Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules
blickte Poirot Mitleid heischend an. »Aber was soll ich tun, Monsieur Poirot? Was soll ich tun?«
Poirot schüttelte ratlos den Kopf.
General Grant fuhr fort:
»Was ist denn an den Leuten auszusetzen, mit denen sie verkehren?«
Poirot erwiderte mit einer Gegenfrage:
»Ist Ihnen nicht aufgefallen, General Grant, dass irgendeine Ihrer Töchter launenhaft, hektisch, dann wieder deprimiert, reizbar, ungleichmäßig in ihren Stimmungen war?«
»Verflucht noch einmal, Sir, Sie sprechen wie die medizinische Spalte im Blatt der Hausfrau. Nein, ich habe nichts bemerkt.«
»Das ist ein Glück«, meinte Poirot ernst.
»Zum Teufel, was steckt hinter all dem?«
»Rauschgift!«
»Was!«
Er brüllte das Wort heraus.
Poirot fuhr fort:
»Man versucht, Ihre Tochter Sheila zur Kokainschnupferin zu machen. Das geht sehr schnell. Ein bis zwei Wochen genügen. Wenn die Abhängigkeit da ist, wird ein Süchtiger jeden Preis bezahlen und alles tun, um sich das Gift zu verschaffen. Sie können sich vorstellen, was für einen Fang derjenige machen kann, der es vertreibt.«
Er hörte sich schweigend das Toben und die zornigen Flüche an, die aus dem Mund des alten Mannes flossen. Dann, als der Sturm sich gelegt und der General ganz genau beschrieben hatte, was er dem hündischen Sohn einer Hündin tun würde, wenn er ihn erwischen sollte, sagte Poirot:
»Zuerst müssen wir, wie Ihre bewunderungswürdige Mrs Benton sagt, den Hasen fangen. Wenn wir einmal unseren Rauschgiftschieber erwischt haben, werde ich ihn Ihnen mit dem größten Vergnügen ausliefern, General.«
Er stand auf, stolperte über ein reich geschnitztes Tischchen und gewann sein Gleichgewicht, indem er das bandagierte Bein des Generals packte. Er murmelte:
»Ich bitte tausendmal um Entschuldigung; und darf ich Sie bitten – verstehen Sie mich, inständig bitten –, Ihren Töchtern kein Wort von all dem zu sagen.«
»Was? Ich werde die Wahrheit schon aus ihnen herausbringen, seien Sie versichert!«
»Das ist gerade das, was Sie nicht herausbringen werden. Alles, was Sie herausbringen werden, ist eine Lüge.«
»Aber verflucht noch mal, Sie – «
»Ich versichere Ihnen, General, dass Sie den Mund halten müssen. Es ist lebenswichtig – verstehen Sie: lebenswic h tig.«
»Also schön, wie Sie meinen«, brummte der alte Haudegen. Er war besiegt, aber nicht überzeugt.
Poirot tappte vorsichtig durch die indischen Nippsachen hindurch und ging fort.
Mrs Larkins Wohnzimmer war überfüllt. Mrs Larkin selbst mixte an einem Seitentisch Cocktails. Sie war eine große Frau mit kastanienbraunem Haar, das sie in einer Rolle im Nacken trug. Ihre Augen waren graugrün mit großen schwarzen Pupillen. Sie bewegte sich leicht mit einer gewissen melancholischen Grazie. Sie sah aus wie Anfang dreißig, und nur bei genauer Beobachtung sah man die Fältchen an den Augenwinkeln, die darauf schließen ließen, dass sie zehn Jahre älter war.
Hercule Poirot war von einer munteren älteren Dame, einer Freundin von Lady Carmichael, eingeführt worden. Man gab ihm einen Cocktail und bat ihn, einem jungen Mädchen, das in der Fensternische stand, ebenfalls einen zu bringen. Das Mädchen war klein und blond, ihr Gesicht war weiß und rosa und von verdächtiger Engelhaftigkeit. Poirot merkte sofort, dass ihre Augen flink und misstrauisch blickten.
»Auf Ihr Wohl, Mademoiselle.«
Sie nickte und trank. Dann stieß sie hervor:
»Sie kennen meine Schwester, nicht wahr?«
»Ihre Schwester? Sind Sie eine der Grant-Töchter?«
»Ich bin Pam Grant.«
»Und wo ist Ihre Schwester heute?«
»Sie ist auf der Jagd. Sie müsste eigentlich schon zurück sein.«
»Ich habe Ihre Schwester in London getroffen.«
»Ich weiß.«
»Hat sie es Ihnen erzählt?«
Pam Grant nickte. Dann sagte sie abrupt:
»War Sheila in einer Klemme?«
»Also hat sie Ihnen nicht alles erzählt?«
Das junge Mädchen schüttelte den Kopf. Sie fragte: »War Tony Hawker dort?«
Ehe Poirot antworten konnte, öffnete sich die Tür, und Hawker und Sheila Grant kamen herein. Sie waren in Reitkleidern, und Sheila hatte einen Kotspritzer auf der Wange.
»Hallo, wir kommen zu einem Drink. Tonys Feldflasche ist leer.«
Poirot murmelte:
»Lupus in fabula – «
Pam Grant sagte schnippisch: »Ja, Wolf ist der richtige Ausdruck.«
»Steht es so?«, warf Poirot rasch ein.
Beryl Larkin ging auf die beiden zu.
»Da sind Sie ja, Tony. Erzählen Sie mir von der Jagd. Seid ihr durch das Gelert-Wäldchen geritten? Wie
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