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Die Erzaehlungen 1900-1906

Die Erzaehlungen 1900-1906

Titel: Die Erzaehlungen 1900-1906 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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mitt denen Schiffsleuten, u. war gantz ohn-verzagt. Wie dann ein Jeder guter Seemann, auch wann selbiger lange zu lande war, stäts auff’s Neue voll Freude, u. Courage ist, so bald er das feßte Land verleßt, u. wider über Waßer seegelt. Wann ich alles wolte erzehlen, was mir unter Wegs zugestossen, u. erlebt habe, könnte ich leicht kein Ende finden. Will aber nur in größter Kürtze auffzehlen.
    Alß wir den 39. oder 40. Grad süder Poli erreicht hatten, fiengen gefehrliche West-Winde an zu wehen. Die Lufft war kalt, u. voll tunckler Wolcken; offt genug stürtzete Haagel auff uns, auch Schnee; doch war der Wind uns günstig, da wir nacher Ost-Indien wolten. Wir furen erschröcklich schnelle, wol 45 Meylen am Tag, bey 14 Tage. Da fihl ein grausahmer Wind, gleich wie vom Himmel,
    über unser Schiff, welchen man Orcan nennt, u. flog zu Erst rundumb den
    Compass her. Konnte keiner den andern mehr erhören, wurden alle elend und
    schryen, wir versincken! Betteten mit sonderbahrem Eyfer, HErr, HErr, hilff
    uns! u. waren durchauß verzweyflet, biß die lengst erwünschte MorgenStunde
    an brach. Da fasseten wir einigen beßeren Muth, u. der Sturm lies nach. Aber Viele von uns wurden kranck, hatten grosse Hizze, u. Tob-Sucht, u. beyde
    Wundtärtzte waren bestendig am Werck. Dalag auch ich armer Sünder, in
    grossen Ängsten, meynte zu sterben. Da wolte ich in mich gehen, seuffzete u.
    fieng an zu betten. Gott seegnete aber die Artzeneymittel, so mir oben bemeldter Mr. Schultz dargereicht, u. genaß nach 6 Tagen, war auch sogleich wider
    frölig, u. vergass alles. Aber ein reicher Kauffmann-Sohn war auch tobsüchtig, diser stürtzte sich in das Waßer, wurde ämsig nach geforscht, u. blyb aber
    verlohren.
    Unter dessen geriethen wir in die Süd-Ost-Winde, u. konnten nicht in das
    erwüntschte Batavia kommen, trieben umbher. Kamen in den SeeBusem Sille-
    bar, auff Sumatra. Aber ich kann nicht auffzehlen, was dort geschah, will nur erwehnen, daß die Indianer, deren etliche Orankay hiessen, betriegerisch u.
    treulos gewesen. Daselbst wachsen Indianische Nüsse, Feygen, Pomerantzen,
    u. dergleichen, bekamen aber nichts, denn nur ein wenig süß Waßer, u. die Indianer erschlugen uns zwey gute Dollmetscher, die waren um Milch, u. Eyer,
    auff den Marckt geschikkt. Darauff geriethen wir immer wider in widerwertige Winde, mussten bißweylen 7mahl im Tage Ancker werffen, u. war schon im
    September.
    Aber endlich kamen wir am 5. Octobris, in dem weitberühmten Batavia an.
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    Dorten kam sogleich der Herr Fiscal auff das Schiff, ob wir frembde Wahren
    darauff verborgen hätten. Und kamen viele heydnische Sineser, von denen
    viel in Batavia wohnen, kaufften Wahren, brachten KlapperNüße, Citronen,
    Feygen, u. ich lag abermahls drei Tage kranck, von zuvilen Eßen. Dann mußten wir das Schiff ausladen, u. solte dasselbe sogleich nach dem Mußkaten-Lande, Banda, seegeln. War auch schon alles bereit, ich wollte aber in dem herrlichen Batavia bleyben, bekam mein Geldt, u. nam abschiedt. Da kam ein Schiffs-Herr, mußte nacher Holland retour fahren, u. wollte mich in Dienst. Da konnte ich heymkeeren, u. zu meinem Weibe gehen, war aber verstokt, u. mogte
    nicht, schien mir hergegen die Statt Batavia über maaßen köstlich zu seyn, u.
    beschloss da zu bleyben.
    Vorauß erstauneten mich die obgemeldten Sinesen. Selbige tragen das Haar
    unmenschlich lang, was ein alter Gebrauch bey disem HeydenVolk ist. Und
    wann einer sein Haar abschneydet, der verfallt in solchen Hass bey den Sinesen, daß ihm von keinem einige Liebe erwiesen wird. Auch siehet man sie ohne
    Unterlaß spiehlen u. doppeln, u. verspiehlt mancher, in kurtzer Zeit, Hab u.
    Guth, Schlaven u. Schlavinnen, ja selbst Weib, u. Kinder, welche der andere zu Schlaven macht, oder die Schönste zur Beyschläfferinn behält. Rauffen sich die Barthaare auß, daß wer sie zu erst erblikkt, meynt er, sie seyen Weibsbilder, wodurch auch viel geyle Schiffsleute sind betrogen worden. Sie begraben ihre Todten an einem besondren Orthe vor der Statt, in gewelbten Mauren, wobei
    sie ungemeyn viel köstliches Eßen, Gewürtze, nebst bemahltem Papir dem
    Teuffel auffopfern.
    Gantz anders sind die Indianer beschaffen, von welchen offtmahlen einige
    gemartert, u. von unten auff geredert werden; dann sie geniessen soviel Opium (ein gefehrliches Gewürtz), biß sie gantz rasend werden. Alsdann lauffen sie dorch die Gassen, u. schreyen Amockk, daß bedeutet, daß sie jeglichen umbringen wöllen, der

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