Die Erzaehlungen 1900-1906
beßer, unseren wahren
Stand geheym zu halten. Allso gab ich an, sie were mein Ehe-Weib, haben diser maaßen keinerley Hochzeitt begangen, noch leegte Sillah ihren türckischen
Glauben nider. Wofor mich Gott der HErr, in Seiner Gerechtigkeyt, spehter
heymgesuchet, u. schweer bestrafft hat.
Meldte mich in dem Schloße Victoria, bei dem Herrn Gouverneur, nahmens
Hutsert, baht umb Dienste. Diser Herr, nach dem er meine lügenhaffte Berich-
te angehöret, wies mir einen Garten und kleynes Schilff-Häußchen an. Dort
wohnte ich von nun an, mit meiner Indianerinn.
Die erste Zeit war es gut, wir rueten von den Gefehrlichkeyten auß. Ergieng
mir gantz wol, dan die indianische Weiber sind gewohnt, für die Manns-Leute
zu sorgen. Hatte jeden Tag genug zu essen, wann ich gessen hatte, lag ich unter der Hütte, plaagte mich wenig. Die Sillah taht im Garten Arbeit, samlete die Cokkos-Nüße, auch Sagouw u. Negelckens. Wohnten beysammen faßt ein Jar,
in solcher Weise.
Zu jener Zeyt fing es mich an zu gereuhen, daß ich nicht mehr auff meinem
Hoffe, am Taffel-Berge, saß, u. sehnete mich, wider heym zu kommen. Nehm-
lich es fehlte mir wenig, gieng mir gut genug, war aber ohnzufrieden. Bekam
eusserst selten etwas anders zu eßen, als Sagouw u. Pynang, auch gesalzte Fische, verdross mich also diser Speyßen immer mehr. War auch nicht mit Sillah copulieret, machte mir ein schweeren Vorwurff, maaßen selbe eine Gott-lose
Heydinn war.
Nachdem ich öfftere mahle umbsonst versucht, stieg ich im Mertzen 1660,
ohn-vermercket, allein auff ein niederlendisch Schiff, so mit Mosckat-Nüßen
nacher Batavia zurück kehrte. War hertzlich froh, alß wir immer weiter kamen, wünschte der guten Indianerinn Glück und Segen, vermeynete bald wider bey
meinem würcklichen Ehe-Weibe zu seyn. Ich hatte aber in meiner Schwachheit
nicht an Gottes Fürsehung gedacht. In grosser Bälde stürtzeten ungünstige
Winde wider uns, wir konnten die Seegel nicht gebrauchen, warffen bestendig
Ancker auß. Diser maaßen war nach einer Zeyt, kein süsses Waßer mehr in
dem Schiff, kamen in erschröckliche Noth. Viele wurden kranck, winsleten, und klaagten elendiglich. In disen forchtbahren Jammer erblicketen wir ein Insul, warffen Ancker, sezzten eilig ein Boht auß, darinn bey fünfzehn Mann giengen, u. war ich mit dabey. Ruderten mit Macht gegen die Küßte, aber funden selbige steyl, u. gebürgigt, u. keine Hofnung, an das Land zu kommen, maaßen die
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Seestürtzung so entsezzlich war, daß wir beförchteten, daß an denen Felsen
das Bootgen zerbrechen, u. das unterste oben gekehrt werden mögte. Alßbald
sanck unsere Hofnung gäntzlich. Aber eynige von uns, u. auch ich selbsten,
weill wir schwimmen konnten, sprungen über Bort, u. kamen glükklich durch
die Stürtzung auff das Land, nur Einer gieng dabey verlohren. Alßbald lieffen wir zu eim klaaren Bache, lobten GOtt u. trancken ein jeder soviel er konnte.
Darnach wollten wir an den Strand zurükke lauffen, u. denen in dem Bohte zu
ruffen. Da sahen wir, zu unserem grössesten Schrekken, daß kein Boht mehr da war, u. wussten nicht, ob es vom Wind vertriben, oder gantz versunken were.
Rieffen u. schryen mit eusserster Krafft, war umbsonsten. In disem entsezzligen AugenBlikk erschracken wir so sehr, daß wir zu Booden fiehlen, u. gleichsahm ent-seelt da lagen, dann unsere Umbstende waren so armseelig, daß wir nicht
erhoffen konnten, lang zu leben, u. wider in bewohnte Lender zu kommen.
Biß auff disen Tag habe ich niemahls erfahren, wohin unser Boht gekommen
sey, glaube, es sey ertruncken. Wir waren fünff Männer, schryen noch bey zwey Stunden, u. blikkten auff das stürmende Waßer, weyneten laut, u. rieffen umb Hülffe. Beriehten sodann, was wir tuhn söllten, wussten kein Rath, verblyben die Nacht u. einen Tag an dem Orthe, u. weren bald for Hunger gestorben,
dann wir funden nichts zu eßen. Nach diser Zeyt sagte einer, der hieß Köllen, er möge nicht lenger da bleyben, wir sollten mit ihm gehen, umb nicht gar zu verhungern. Ich war bereit, und noch einer, der hieß Karlsen, aber die übrige zwey wolten nicht, vermeynende, daß unser Boht zurük kommen würde. Allso
trenneten wir uns, unter vielen Trehnen, auff das zärtligste, liessen die Beyden an dem Uffer, u. giengen in das Land. Es waren aber steyle, schröckliche Gebürge auf allen Seiten, wir assen Bleter von eim unbekannten Baum, umb
uns zu erkrefften. Darauff fiengen wir an die mühsählige Höhen zu
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