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Die erste Todsuende

Die erste Todsuende

Titel: Die erste Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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drücken. Das meine ich ernst. Kommen Sie bloß nicht auf den Gedanken, Sie könnten mir lästig sein oder mich stören. Das tun Sie nicht. Ehrlich gesagt, wüßte ich sogar gern, was sich hier so tut. Es ist mein Revier, und mit ein bißchen Glück hoffe ich, hier eines Tages wieder das Kommando zu übernehmen."
    „Das hoffe ich auch, Captain", sagte Dorfman inbrünstig. „Das hoffe ich sehr." Er stand auf und streckte seine Hand aus. „Viel Glück, Sir, und ich hoffe, daß es Ihrer Frau bald besser geht."
    „Ich danke Ihnen, Lieutenant."
    Nachdem Dorfman gegangen war, wippte Delaney langsam auf seinem Drehstuhl hin und her. War ein so sanfter und feinfühliger Mann wie der Lieutenant fähig, ein Revier der New Yorker Polizei, in dem es immer hoch herging, zu verwalten? Das war eine Aufgabe, die bisweilen Rücksichtslosigkeit verlangte und ein gewisses Maß an Dickfelligkeit ä la Broughton erforderte. Aber schließlich ist Rücksichtslosigkeit etwas, das man lernen kann, überlegte er weiter; möglicherweise sogar etwas, das man nur vortäuschte. Auf jeden Fall hoffte er, es sei kein Charakterzug, mit dem er auf die Welt gekommen war. Dorfman könnte lernen, rücksichtslos zu sein, wenn es erforderlich war.
    Er kippte mit einem Ruck nach vorn, langte in die unterste Schublade und holte einen Karteikasten heraus. Der graue Metallkasten war angeschlagen und zerdellt. Delaney hob den Deckel und machte sich auf die Suche. Die Karten waren nach Sachgebieten geordnet.
    Bald nachdem Edward X. Delaney zum Kriminalassistenten befördert worden war, war ihm aufgegangen, daß man trotz der enormen Hilfsmittel, die der New Yorker Polizei zur Verfügung standen, häufig auf Probleme stieß, die nur mit Hilfe von Fachleuten außerhalb der Polizei, Zivilisten also, gelöst oder einer Lösung nähergebracht werden konnten.
    Alle diese Experten waren bereit, ja, sie brannten förmlich darauf, bei polizeilichen Ermittlungen zu helfen. Das bedeutete eine willkommene Abwechslung für sie, gab ihnen Gelegenheit, mit ihrem fachlichen Können zu glänzen und es in den Dienst einer guten Sache zu stellen. Das einzige Problem bestand darin, sie dazu zu bringen, den Mund zu halten; durch die Bank redeten sie übermäßig viel wie alle, die ein Steckenpferd zu ihrem Beruf gemacht haben. Immerhin lieferten sie die Information, die man von ihnen erwartete.
    Delaney hatte sie alle in seiner Kartei, die sorgfältig seit nunmehr zwanzig Jahren stets ergänzt und auf dem neuesten Stand gehalten wurde. Jetzt sah er die Karten durch, bis er fand, wonach er suchte. Das Stichwort lautete: „Waffen, antike und ausgefallene." Der Name des Mannes war Christopher Langley, Kurator an der Waffen- und Rüstungssammlung des Metropolitan Museum of Art. (Die nächste Karte trug das Stichwort: „Waffen, moderne", und der Fachmann auf diesem Gebiet war ein Colonel a.D. des Marine-Corps.)
    Delaney wählte die Nummer des Metropolitan Museum (sie stand auf der Karte), fragte nach der Waffen- und Rüstungs-Abteilung, und dort nach Christopher Langley.
    „Tut mir leid, Sir", erwiderte eine junge Frauenstimme. „Mr. Langley ist nicht mehr bei uns. Er ist vor etwa drei Jahren in Pension gegangen."
    „Ach, das ist aber sehr bedauerlich. Wissen Sie zufällig, ob er in New York lebt?"
    „Ja, Sir, ich glaube, das tut er."
    „Dann finde ich ihn wohl im Telefonbuch?"
    Einen Augenblick herrschte Schweigen.
    „Hm... nein, Sir. Ich glaube, Mr. Langleys Nummer steht nicht im Buch."
    „Könnten Sie sie mir wohl sagen? Ich bin ein persönlicher Freund von ihm."
    „Tut mir leid, Sir. Aber diese Auskunft dürfen wir leider nicht geben."
    Er war versucht zu sagen: „Ich bin Captain Edward X. Delaney von der New Yorker Polizei, und ich rufe in amtlicher Eigenschaft an." Doch dann besann er sich eines Besseren.
    „Mein Name ist Edward Delaney", sagte er. „Ob Sie wohl so nett sein würden, Mr. Langley anzurufen und ihm zu sagen, daß ich angerufen hätte; wenn er mich dann sprechen will, kann er mich unter folgender Nummer erreichen." Er gab ihr die Telefonnummer des 251. Polizeireviers.

    „Ja, Sir", sagte sie, „das will ich gern tun."
    „Vielen Dank."
    Er legte auf und dachte darüber nach, wieviel Zeit er am Telefon verbringen mußte. Er hoffte, daß Langley zu Hause sei. Er war es: Schon nach fünf Minuten klingelte der Apparat auf Delaneys Schreibtisch.
    „Delaney!" rief Christopher Langley mit einer bemerkenswert jugendlichen Stimme (der Mann mußte auf die

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