Die Erzaehlungen 1900-1906
eine Idee oder Maxime (wie z. B. bei
Innen und außen
oder
Der
Waldmensch ), zuweilen aber auch Denkwürdigkeiten, die Hesse der Pres-
se entnommen hat (wie z. B. bei
Der Wolf
oder
Pater Matthias ) in eine
Handlung kleiden. Fast ebenso umfangreich ist die Gruppe der zumeist von ei-
nem IchErzähler vorgetragenen Begebenheiten, welche authentische Erlebnisse
aus den unterschiedlichsten Lebensabschnitten des Verfassers schildern (u. a.
Eine Billardgeschichte ,
Autorenabend ,
Haus zum Frieden ,
Kamin-
fegerchen ). Einer vierten Gruppe liegen zwar auch reale Anlässe und Er-
fahrungen zugrunde, doch wurden sie fiktional verfremdet, intensiviert oder
dramatisch zugespitzt (wie in
Wenkenhof ,
Taedium vitae ,
Heumond ,
Klein und Wagner ). Weniger umfangreich ist der Typus jener Erzählungen,
die kulturgeschichtliche oder literarische Themen zum Leben erwecken (wie
u. a.
Casanovas Bekehrung ,
Aus dem Briefwechsel eines Dichters ,
Im
Presselschen Gartenhaus ). Der letzte und kleinste Themenkreis reaktiviert
Episoden, die Hesse von seinen ersten Italienreisen mitgebracht hat (wie
Der
lustige Florentiner ,
Der Erzähler ).
Seine frühen Erzählbücher Diesseits (1907), Nachbarn (1908) und Umwege
(1912) erreichten bis 1921 zahlreiche Auflagen Diesseits: 28, Nachbarn: 16,
Umwege: 18. Danach verzichtete der Autor lange Zeit auf weitere Neuaufla-
gen und unterzog die Erzählungen einer Überarbeitung, die vorwiegend aus
Kürzungen bestand, um sie 1930 und 1933 in zwei definitiven Sammelbänden
Diesseits und Kleine Welt in die Reihe seiner
Gesammelten Werke in Einzel-
ausgaben
einbeziehen zu können. Für diese revidierten Ausgaben entfernte
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er die Erzählungen
Karl Eugen Eiselein
und
Garibaldi
(aus Nachbarn)
sowie
Pater Matthias
(aus Umwege), die künftig zu Hesses Lebzeiten nie
mehr erschienen. Statt dessen wurden in die definitive Ausgabe von Dies-
seits die Erzählung
Robert Aghion
und in die Sammlung Kleine Welt die
Erzählungen
Schön ist die Jugend
und
Der Zyklon
aufgenommen. 1935
folgte in der Reihe der Gesammelten Werke in Einzelausgaben u. d. T. Fabu-
lierbuch noch ein weiterer Band mit zumeist frühen, dort erstmals in Buchform zusammengefaßten Erzählungen, Märchen und Legenden aus den Jahren 1903
bis 1926.
Durch den chronologischen Abdruck, der auch die von Hesse nicht publi-
zierten und die nur in Zeitungen und Zeitungen veröffentlichten Erzählungen
einbezieht, ergeben sich in der Abfolge der Texte Veränderungen gegenüber
der Anordnung, wie der Autor selbst sie in den Bänden Diesseits, Nachbarn
und Umwege vorgenommen hat. Sie wurden von ihm nicht streng chronolo-
gisch, sondern eher nach thematischen Kriterien angeordnet. Diesseits enthält Erzählungen, worin mehr oder weniger verfremdet authentische Erlebnisse aus
seiner Jugend geschildert werden, Begebenheiten also, die
diesseits
des Er-
wachsenenalters liegen. In Nachbarn dagegen tritt das autobiographische Ele-
ment zurück, indem fast ausschließlich Schicksale und Charaktere aus seiner
Heimatstadt dargestellt werden. Das gilt auch für die späteren Erzählungen,
die Hesse 1912 in dem Sammelband Umwege aufgenommen hat. Diese Tren-
nung von jugendlichen Selbstportraits und Fremdportraits hat Hesse auch
später nach der Revision seiner Erzählungen für die erweiterten Ausgaben
von Diesseits (1930) und Kleine Welt (1933) in etwa beibehalten.
Unsere Gesamtausgabe bringt die von Hesse bearbeiteten Texte in der von
ihm revidierten Version, die von ihm weggelassenen im Wortlaut ihrer ersten
Buchfassung. Bei Erzählungen, die der Autor nicht in seine Bücher aufgenom-
men hat, war die Entscheidung schwieriger, da eine ganze Reihe der nur in
Zeitungen und Zeitschriften veröffentlichten Geschichten von ihm mehrfach
und unter teilweise leicht voneinander abweichenden Titeln bearbeitet wurde.
Hier galt es unter den vom Verfasser autorisierten Varianten die prägnanteste Version herauszufinden und die zahlreichen, von den Redaktionen willkürlich
gekürzten oder mit eigenen Titeln versehenen Nachdrucke auszusondern. Es
gibt Erzählungen, die zu Hesses Lebzeiten unter verschiedenen Titeln bis zu
dreißigmal in deutschen, schweizerischen, Wiener und Prager Blättern nach-
gedruckt wurden und auf deren Redaktion, Publikationszeitpunkt und -ort
der Autor besonders dann keinen Einfluß mehr hatte, wenn ihr Vertrieb von
einer der literarischen Agenturen wie z. B.
Vierzehn
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