Die Erzaehlungen 1900-1906
funden aber kein Aus-
weeg, oder Rettung, auch waagten wir nicht, in dem ärmlichen Canoa oder
Böötgen weiters auff das Meer zu gehen. Zwei mahl erblikkten wir ein Schiff, da lobten wir Gott, schryen u. winckten, zündten ein grosses Feuer an, war
alles vergeebens. Warffen uns verzweyfflendt auff die Erde, vergoßen heisse
Trehnen, Weh-klaageten. Und alß wir waren eine lange Zeyt dorten gewesen,
so starb der alte Indianer, zu gröstem Schmertze, u. begruben ihn, beden-
ckend, wie das wir alle ihm allein unser Leben schuldig waren. Sezzten auch
ein Ebenhöltzerne Taffel auff das Grab, maaßen in disem Lande viel solche
Höltzer funden werden.
In unserer Noth, dann keiner von uns lenger in diser frembden, u. wilden
Gegend bleyben wolte, stiegen wir nach vielen hertzlichen Gebetten in das
kleyne Canoa, wol wissent, daß wir geringe Hoffnung betten, lebendig über
das Meer zu kommen; wolten es dennoch versuchen, weill sonsten keine andere
Rettung war. Allso begaben uns, in das Schiffgen, nahmen trokkene Fische,
u. Reiß, u. Sagouw zu Eßen mitt, hatten ein kleynes Seegel auff gezogen. So
fuhren wir in das weite Meer hinauß, war aber keine Aussicht, an ein ander
Land zu faren, hofften aber und vermeynten, wir mögten eim anderen Schiff
begeegnen, das uns, in seinem bey sich habenden Boot, abhohlen u. erlösen
dörfte.
Alß wir zwey Tage geseegelt u. gerudert hatten, sahen wir ungeheure, schwart-ze u. braune Wolcken entstehen, welches Waßerziehende Wolcken waren, alß
welche das Waßer auß der See an sich reissen, auch Waßer-Hoose genennet.
Bey disem greuligen Anblikk verlohren wir allen Muht, warffen uns in dem
Bohte nider, klaagten u. rieffen umb Hülffe. Und Gott erbarmete sich, in Seiner Gnaade, u. sendete ein engellendisches Schiff. Jedoch kaum hatten wir
dises Werckzeug Seiner Barmhertzigkeyt entdekkt, da fihl eine Wolcke auff
uns, mit einem ohnbeschreyblichen Sturm, u. Getöse, so daß das Canoa umb-
her gewirblet, u. zu underst gekerrt, u. gantz in kleyne Stükke geschlagen u.
zertrümmert ward. Und ich hörete meinen Freundt Köllen laut ruffen, Jezzt
sey GOtt uns gnädig, wir sind alle des Todes!
In solcher, eusserster Angst, u. Todesgefahr, sezzte das frembde Schiff ein
Ruder-Booth hinauß, mit fünff Männern, die erretteten uns mit Gefahr des
eygenen Leibes, aber nur mich u. den Köllen. Der dritte, nahmens Karlsen, war schon ertruncken, u. war die WellenStürtzung so gross, daß wir nichts mehr
von ihm sehen konnten. Wir beyde waren völlig erschöpfft, wurden auff das
Schiff transportiert, welches ein engellendisches Fluyt-Schiff war. Danckten disen Leuten von Hertzen, knyeten nider, lobten Gott. Sofort wurden wir in
ein Bette gebracht, bekamen Wein u. Artzneyen, u. am nächsten Tag war ich
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wider gantz bey Krefften gekommen. Da gieng ich auff dem engellendischen
Schiff herumb. Aber plözzlich erschrakk ich auff das hefftigste, dan bey denen Passagiren erblikkte ich meine Sillah, welche ich vordem auff Amboina treu-looß verlaßen hatte. Sie erkannte mich aber nicht wider, maaßen mein Bahrt
biß an den Gürttel hieng, auch war mein Gesicht schwartz u. wild geworden, u.
hette mich, wie auch meinen Kameraden, Niemand for ein Christen-Menschen
angesehen. Verhielt mich allso gantz stille, versteckte mich vor ihr.
Seyne Mayestet der König von Engelland war aber zu diser Zeyt nicht im
Frieden mit denen Niederlendern, diser maaßen konnte das Schiff nicht in
Batavia zu Haven gehen. Ich erzehlete dem Haubtmann alles, was uns wi-
derfahren, u. ergangen war, u. fihlen alle, auch eynige fürneme Persohnen, in ein nicht geringes Erstaunen, auch Mittleiden, alß sie dis alles erfuhren. Da bat ich den Haubtmann gantz hertzlich, nemet mich biß nach dem Cap mitt,
wo meine Heimath ist, erboht auch freywillig meine Dienste. Diser gute Herr
gab mir Erlaubniß, schikkte mich allso gleich in eine Kammer, befal mich zu
scheeren, u. wider in etwas zu einem Menschen, wie zuvor, zu machen. Danach
hatte ich lengst Verlangen gehabt, gehorchte dennoch wider-willig, dann ich
fürchtete, daß mich alsdann die Sillah wieder kennen werd. Hatte große Furcht vor diesem indianischen Mähdgen. Gehorchte aber, u. sie kannte mich nicht,
dann mein Eusseres sich so sehr verwechslet hatte.
Auff diser grossen, u. überauß gefehrlichen Reisse, geschah uns noch viel
Widerwertigkeyt u. Unglükk, was ich verschweygen will, maaßen schon so lang, u. vielerley berichtet, u. geschriben habe,
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