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Die Erwaehlten

Die Erwaehlten

Titel: Die Erwaehlten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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fliegender Gleiter.“
    Sie nickte und schluckte. „Ich hab gestern mehrere gesehen.“
    „Dess nennt sie jedenfalls so“, sagte Jonathan. „Wobei sich ,fliegender Gleiter‘ für mich irgendwie widersprüchlich anhört. Die mit den Flügeln und die kriechenden gehören aber zur selben Sorte. Sie verändern ihr Aussehen, wusstest du das?“
    „Ja, ich weiß.“ Sie erinnerte sich an den katzenhaften Gleiter, der sie so weit von zu Hause weggelockt hatte, um sich dann in eine Schlange zu verwandeln. Der fliegende Gleiter umkreiste sie langsam, durch seine lederartigen Flügel schimmerte der kalte Mond hindurch. „Der macht mir eine Gänsehaut.“
    „Keine Sorge. Diese Dinger haben noch niemandem was getan.“ Er griff unter sein Hemd und zog eine Kette aus dicken Stahlgliedern hervor. „Und wenn sich der da anders entscheidet, dann werden uns alle neununddreißig Glieder von Hilfeleistung beschützen.“
    Jessica zitterte. „Mich hat gestern ein Gleiter gebissen. Wie immer man das nennt. Hat mich bezüngelt.“
    „Autsch. Bist du in ein Nest getreten oder was?“
    Sie sah Jonathan giftig an. „Nein, ich habe überhaupt nichts Bescheuertes gemacht. Eine Meute von denen hat dem Darkling geholfen, mich zu jagen. Er ist aus dem Gras zu mir hochgeschossen und hat mir diesen Gleiterknutschfleck verpasst.“ Sie zeigte ihm das Mal.
    „Würg. Was für hässliche kleine Biester. Der dort hinten wird uns aber nichts tun, versprochen, Jess.“
    „Hoffentlich nicht.“ Sie schlang ihre Arme um sich. Irgendwie war es hier oben kälter, als ob der angehaltene Wüstenwind aus den Badlands seine Spur hinterlassen hätte. Jessica bedauerte, dass sie kein Sweatshirt mitgenommen hatte.
    Jonathan legte ihr eine Hand auf die Schulter. Die Schwerelosigkeit kehrte zurück, das Gefühl von Sicherheit und Wärme. Ihre Füße lösten sich für einen Moment vom Turm, schwammen wie Kork auf dem Wasser. Sie schauderte noch einmal, aber diesmal nicht vor Kälte.
    „Jessica?“, sagte Jonathan.
    „Nenn mich Jess, habe ich doch gesagt.“
    „Jess!“ Seine Stimme klang irgendwie anders. Er starrte in die andere Richtung, auf die Badlands hinter der Stadt hinaus. Sie folgte seinem Blick.
    Ein Darkling näherte sich.
    Mit dem von der vergangenen Nacht hatte er keine Ähnlichkeit. Er veränderte sich, während er flog, Muskeln spielten, wenn er sich von einer Gestalt in eine andere verwandelte – erst Schlange, dann Tiger, dann Raubvogel, Schuppen und Fell und Federn vermischten sich auf seiner kribbeligen Haut, die gewaltigen Flügelschläge hörten sich wie Flaggen an, die im Wind flatterten.
    Denn er konnte fliegen, und zwar schnell. Er kam direkt auf sie zu.
    Jonathan hatte aber schon viele Darklinge gesehen, erinnerte sich Jessica. Er war unzählige Male in der Midnight draußen gewesen. Er war schneller als die Bösewichte.
    Sie drehte sich um und sah ihm ins Gesicht. Jonathan war die Kinnlade heruntergeklappt.
    Jessica wusste sofort, dass er noch nie einen Darkling wie diesen gesehen hatte.
     

     

raubtiere
    12.00 Uhr Mitternacht
    14
    Mit dem Entsetzen, das sie wie eine Woge überflutete, kamen Jessica einige Bruchstücke ihres Crashkurses vom Vortag in den Sinn.
    „Jonathan, dieser Turm ist doch aus Stahl, oder?“
    Er schüttelte den Kopf. „Er ist nicht sauber. So weit vor der Stadt gibt es nichts Sauberes.“
    „Ach so. Dann müssen wir …“
    „Springen.“
    Sie fassten sich bei den Händen und traten an den Rand des Wasserturms. Jonathan setzte einen Fuß mitten auf das Geländer und zog leicht aufwärts. Sie schwebten hoch, bis sie auf der dünnen Stange unsicheren Halt fanden.
    „Eins, zwei …“
    Obwohl sie fast nichts wog, schwankte Jessica auf ihren Turnschuhen. Sie gab in den Knien nach, als sie sich mit Jonathan langsam vorbeugte, unter sich sahen sie nur den harten Boden.
    „… drei.“
    Sie stießen sich ab, fast waagerecht vom Turm weg. Jessica fiel auf, dass Jonathan genau das vorgehabt hatte. Die karge Landschaft sauste schneller denn je unter ihnen vorbei, ihr Schwung trug sie eher vor- als aufwärts. Sie näherten sich schnell dem Boden.
    „Der Parkplatz da“, sagte Jonathan und deutete mit seiner freien Hand darauf. „Spring weiter, flach und schnell.“
    Der riesige Firmenparkplatz war ein perfekter Landeplatz. Einige lange LKWs standen in der Mitte beieinander, aber sonst war alles frei. Während ihres Landeanflugs wagte Jessica einen Blick über ihre Schulter. Der Darkling verfolgte sie

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