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Die Erwaehlten

Die Erwaehlten

Titel: Die Erwaehlten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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werden.“
    „Das war einfach nur Pech.“
    „Rex hat aber gesagt …“
    „Mach dir nichts aus dem, was Rex sagt“, unterbrach sie Jonathan. „Der ist viel zu paranoid. Er glaubt, niemand sollte die blaue Zeit erforschen, bis sie die ganze Midnighterlehre aus zehntausend Jahren kennen. Das ist so, als ob du dir die komplette Bedienungsanleitung vom Videorecorder durchlesen würdest, bloß weil du einen Film gucken willst. Ich weiß im Übrigen, dass Rex so was tatsächlich tut.“
    „Du hättest den Darkling sehen sollen, der mich angegriffen hat“, sagte Jessica.
    „Ich habe schon Darklinge gesehen. Etliche.“
    „Aber …“
    Jonathan verschwand aus dem Fenster, und Jessica hielt die Luft an. Er war so schnell aus ihrem Blickfeld abgetaucht, so elegant, hatte sich wie ein Sporttaucher rückwärts abrollen lassen. Kurz darauf tauchte sein Kopf mit den Schultern wieder auf.
    Er streckte eine Hand durch das Fenster. „Komm schon. Lass dich von mir entängstigen.“
    Jessica zögerte. Sie betrachtete die dreizehn Reißzwecken, die sie auf Dess’ Anweisung in einer Reihe unter dem Fenster angebracht hatte. Als Jessica sie in die Tür- und Fensterrahmen gepikt hatte, war sie sich unglaublich bescheuert vorgekommen. Reißzwecken sollten sie vor den Mächten des Bösen beschützen?
    Es kam aber nicht darauf an, was sie waren, hatte Dess erklärt, nur wie viele es waren.
    Jonathan folgte ihrem Blick. „Lass mich raten. Du wirst von den übermächtigen Kräften der Büroklammern beschützt?“
    „Äh, nein. Eher von übermächtigen Kräften der Heftzwecken.“ Jessica fühlte, wie sie rot wurde, und hoffte, dass man es im blauen Licht nicht sah.
    Jonathan nickte. „Dess weiß ein paar echt coole Sachen. Ich kenne aber auch ein paar Tricks. Du bist bei mir sicher, versprochen.“
    Er lächelte wieder. Jessica stellte fest, dass ihr Jonathans Lächeln gefiel.
    Außerdem fiel ihr auf, dass sie überhaupt keine Angst mehr hatte. Sie dachte über sein Angebot nach. Er lebte seit über zwei Jahren hier in Bixby und hatte es geschafft, zu überleben und sogar Spaß zu haben. Sicher wusste er über Midnight genauso viel wie Rex oder Dess.
    Und bevor er aufgetaucht war, hatte sie schon Angst gehabt, als sie einfach nur hier in ihrem Zimmer saß. Jetzt fühlte sie sich sicher. Mit einem erfahrenen Midnighter – oder wie er sich sonst nannte – war sie wahrscheinlich sicherer als allein auf sich gestellt.
    Jessica schob Rechtsordnung wieder ganz zusammen und steckte sie ein, dann zog sie ihre Turnschuhe an.
    „Einverstanden, entängstige mich.“
    Sie setzte einen Fuß auf das Fensterbrett und gab Jonathan die Hand.
    Als sich seine Handfläche an ihre schmiegte, blieb Jessica die Luft weg. Sie fühlte sich plötzlich so … leicht im Kopf … leicht im Körper ,als ob sich ihr ganzes Zimmer in einen Aufzug verwandelt hätte, der Richtung Erdgeschoss fuhr.
    „Was …“, hob sie an.
    Jonathan antwortete nicht, er zog Jessica einfach durch das Fenster. Sie schwebte mit Leichtigkeit hoch und durch das Fenster, als ob sie mit Helium gefüllt wäre. Ihre Füße kamen weich auf, federten ein bisschen, bevor sie sich am Boden niederließen.
    „Was ist hier los?“, beendete sie den Satz.
    „Mitternachtsschwerkraft“, antwortete Jonathan.
    „Huch, das ist neu“, sagte sie. „Wieso habe ich nie …“
    Jonathan ließ ihre Hand los, und ihr Gewicht kehrte zurück. Ihre Turnschuhe sanken im weichen Boden ein.
    Jessica griff wieder nach Jonathans Hand. Als sie sie festhielt, kehrte das schwerelose Gefühl zurück.
    „ Du machst das?“, sagte sie.
    Jonathan nickte. „Rex macht die Lehre. Dess macht Zahlen. Melissa macht … ihr Zeug.“ Er sah zu dem Haus auf der anderen Straßenseite hinüber. „Und ich mach das.“
    Er sprang. Jessica wurde wie ein Luftballon, der an einem Fahrrad festgebunden war, hinter ihm hergezogen. Es fühlte sich aber nicht so an, als ob sie gezogen würde. Es fühlte sich nicht einmal so an, als ob sie sich bewegen würden. Die Welt sackte allmählich weg, der Boden floss unter ihnen. Die Straße glitt unten vorbei, erstarrte Blätter streiften sie, das Haus des Nachbarn kam näher wie ein großes, stattliches Schiff.
    „Du … fliegst “,konstatierte Jessica.
    Sie landeten auf dem Nachbardach, immer noch federleicht. Jetzt konnte sie die ganze reglose Straße überblicken, Dächer erstreckten sich in zwei parallel laufenden Reihen in beide Richtungen. Seltsamerweise spürte sie die Höhe

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