Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules

Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules

Titel: Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
für sie.«
    »Sind Sie so besorgt um Mrs Patricia Grace?«
    »Du liebe Zeit, nein. Sie ist eine von den ganz Hartgesottenen!«
    Hercule Poirot fügte milde hinzu:
    »Also handelt es sich um die andere – das junge Mädchen?«
    »Natürlich ist sie auf ihre Art auch hartgesotten«, gab Stoddart zu. »Ich meine, sie hält sich dafür. Aber sie ist in Wirklichkeit nur sehr jung – ein bisschen ausgelassen und all das –, aber im Grunde ist es nur Kinderei. Sie macht mit, weil sie glaubt, dass es schick oder modern oder so etwas ist.«
    Ein leichtes Lächeln umspielte Poirots Lippen. Er sagte leise:
    »Haben Sie dieses junge Mädchen schon vor dem heutigen Abend gekannt?«
    Michael Stoddart nickte. Er sah sehr jung und verlegen aus.
    »Ich habe sie in Mertonshire auf einem Jagdball kennen gelernt. Ihr Vater ist ein pensionierter General Donner und Blitz, schoss sie alle nieder – Pukka Sahib – und all das Zeug. Es sind vier Töchter, und alle sind ein wenig hemmungslos – kein Wunder bei einem solchen Vater. Und die Umgebung, in der sie leben, ist auch nicht gut – Rüstungsindustrie in der Nachbarschaft, viele Parvenüs. Nichts von der früheren Atmosphäre der guten Gesellschaft, die Leute schwimmen in Geld, sind aber zum Teil recht verdorben. Die Mädchen sind in ein schlechtes Fahrwasser geraten.«
    Hercule Poirot blickte ihn eine Weile nachdenklich an, dann meinte er:
    »Ich sehe jetzt, weshalb Sie meine Gesellschaft gewünscht haben. Sie möchten, dass ich die Sache in die Hand nehme?«
    »Würden Sie es tun? Ich habe das Gefühl, dass ich etwas unternehmen sollte, aber ich gestehe, dass ich Sheila Grant wenn möglich vor einem Skandal bewahren möchte.«
    »Ich glaube, das lässt sich machen. Ich möchte die junge Dame gerne sehen.«
    »Kommen Sie mit.«
    Er führte ihn aus dem Zimmer heraus. Eine Stimme rief kläglich aus einer gegenüberliegenden Tür:
    »Doktor – um Himmels willen, Doktor, ich werde verrückt.«
    Stoddart ging in das Zimmer, Poirot folgte ihm. Im Schlafzimmer sah es chaotisch aus, Puder war auf dem Boden ausgestreut, Tiegel und Flakons standen überall herum, Kleider lagen achtlos hingeworfen auf dem Boden. Auf dem Bett lag eine Frau mit blond gefärbten Haaren und einem leeren, lasterhaften Gesicht. Sie rief:
    »Ameisen kriechen mir über den ganzen Körper… Bestimmt. Ich schwöre es. Ich werde wahnsinnig – um Himmels willen, geben Sie mir eine Spritze oder irgendetwas!«
    Dr. Stoddart stand am Bettrand. Sein Ton war berufsmäßig beschwichtigend.
    Hercule Poirot schlich sich aus dem Zimmer. Ihm gegenüber war noch eine Tür. Er öffnete sie.
    Es war ein winziges Zimmer – eine bloße Kammer –, ganz einfach eingerichtet. Auf dem Bett lag regungslos eine zarte, mädchenhafte Gestalt. Hercule Poirot schlich auf Zehenspitzen an den Bettrand und blickte auf das junge Mädchen herab.
    Dunkles Haar, ein längliches, blasses Gesicht – und jung, ja, sehr jung…
    Ein schmaler weißer Streifen schimmerte zwischen ihren Lidern. Ihre Augen öffneten sich, erschreckte, ängstliche Augen. Sie starrte ihn an, setzte sich auf und warf den Kopf zurück in dem Bemühen, die dichte Mähne blauschwarzen Haares zurückzuwerfen. Sie sah aus wie ein verschrecktes Fohlen und wich zurück, wie ein wildes Tier zurückweicht, wenn es einem Fremden misstraut, der ihm Futter reicht.
    Sie begann zu sprechen – und ihre Stimme klang jung, dünn und schroff:
    »Wer zum Teufel sind Sie?«
    »Fürchten Sie sich nicht, Mademoiselle.«
    »Wo ist Dr. Stoddart?«
    In diesem Augenblick kam der junge Mann in das Zimmer – das Mädchen seufzte erleichtert:
    »Oh, da sind Sie. Wer ist das?«
    »Das ist ein Freund von mir, Sheila. Wie fühlen Sie sich jetzt?«
    Das Mädchen klagte:
    »Elend, lausig… Warum habe ich nur das abscheuliche Zeug genommen?«
    Stoddart sagte trocken:
    »Ich würde es an Ihrer Stelle nicht mehr tun.«
    »Ich – ich werde es auch nicht mehr tun.«
    Hercule Poirot schaltete sich ein.
    »Wer hat es Ihnen gegeben?«
    Ihre Augen weiteten sich. Ihre Oberlippe zuckte ein wenig.
    »Es war hier – auf dem Fest. Wir haben es alle probiert. Es – es war zuerst wundervoll.«
    Hercule Poirot forschte sanft:
    »Aber wer hat es hergebracht?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Ich weiß nicht… Vielleicht Tony Hawker. Aber ich weiß wirklich nichts darüber.«
    Poirot fragte weiter:
    »Ist es das erste Mal, dass Sie Kokain genommen haben, Mademoiselle?«
    Sie nickte.
    »Lassen Sie es lieber das letzte

Weitere Kostenlose Bücher