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Die Erzaehlungen 1900-1906

Die Erzaehlungen 1900-1906

Titel: Die Erzaehlungen 1900-1906 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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in Ihre
    Geschäfte. Als Mitglied der Zunft nun würde ich nicht nur auf die Gebühren
    verzichten, die ich für die kleine Arbeit der Verwaltung anzusprechen habe; ich würde auch den etwas altmodischen Gang Ihrer Geschäfte zu verbessern wissen
    und die Rentabilität Ihrer Kapitalien bedeutend erhöhen können. Überhaupt,
    da ich in der letzten Zeit das Vergnügen hatte, Sie näher kennenzulernen und in einen so freundschaftlichen Umgang mit Ihnen zu kommen, wäre es mir eine
    Freude, auch Ihrer Zunft mit anzugehören, und ich darf doch wohl hoffen, daß mein Aufnahmegesuch Ihre Befürwortung fände?
    Gewiß , antwortete Dreiß nachdenklich,
    aber Sie werden ja wohl wissen,
    welches die Vorbedingungen einer Aufnahme sind. Meines Wissens sind Sie
    mit keiner von den zunftberechtigten Familien nahe genug verwandt.
    Das weiß ich , gab Trefz ohne weiteres zu.
    Aber immerhin ist meine
    Mutter eine Rothfuß und mit den Dreißen Ihres Stammes vervettert. Und
    außerdem weiß ich, daß im Laufe der Jahrhunderte zweimal die Zunftmit-
    gliedschaft an Nichtberechtigte verliehen worden ist. Einmal sogar an einen
    Auswärtigen, der sich das Bürgerrecht nur erkauft hatte. Sie können doch
    nicht im Ernst eines Zufalls wegen Ihre ganze Zunft eingehen lassen.
    Das haben wir auch nicht im Sinn. Zunächst sind wir noch drei lebende
    Mitglieder, mit deren Absterben es ja nicht so sehr pressiert. Und schließ-
    lich wäre das Aufhören der Zunft gar kein so großes Unglück. Einen rechten
    Sinn hat sie doch schon lange nicht mehr, und bei ihrer Auflösung ginge ihr
    Vermögen an die Stadt über, die es schon brauchen könnte. Wir zahlen Steuern genug, da würde eine kleine Aufbesserung nichts schaden.
    Das konnte Trefz als Mitglied des Gemeinderats nicht leugnen. Er wieder-
    holte nur, wie schade es wäre, wenn man eine so alte und schöne Institution
    müßte erlöschen sehen, und bat, den andern seinen Antrag um Aufnahme zu
    überbringen.
    Darauf nun hatte Dreiß schon lange gewartet. Er versprach eine schnelle
    Antwort und freute sich, diesen Philister in seinen Händen zu wissen und
    ihm einen Denkzettel zu geben. Denn als Philister erschien ihm der Notar,
    obwohl Dreiß selber kein kleinerer war. Er hatte als bequemer Junggeselle
    eine Abneigung gegen alle Streber und Umtriebler, es war jedoch nur seine
    Trägheit und seine Lust am Witzemachen, die ihn seine tüchtigeren Mitbürger
    als Philister verachten ließ. In den Jahren seiner Zugehörigkeit zur Zunft hatte er dort das große Wort geführt und sich namentlich als Veranstalter des
    jährlichen Fastnachtsfestes hervorgetan, und da ihn sonst keine Arbeit oder
    Sorge beschäftigte, war ihm das Spaßmachen allmählich zum Beruf geworden.
    Nun war in der Zunft eine lange Weile nichts richtig Lustiges mehr passiert, 469
    und Dreiß begrüßte diesen Anlaß zu einem Narrenstreich mit Freuden. Gleich
    allen Müßiggängern und unernsten Menschen war ihm nichts willkommener,
    als gelegentlich einen andern von sich abhängig zu sehen und seine zufällige Macht zu mißbrauchen. So berief er alsbald eine Zunftsitzung ein, die er im
    Einverständnis mit den gleichgültigen Mitgliedern zu einem schönen, festlichen Abendessen gestaltete. Von einem Kellner sorgfältig bedient, unter demütiger Leitung des Hirschwirtes, saßen die drei nichtsnutzigen Junggesellen an dem
    zehnmal zu großen Zunfttische beisammen, aßen, was ihnen gut schien, und
    tranken Rotwein dazu, hatten die alten silbernen Becher der Väter vor sich
    stehen und kamen sich drollig und wichtig vor. In einer lustigen Rede erzählte Dreiß von dem Anliegen des Dr. Trefz, worüber wenig Verwunderung entstand, da ähnliche Gesuche nicht eben selten an sie gelangten. Statt jedoch
    den Antragsteller einfach und sachlich abzuweisen, beschloß Dreiß ihn erst
    ein wenig zum besten zu halten, und der Maler Lautenschlager gab ihm vor-
    treffliche Ratschläge dazu. Und so erhielt denn nach einigen Tagen der Notar ein feierliches Schreiben von der Färberzunft, worin er bedeutet wurde, sein Anliegen schriftlich mit ausführlicher Begründung und unter Beifügung eines
    übersichtlichen Stammbaumes zu wiederholen. Die Aufforderung war übrigens
    so höflich abgefaßt, daß der Notar trotz einer leisen Witterung des Gegenteils sie ernstnahm und mit der Herstellung einer schönen Kopie seines Stammbaumes viele fleißige Abendstunden hinbrachte.
    Diesen Stammbaum samt einem langen Schreiben ließ er dem ehrenwerten
    Vorstande der

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