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Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules

Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules

Titel: Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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verschlossen wurden, um zu verhindern, dass die Leute zum Speisewagen drängten, um Tee zu verlangen, ehe man Zeit gehabt hatte, den Lunch abzuservieren. Winnie King kam mit den anderen zurück – die Schule hatte drei Abteile reserviert.«
    »Und in den anderen Abteilen des Wagens?«
    Hearn zog sein Notizbuch hervor:
    »Miss Jordan und Miss Butters – zwei alte Jungfern, die in die Schweiz reisten. Nichts Verdächtiges, äußerst achtbar. In Hampshire, wo sie herstammen, sehr gut bekannt. Zwei französische Handelsreisende, einer aus Lyon, einer aus Paris. Beides achtbare ältere Leute. Ein junger Mann, James Elliot, mit seiner Frau. Übrigens ein Prachtweib. Er hat einen schlechten Ruf. Die Polizei verdächtigt ihn, in fragwürdige Transaktionen verwickelt zu sein. Hat aber nie etwas mit Kidnappern zu tun gehabt. Immerhin wurde sein Abteil durchsucht, aber es war nichts in seinem Handgepäck, woraus man schließen könnte, dass er in die Sache verwickelt war. Ich sehe auch nicht ein, wieso er es gewesen sein sollte. Die einzige andere Person war eine amerikanische Dame, eine Mrs Snyder, die nach Paris fuhr. Über sie ist nichts bekannt. Sieht tadellos aus. Das sind alle.«
    Hercule Poirot forschte weiter:
    »Und es ist ganz sicher, dass der Zug nicht stehen blieb, nachdem er Amiens verlassen hatte?«
    »Absolut. Er verlangsamte das Tempo, aber nicht genug, um ein Abspringen – ohne sich schwer zu verletzen – möglich zu machen.«
    Hercule Poirot murmelte:
    »Das ist ja das Interessante an dem Problem. Das Schulmädchen verschwindet plötzlich knapp außerhalb Amiens ins Nichts und taucht knapp außerhalb Amiens aus dem Nichts wieder auf. Wo war sie in der Zwischenzeit?«
    Inspektor Hearn schüttelte den Kopf.
    »So dargestellt klingt es vollkommen verrückt. Oh, übrigens hat man mir gesagt, dass Sie irgendetwas wegen Schuhen gefragt haben. Sie hatte ihre Schuhe an, als sie aufgefunden wurde, aber es waren tatsächlich ein Paar Schuhe auf dem Geleise. Ein Weichensteller hat sie gefunden und mit sich nach Hause genommen, weil sie in gutem Zustand waren. Feste schwarze Laufschuhe.«
    »Ah«, sagte Poirot. Er sah erfreut drein.
    Inspektor Hearn fragte neugierig:
    »Ich verstehe nicht, was Sie mit den Schuhen meinen, Sir. Bedeuten sie etwas?«
    »Sie bestätigen eine Theorie«, erwiderte Hercule Poirot. »Eine Theorie, wie das Zauberkunststück gemacht wurde.«
     
    Miss Popes Institut lag, wie viele ähnliche Internate, in Neuilly. Während Hercule Poirot an seiner ehrbaren Fassade emporblickte, wurde er plötzlich von einer Schar junger Mädchen umringt, die aus dem Tor strömten.
    Er zählte ihrer fünfundzwanzig, alle gleich gekleidet in dunkelblaue Kostüme mit schlecht sitzenden britischen Hüten aus dunkelblauem Samt mit dunkelrotgoldenen Bändern, dem Abzeichen von Miss Popes Schule. Sie waren im Alter von vierzehn bis achtzehn, dick und dünn, blond und braun, graziös und plump. Als letzte kam mit einem der jüngeren Mädchen ein grauhaariges, nervös aussehendes Fräulein dahergetrippelt, von der Poirot annahm, dass es Miss Burshaw sei.
    Poirot sah ihnen eine Weile nach, dann klingelte er und fragte nach Miss Pope.
    Miss Lavinia Pope war ein ganz anderer Typ als ihre Stellvertreterin Miss Burshaw. Miss Pope war eine Persönlichkeit. Miss Pope war ehrfurchtgebietend. Auch wenn sie sich herabließ, mit Eltern liebenswürdig zu sein, trug sie immer jene deutliche Überlegenheit zur Schau, die für eine Institutsvorsteherin ein so wichtiges Aktivum ist.
    Ihr graues Haar war elegant frisiert, ihr Kostüm war streng geschnitten, aber schick. Sie war allgewaltig und allwissend.
    Das Zimmer, in welchem sie Poirot empfing, war das Zimmer einer kultivierten Dame. Es war geschmackvoll möbliert, Blumen standen auf den Tischen sowie gerahmte und signierte Fotografien von Schülerinnen, die in der Welt eine Rolle spielten – viele trugen die Toiletten, in denen sie bei Hof vorgestellt wurden. An den Wänden hingen Reproduktionen von Meisterwerken der Malerei und einige gute Aquarelle. Der ganze Raum glänzte von Sauberkeit. Man spürte, dass kein Stäubchen es gewagt hätte, sich in einem solchen Heiligtum niederzulassen.
    Miss Pope empfing Poirot mit der Sicherheit einer Frau, deren Urteil selten fehlgeht.
    »Monsieur Hercule Poirot? Ich kenne Sie natürlich dem Namen nach. Ich vermute, Sie kommen wegen dieser unseligen Affäre mit Winnie King. Ein höchst unglücklicher Vorfall.«
    Miss Pope sah aber keineswegs

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