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Die ersten Zeitreisen

Die ersten Zeitreisen

Titel: Die ersten Zeitreisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Heinrich und Erik Simon
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Kontaktspezialist und Verantwortlicher
für die Einhaltung der Instruktionen sozusagen
inoffizieller Chef der Zeitreisenden geworden war,
stimmte dem Ethnographen zu. „Wir müssen um jeden
Preis Kontakte, Veränderungen und Mystifikationen
vermeiden. Stellen Sie sich vor, wir begegnen den Schiffen
Kolumbus’, werden gesehen und im Logbuch vermerkt.
Dann wäre die Mystifikation perfekt; ganze Generationen
von Historikern würden sich darüber den
Kopf zerbrechen, wen Kolumbus da mitten auf den Atlantik
getroffen haben könnte! Nicht auszudenken!“
20. Dr. Singh
    sah eine Gelegenheit, dem Meer und der Seekrankheit zu
entfliehen, und schlug vor, die nächsten fünfhundert
Jahre an der Küste des antarktischen Kontinents zu verbringen.
Der Ethnograph unterstützte diesen Vorschlag;
die beiden wurden jedoch von den übrigen Expeditionsmitgliedern
überstimmt, denen es dort zu kalt war.
21. Pieter van Daagen,
    der Kontaktspezialist, machte einen anderen Vorschlag:
„Da die Antarktis ja wirklich völlig undiskutabel ist,
müssen wir eben auf dem Meer bleiben. Wir sollten uns
aber eine möglichst stürmische Ecke des Ozeans aussuchen.
Dort können wir zwar ab und zu gesehen werden,
aber zu Kontakten wird es garantiert nicht kommen. Und
wenn wir dem Universalfahrzeug ein zeitgemäßes Aussehengeben, hält man uns für gewöhnliche Seereisende
und beachtet uns nicht.“
    „Machen wir doch aus dem Fahrzeug eine spanische Karavelle“,
schlug Dr. Mayer vor.
    „Ein holländisches Schiff“, forderte Pieter van Daagen.
    „Dann eben ein holländisches. Schiff bleibt Schiff, und
Fisch bleibt Fisch“, meinte Dr. Mayer gleichgültig.
    Der Kontaktspezialist hielt die Gegend bei der Südspitze
Afrikas für ausreichend stürmisch und daher geeignet.
Apathisch stimmten alle dem Vorschlag zu, und seitdem
kreuzten sie jahrhundertelang am Kap der Guten Hoffnung.
Selten, sehr selten begegneten ihnen Schiffe, deren
Mannschaften aber andere Sorgen hatten, als dem unbekannten
Segler nachzustellen, zumal sie ihm stets nur bei
Sturm begegneten. So hatten die fünf Unsterblichen ihre
Ruhe und warteten auf ihr eigenes Zeitalter, vor Kontakten
und Mystifikationen sicher. Und sie warteten und
warteten, es wuchsen ihnen meterlange Bärte, ihr Gedächtnis
ließ wahrscheinlich allmählich nach; wer weiß,
vielleicht vergaßen sie nach und nach auch, worauf sie
eigentlich warteten, und sogar, wer sie waren, bis sie sich
nur noch an eins erinnerten: Kontakte und Mystifikationen
waren verboten. — Ihre Spur verliert sich zu Beginn
des 19. Jahrhunderts im Strom der Zeit . . .
22. Mystifikationen
    haben sie aber jedenfalls vermieden. Uns, den Zeitgenossen
des fünfundzwanzigsten Jahrhunderts, ist zumindest
keine einzige Sage, Legende oder religiöse Sekte bekannt,
in der ein unsinkbares Schiff mit einer unsterblichen
Besatzung eine Rolle spielt, einer Besatzung, die
beim Kap der Guten Hoffnung kreuzt und verzweifelt
des Tages ihrer Erlösung harrt. [8] Pieter van Daagen, der
Kontaktspezialist, hat ganze Arbeit geleistet.

Die Fünfzehnte und die Sechzehnte
Zeitexpedition
    oder Wer hat die Terrasse von Baalbek gebaut?
1. Eine wichtige Kommission
    wurde gegründet, wie alle wichtigen Kommissionen (die
nützlichen dagegen entstehen). Sie erhielt von einer übergeordneten
Institution den Auftrag, einem drohenden
Morden und Brennen vorzubeugen, das langsam unvermeidlich
wurde, zumindest im übertragenen, rein akademischen
Sinne.
    Die einander gegenüberstehenden Parteien bestanden
vorwiegend aus Historikern, die in die Terrassisten und
die Antiterrassisten zerfielen. Diese Leute hatten allerdings
nichts mit Terror oder Rassismus [9] zu tun, sondern
stritten sich um ein Bauwerk, wobei es jedoch nicht um
den Besitz desselben ging. (Schließlich leben wir nicht
mehr im finsteren zwanzigsten Jahrhundert!) Hier handelte
es sich um grundlegendere Probleme, die die Gründung
besagter Kommission schließlich unerläßlich
machten.
    (Wenn trotzdem von der wichtigen Kommission im folgenden
nicht mehr die Rede sein wird, dann nur, weil sie
mit dem weiteren Verlauf der Ereignisse absolut nichts
zu tun hatte, was aber angesichts der umfangreichen Arbeit
dieser Kommission — es wurden vier Unterkommissionen,
elf Arbeitsgruppen und zwei Koordinationszentralen
gebildet — nebensächlich ist.)
2. Der Streit,
    der in der Tat immer schärfere Formen annahm, war wissenschaftlicher
Natur und drehte sich um die berühmte
Terrasse von Baalbek, genauer: um die Art ihrer

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