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Die ersten Zeitreisen

Die ersten Zeitreisen

Titel: Die ersten Zeitreisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Heinrich und Erik Simon
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Schaulustigsten unter
den Schaulustigen, die Fremdesten unter den Fremden.
    Bald sahen sie ein, daß sie sich besser trennten, wollten
sie sich einen ausreichenden Überblick verschaffen. Jan
beschloß, die Altstadt in Augenschein zu nehmen, Müsli
dagegen wandte sich dem Palast des Königs zu. Er kam
bis zum äußeren Mauerring, und als er die Palastwache
ausfragen wollte, wurde er hereingebeten. Ihm blieb
nichts übrig, als den Forscherdrang über die Zurückhaltungsiegen zu lassen; die Wache war stärker als er. Ein
Gemach mit schmiedeeisernem Fenster wurde sein weiterer
Aufenthalt. Warum? Die Dienstvorschrift der Palastwache
sah die Festnahme aller neugierigen Fremden
vor. Gefangene von besonderer Bedeutung befahl der
Herrscher gewöhnlich zur Audienz, um von seinen
Schreibern das sich ergebende Gespräch aufzeichnen zu
lassen. Dadurch schwoll der Informationsfluß zum Herrscher
von Knossos an; Kreta konnte seine Spione
schließlich nicht überall haben.
34. Müsli
    war solch ein interessanter Fall, da gerade die Zusammenstöße
zwischen der attischen und der kretischen Seekriegsflotte
wieder zunahmen. Der kretische Spion in Piräus
war desertiert, und der König suchte einen neuen.
Warum sollte er nicht einen Bürger von Athen kaufen?
Das kretische Gold war auch in Athen beliebt. So dauerte
es nicht lange, und Kreta hatte wieder einen Spion
namens Hieronymus, freier Bürger von Athen (wie er
sich nannte).
    Nun ja, wir wissen, daß Müsli schlecht nein sagen
konnte, und der Herrscher war bei der Audienz so überaus
freundlich gewesen . . . Jeder von uns, hätte er sich als
Bürger von Athen eingeführt, wäre in kretische Dienste
getreten. Die Wahl zwischen kretischem Gold in der Tasche
und kretischem Eisen am Halse brachte keine Qual.
Ein echter Athener hätte nun wirklich etwas für Kreta
tun müssen, aber was konnte Müsli schon geschehen?
    Er erhielt zwei Begleiter sowie die Erlaubnis, zum Hafen
zu gehen und sich um sein Schiff zu kümmern. Auf dem
Wege dorthin jedoch plagten ihn Gewissensbisse. Hatte
er nicht einen unschuldigen Athener Bürger auf dem Gewissen?
Die Häscher des Königs von Knossos würden
ihn in Athen suchen, bis sie einen fanden, der Ähnlichkeit
mit ihm besaß. Vielleicht würden sie einen bedeutenden
Athener umbringen, womöglich gar den Vorfahren
eines Solon, Perikles oder Sophokles! Auch temporalistischgesehen war das eine Katastrophe. Ein Eingriff in
die Geschichte ohne Beispiel! Das konnte Müsli nicht
zulassen. Er beschloß, alles zuzugeben. Vorher mußte er
jedoch in Sicherheit sein, also mit Jan zusammen an
Bord der Zeitmaschine.
    Eigentlich befriedigte ihn diese Zeitreise außerordentlich.
Keinerlei Hinweise auf Atlantis; auch Jan konnte
schwerlich etwas gefunden haben. Müsli freute sich auf
die Rückkehr in die Zukunft.
35. Jan
    war ebenfalls nicht faul gewesen. Sein Weg hatte ihn ins
Hafenviertel geführt. Eine schützende Bucht barg den
Hafen vor den stürmischen Wogen des Meeres sowie vor
dem Angriff fremder Seekriegsflotten, deren Bekanntschaft
die Kreter des öfteren gemacht hatten, allerdings
ohne nennenswerte Niederlagen. Hingegen hatten sie
selbst Geschmack an der Seeräuberei gefunden und betrieben
sie mit beachtlichem Erfolg. So kam es zu einem
gewissen Hochmut der kretischen Seefahrer und also
auch der sie umgebenden Gewerbe. Die Schenken des
Hafenviertels trugen hochtrabende Namen wie „Zum gerammten
Kraken“, „Des Seehelden Einkehr“, „Siegers
Rasthaus“. So abenteuerlich diese Namen klangen, so
wunderlich waren die Geschichten, die Seeleute dort
aufzutischen pflegten.
    Das alles wußte Jan natürlich nicht, als er in Müslis Auftrag
eine dieser Kneipen betrat, um Erkundigungen
einzuziehen. Er hörte Geschichten, die er auf Anhieb als
Lüge erkannte, und andere, die er mit gutem Gewissen
glauben konnte. Es lag zum Beispiel etwas Vertrauenerweckendes
in dem rührend treuherzigen Gesicht des
dickbäuchigen Mannes am Schanktisch, der jedem, der
ihm zuhören wollte, die Vorzüge der Stadt Knossos
rühmte. Dabei legte er fundierte Kenntnisse über das Gemeinwesen
an den Tag.
    Plötzlich horchte Jan auf. Draußen war eine Prügelei losgegangen,
und der Dicke mit den Schweinsäuglein unterder hohen Stirn rief empört: „In Atlantis wird nicht geprügelt,
hört ihr wohl auf, ihr Schurken!“
    Verblüfft wandte sich Jan nach ihm um, aber der Rufer
hatte sich schon so sehr draußen eingemischt, daß er aus
dem großen Menschenknäuel nicht mehr

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