Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die erste Todsuende

Die erste Todsuende

Titel: Die erste Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
Vom Netzwerk:
Stelle, wo die Wirbelsäule mit dem Schädel verbunden ist. Das ist die einzige andere Stelle, wo der Tod unverzüglich eintreten würde."
    „Meinen Sie, der Mörder hat eingehende anatomische Kenntnisse besessen?"
    „Nicht die Spur", sagte Ferguson und bedeutete dem Kellner, die leeren Austernteller fortzuräumen. „Ja, wenn es darum ging, die Stelle mit Absicht zu treffen, dann würde dazu schon die Erfahrung eines Chirurgen gehören. Allerdings müßte das Opfer dann auf dem Operationstisch liegen. Kein Mörder, der mit seiner Waffe zuschlägt, könnte hoffen, sie zu treffen. Das war Glückssache. Des Mörders Glück, nicht das Lombards."
    „Ist der Tod sofort eingetreten?" fragte Delaney.
    „So gut wie. Wenn nicht auf der Stelle, dann jedenfalls nach wenigen Sekunden. Zwei, drei Zentimeter weiter nach links oder rechts, und der Mann hätte noch Stunden oder Wochen weiterleben können."
    „So haargenau hat er die Stelle getroffen?"
    „Ich sagte Ihnen schon, daß Schädel und Gehirn des Menschen viel robuster sind, als die meisten Menschen annehmen."
    Das Hammelkotelett, die gegrillten Nieren und der Salat wurden aufgetragen. Nachdem sie sich vom Oberkellner hatten beraten lassen, bestellten sie eine Flasche schweren Burgunder.
    „Um noch mal auf Lombard zurückzukommen", sagte Delaney und machte sich über seine gegrillten Nieren her, „war es wirklich eine kreisrunde Wunde?"
    „Oh, was sind Sie doch gerissen", sagte Ferguson, ohne es indessen böse zu meinen. „Wirklich, ein verdammt schlauer Fuchs. In meinem Gutachten heißt es: Es hat den Anschein, als sei es ein kreisrundes Loch. Ich hatte aber den Eindruck, daß es auch dreieckig sein könnte. Sogar viereckig. Hören Sie, Edward, Sie haben noch nie eine tiefe Kopfwunde mit einer Sonde abgetastet. Glauben Sie etwa, das sei so, als ob Sie eine lange Ahle in Modellierton rammen, sie herausziehen und dann ein schönes, sauberes, vollkommenes Loch haben? Alles andere als das! Der Wundkanal füllt sich. Gehirnmasse dringt ein. Blut. Knochensplitter. Haare, aller mögliche Dreck. Und da erwarten Sie von mir, daß ich... Wie ist die Niere?"
    „Köstlich", sagte Delaney. „Ich bin früher schon mal hiergewesen, aber ich hatte ganz vergessen, wieviel Speck sie einem dazugeben."
    „Das Hammelkotelett ist wunderbar", sagte Ferguson und tauchte die Gabel in sein Schälchen Apfelmus. „Ich genieße es richtig. Was aber die Wunde von Lombard betrifft... Abgesehen von meinem Eindruck, daß das Loch nicht unbedingt kreisrund sein mußte, hatte ich auch noch das Gefühl, daß der Wundkanal kurvenförmig nach unten verlief."

    „Kurvenförmig?"
    „Ja. Wie ein spitzer Kegel, der umsinkt. Verstehen Sie?"
    „Ja. Aber weshalb sind Sie so unsicher, was die Form des Einstichs und des Wundkanals betrifft? Ich weiß, was Sie geschrieben haben — aber wohin gehen Ihre Vermutungen?"
    „Ich könnte mir denken, daß Lombard so wuchtig fiel, daß dem Mörder die Waffe aus der Hand gerissen wurde, dieser sich dann über ihn beugte und sein Werkzeug oder seine Waffe herumdrehte, um sie aus Lombards Schädel rauszuholen. Wenn der Dorn dreieckig oder gar viereckig war, würde das Herumdrehen die Einstichstelle ungefähr rund erscheinen lassen."

    „Was außerdem bedeutet, daß dem Mörder die Waffe wichtig war", sagte Delaney. „Er nahm sich die Zeit, sie wieder an sich zu bringen. Entweder war sie an sich wertvoll, oder aber sie war wichtig, weil sie uns auf die Spur des Mörders geführt hätte. Mörder, die einen Hammer oder ein Stück Rohr oder einen Stein benutzen, tragen gewöhnlich Handschuhe und lassen die Tatwaffe zurück."
    „Fabelhaft!" sagte Dr. Ferguson und trank sein Glas leer. „Ich genieße es, Ihnen zuzuhören, wenn Sie laut denken."
    „Ich bin froh, daß es kein Hammer war", sagte Delaney. „Ich habe ohnehin nie so recht daran gelaubt."
    „Warum nicht?"
    „Ich habe drei Fälle bearbeitet, wo ein Hammer als Tatwaffe benutzt wurde. In zwei Fällen brach der Stiel durch, beim dritten flog der Hammerkopf weg."
    „Dann wissen Sie also, wie hart der menschliche Schädel ist? Und haben mich hier reden lassen!"
    „Das gehört nun mal zu den Spielregeln. Noch was?"
    „Noch was? Nein, nichts. Der Schlag war auf der Stelle tödlich. Falls Sie glauben, der Mörder hätte anatomische Kenntnisse gehabt, muß ich sagen: Nein. Das war ein Glückstreffer."
    „Noch einen Nachtisch?" fragte Delaney.
    „Für mich einen Kaffee, bitte. Vielen Dank."
    „Zwei Kaffee,

Weitere Kostenlose Bücher