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Die Erzaehlungen 1900-1906

Die Erzaehlungen 1900-1906

Titel: Die Erzaehlungen 1900-1906 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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damit ich mehr alß genug getahn.
    Kamen endlich an das Cap, u. ich sahe den TaffelBerg nach so langer Zeyt
    wider, weynte hefftig, wußte auch nicht, ob mein Weib, u. meine Freundte
    noch bey Leben seyen, zitterte sehr. Nam mit vielem Danksagen Abschiedt,
    küsste u. umarmbte den guten Köllen, in großer Treue u. Schmertz. Dann
    gieng ich auff das Land, war fünff Jahre fort gewesen. In der Statt kannte mich Niemand, war da eine grosse Strasse neu erbaut, viele andere Verwechslungen, u. Neuigkeyten nicht zu rechnen. Ich lieff durch die Statt, u. alle Gassen,
    alß were ich ein Frembder, u. hette selbe noch nie erblikkt. Darnach gieng
    ich auff das Feldt, auff der selbigen Strasse, darauff vor fünff Jaren ich war hinweg gefüret, weinte von großer Freude, u. Bangigkeyt. Da sah ich, daß
    meine Lendereyen u. Besizz in beßten Stand waren, auch Wein u. Maiß, u.
    sehnete mich von Hertzen, dises wider zu besizzen, auch mein theures Weib
    wider zu sehen, u. an mein Busem zu drükken.
    Nach einiger Zeyt erreichte ich mein Hauß, musste still stehen, vor Angst
    und Zittern. Da hörete ich viele, klähgliche u. jämmerliche Töne, Weinen,
    u. Geschrey, in dem Hauße, wusste nicht, was es sey. In dem ich noch allso
    stand, u. mich nicht getrauete, gieng auff einmal das Tohr auff, u. trat mein Weib herauß, weinte hefftig, sahe mich aber nicht. Da gieng ich zu ihr hin,
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    u. strekkte meine Hand hin. Da rieff sie, wer bistu? Ich sagte, siehe mich
    an, ich bin dein Gemal, u. bin fünff Jar auff Reissen gewesen! Da kennte sie mich auch, u. erschröckte sich. Fragte ich, Weib warum weinstu so, u. bist
    traurig? Sie hieß mich aber schweygen, füret mich in das Hauß, fürete mich
    aber nicht in die Stuben, sondern in ein Magazin, auf dem oberen Booden.
    Da verschloß sie die Tühre auff das sorgfeltigste, befal mir, daß ich alle meine gehabte Begegniße treulich, u. wahrhafftig erzehlete. Ich erzehlete ihr alles, nur daß ich, auß mehren guten Ursachen, nichts von der Sillah aussagte, noch von dem Opium. Sie sagte, warum hastu mir nicht geschrieben? Hernacher
    weinte sie wieder auff’s Neue, sagte, höre mich an!
    Da erzehlte sie mir alles, was geschehen war. Sie hatte aber zwey Jar auff
    mich geharret, in guter Treue, alßdann hatte sie ein andren Mann genommen.
    Der selbige hiess nahmens Ehlers, dem gehörte nun mein Weib, u. Hoff u.
    Guth, u. alles, was zu vorigen Zeyten, war mein Eygenthum gewesen. Aber
    jezzt lag diser Hr. Ehlers im Sterben, darum hatte die Frau so laut geklaagt, u. geschluchtzet. Sie sagte, bleybe hier verstekkt, biß er gestorben ist. Und ich blieb in dem Magazin verborgen, fünff Tage u. Nächte, in grosser Bedrengniß
    u. Jammer; lobete aber den HErrn in meinem Hertzen, vor Seine wunderbahr-
    liche, gnädige Führungen, dankete ihm mit grossem Fleisse. Da nam ER bald
    den Hrn. Ehlers zu sich, in Seine Himmlische Wohnungen.
    Hernacher gieng ich mit Sorgfalt auß diser schlechten Kammer hervor, zog
    ein schönes Kleidt an, war wider gäntzlich ein EheMann, u. reicher Herr,
    worden, hertzete mein frommes Weib mit Freuden, tröhstete sie, in ihrem
    Kummer. Fihl herentgegen niemahlen in die vorige Laßter zurükk, als Hoch-
    Muth, u. wüßte Völlerey, lebte in guten Züchten. Darinnen helffe mir GOtt
    fürders in Seiner ohn-erschöpfflichen Gnaade. Amen. HErr hilff, o HErr, lass wol gelingen! Amen.
    (1905)
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    Der Schlossergeselle
    Ich war damals zwischen sechzehn und siebzehn Jahre alt. Als ich mit meinem
    ersten Lehrjahr in der mechanischen Werkstätte fertig war, trat ein neuer
    Geselle namens Zbinden bei uns ein. Er war auf der Wanderschaft und nahm,
    obwohl es im schönsten Frühling war, die Arbeit, die unser Meister ihm bot,
    willig an.
    Als er mit dem Handwerksgruß hereintrat, fiel uns gleich seine Haltung auf.
    Sie gefiel uns nicht. Die Schlosser und gar die Maschinenbauer verleugneten
    damals auf Wanderschaft selten den Stolz ihrer Zunft; sie zeigten gern im
    Auftreten etwas Schneidiges, auch Schnoddriges, wußten auch zu reden und
    sich hinzustellen. Dieser aber kam herein wie ein armer Sünder, sagte kein
    Wort als den alten Handwerksgruß
    Fremder Schlosser spricht um Arbeit
    zu
    und blickte nur den Meister an, ohne uns Kollegen auch nur zuzunicken.
    Und als er eingestellt wurde, ging er gleich in der ersten Viertelstunde ins Geschirr, noch ehe ihm ein Imbiß angeboten worden war. Wie gesagt, er gefiel uns nicht.
    Er hieß Zbinden und stammte, glaube ich, aus dem Solothurnischen,

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