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Die erste Todsuende

Die erste Todsuende

Titel: Die erste Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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vor Wochen, Monaten, Jahren.
    Nun, er würde auf den Teufelszahn zurückkehren und dieses Gefühl des Entrücktseins noch einmal auskosten. Im Winter war der Nationalpark zwar geschlossen, doch es war nur ein einfacher Drahtzaun darum herum. Das rostige Vorhängeschloß am Tor konnte er leicht mit seinem Eispickel entzweischlagen. Alles konnte er mit seinem Eispickel entzweischlagen.

    Er badete und kleidete sich sorgfältig an, immer noch in jener Euphorie, von der er wußte, daß sie ihn von nun an ständig beflügeln würde.
    Deshalb störte es ihn nicht im geringsten, als es an der Tür klingelte.
    „Wer ist da?" rief er.
    „Ein Paket für Sie, Mr. Blank."
    Er hörte Schritte, die sich entfernten, wartete einen Moment und entriegelte dann seine Tür. Er holte den langen schmalen Karton von der Blumenhandlung herein und verriegelte die Tür wieder. Dann trug er den Karton ins Wohnzimmer hinüber, starrte ihn an und begriff nicht.
    Er begriff auch nicht, was die einzelne rote Rose sollte, die darin lag. Und auch die Karte nicht. Albert Feinberg? Feinberg? Wer war Albert Feinberg? Dann fiel ihm sein letztes Opfer wieder ein und erfüllte ihn mit Verlangen: diese feste Umarmung, der warme Atem, der sein Gesicht traf, das beinahe leidenschaftliche Stöhnen. Er wünschte, sie wären noch einmal so nahe beieinander! Und jetzt hatte Feinberg ihm eine Rose geschickt! Wie lieb! Er sog den Duft ein, strich mit den samtenen Blütenblättern zärtlich über seine Wange, zerdrückte die Blüte dann unvermittelt in seiner Faust. Als er die Hand wieder aufmachte, nahmen die Blütenblätter langsam wieder ihre ursprüngliche Gestalt an, bewegten sich, formten sich wieder zu der wunderschönen Rosenblüte wie vorher.
    Ziellos lief er hin und her, träumte, kaute an seiner Rose, aß eines der Blütenblätter nach dem anderen. Weich, hart, feucht und trocken fühlten sie sich auf der Zunge an und hatten einen ganz eigenen Geschmack. Lächelnd aß er die Blüte bis zum Stiel auf.
    Er holte seine Bergsteigerausrüstung aus dem Wandschrank in der Diele. Flüchtig dachte er daran, Sandwiches und eine Thermosflasche mitzunehmen - doch wozu Essen und Trinken? Das hatte er alles hinter sich - die Anziehungskraft der Erde und den täglichen Hunger.

    Es war wirklich erstaunlich, dachte er glücklich, mit welcher Umsicht er vorging: erst der Anruf beim Garagenwärter, den Wagen vorzufahren, dann der Anruf beim Pförtner, damit er ihm half, seine Sachen hinunterzubringen. Der Tag war klar, frisch und offen, genau wie er. Er war in der zitronengelben Sonne, in der durchsichtigen blauen, mit Fruchtwasser gefüllten Blase. Er war eins mit allem. Er summte vergnügt vor sich hin.
    Als Valenter die Tür aufmachte und sagte: „Es tut mir leid, aber Miss Monfort ist nicht zu..." schlug er ihm mit der Faust ins Gesicht, spürte, wie sein Nasenbein knirschend brach, sah das Blut, fühlte es klebrig zwischen seinen Fingern. Dann, als er das Haus schon betreten hatte, schlug er noch einmal zu: Seine Faust zielte auf Valenters Hals, traf ihn am Adamsapfel. Valenter fiel zu Boden.
    Ohne daß ihn jemand gehindert hätte, schritt Daniel Blank durch die Halle und summte dabei noch immer vor sich hin. Er stieg geradewegs die Treppe hinauf, den Eispickel jetzt in der rechten Hand. Er erinnerte sich an das erste Mal, da er ihr diese Treppe hinauf gefolgt war, hinauf in die Kammer unterm Dach. Sie war stehengeblieben, hatte sich umgedreht, und er hatte sie geküßt, irgendwo zwischen Nabel und Leiste, irgendwo... Warum hatte sie ihn verraten?
    Doch noch ehe er zu der abgesplitterten Tür kam, schoß ein nackter Anthony Montfort heraus, bedachte Daniel mit einem irren, gehetzten Blick über die Schulter hinweg und sauste mit wirbelnden Armen die Treppe hinunter.
    Celia stand da. Auch sie nackt.
    „Nun", sagte sie, und ihr Gesicht hatte einen furchtsamen Ausdruck, doch zu gleicher Zeit lag etwas Triumphierendes darin, „nun..."
    Er schlug zu. Immer und immer wieder. Doch schon nach dem ersten Schlag wich die Furcht aus ihrem Gesicht, und was blieb, war nur noch Triumph. Die Gewißheit. War es das, was sie gewollt hatte? Er überlegte und schlug immer wieder zu. War das der Grund? Hatte sie sich deswegen seiner bedient? Ihn deswegen verraten? Er mußte darüber nachdenken. Er schlug auch dann noch zu, als sie schon längst tot war...
    Dann hörte er Schreie von irgendwoher. Er übergab den Eispickel wieder an die Linke, verbarg ihn unter dem Mantel. Rannte die

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