaum, wie erlahmende Finger ihm das Gesicht zerkratzten. Etwas Warmes da.
    Bis der junge Mann sich nicht mehr regte und seine schwarzen Augen brachen. Blank legte den Eispickel aus der Hand, um ihm die Rose aus dem Knopfloch zu reißen. Griff dann wieder nach dem Eispickel, richtete sich mühsam auf und blickte gehetzt um sich. Jetzt waren wirklich Trillerpfeifen zu hören. Ein Polizist näherte sich im Laufschritt von der Ecke in der Ferne, sein Kollege auf der anderen Straßenseite pfiff und pfiff immer wieder auf dieser lächerlichen Trillerpfeife. Blank lauschte ein paar Sekunden und streifte die Schlaufe unter seinem Mantel über das linke Handgelenk.
    Plötzlich spürte er den Schmerz am linken Ellbogen, in seinem blutenden Gesicht. Er rannte los, den verletzten Ellbogen hielt er dicht an den Körper gepreßt, doch die Rose warf er nicht weg.
    Er hoffte, daß die Leiche auf dem Bürgersteig sie für einen Moment aufhielt, zumindest einen von ihnen, und als er in die Ist Avenue einbog, verfiel er in Schritt, schob die Rose in die rechte Manteltasche, holte ein Taschentuch heraus, hielt es sich vor das blutende Gesicht und hustete und hustete. Er betrat eine Imbißstube. Immer noch hustend und das Gesicht hinter dem vorgehaltenen Taschentuch verborgen, ging er geradewegs auf die Telefonzelle im Hintergrund zu. Er klemmte das Taschentuch zwischen Kinn und Schulter, zog eine Münze aus der Tasche, wählte die Nummer der Wettervorhersage und hörte eine körperlose Stimme sagen: „Warnung an Segler von Charleston bis Block Island." Als er auf die Straße blickte, sah er draußen einen Polizisten mit gezogener Pistole vorüberhasten. Augenblicklich verließ Blank die Telefonkabine, hustete und preßte das Taschentuch noch immer gegen das Gesicht. Vor den Verkehrsampeln an der 81st Street hielt ein leeres Taxi. Glück. War nicht alles Glückssache?
    Höflich bat er den Taxifahrer, ihn bis zum Omnibus-Bahnhof auf der West-Side zu bringen. Seine Stimme klang - jedenfalls für seine Ohren - ganz ruhig. Als die Ampel auf Grün sprang und das Taxi anfuhr, drückte er sich in die äußerste Ecke, wo der Fahrer ihn im Rückspiegel nicht sehen konnte. Dann streckte Blank die rechte Hand aus, spreizte die Finger. Die Hand zitterte nicht.
    Im Omnibus-Bahnhof wimmelte es von Menschen. Niemand kümmerte sich um ihn. Er ging sofort auf die Herrentoilette. Auch hier war es voll, aber er schaffte es, sich im Spiegel zu betrachten. Seine Perücke war verrutscht, seine linke Wange aufgekratzt - da würde sich bestimmt Schorf bilden —, die rechte Gesichtshälfte war gerötet, aber nicht verletzt. Nur aus einem Kratzer auf der linken Wange sickerte noch etwas Blut.
    Daniel feuchtete unter dem

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