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Die Erzaehlungen 1900-1906

Die Erzaehlungen 1900-1906

Titel: Die Erzaehlungen 1900-1906 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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ihre Art, sich gleichsam
    wegzuwerfen, war so, daß ich mich schämte, darauf einzugehen. Und wie hätte
    ich dann noch mit Hans reden sollen?
    Als ich nach Hause kam, hatte Hans auf mich gewartet und zog mich gleich
    in sein Stüblein. Was er mir sagte, war alles ziemlich klar und verständlich, verwirrte mich aber trotzdem. Er war so von Salome besessen, daß von der armen Berta kaum mehr die Rede war. Immerhin sah er ein, daß er nicht länger
    Gast im Hause sein dürfe, und kündigte auf den Nachmittag seine Abreise
    an. Das war deutlich und begreiflich und ich konnte nichts dagegen sagen;
    nur nahm ich ihm das Versprechen ab, ehrlich mit Berta zu reden, ehe er
    ausreiße. Nun kam aber die Hauptsache. Da Hans vor unklaren und zweideu-
    tigen Verhältnissen seiner ganzen Natur nach einen Abscheu hatte, wollte er
    sogleich die Salome sich sichern und ihr Wort oder das ihres Pflegevaters mitnehmen, da er ohnehin sonst kaum eine Erlaubnis haben werde, unser Nest
    wieder aufzusuchen.
    Vergeblich riet ich ihm, abzuwarten. Er war heillos aufgeregt und erst später fiel mir ein, daß wahrscheinlich sein empfindliches Ehrgefühl darauf bestand, aus der für ihn nicht eben ehrenvollen Verwicklung irgendwie als Sieger her-vorzugehen und seine bis jetzt doch nicht schuldlose Leidenschaft durch eine entschiedene Haltung vor sich selber und vor den Leuten zu rechtfertigen.
    Ich gab mir alle Mühe, ihn umzustimmen. Ich machte sogar die von mir
    selber geliebte Salome schlecht, indem ich andeutete, ihre Leidenschaft für
    ihn sei wohl nicht echt und nur eine kleine Eitelkeit gewesen, über die sie
    vielleicht schon wieder lache.
    Es war umsonst, er hörte kaum zu. Und dann bat er mich flehentlich, mit
    ihm in die Oberförsterei zu gehen. Er selber war schon im Gehrock. Mir war
    sonderbar genug dabei zumute. Ich sollte ihm nun das Mädchen freien helfen,
    in die ich selber seit so und so viel Semestern, wenn schon hoffnungslos, verliebt war.
    Es gab keinen kleinen Kampf. Aber schließlich gab ich nach, denn Hans war
    von einem so ungewohnten, leidenschaftlichen Geist beseelt, als regiere ihn
    irgendein Dämon, dem nicht zu widerstehen war.
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    Also zog auch ich den schwarzen Rock an und ging mit Hans Amstein ins
    Haus des Oberförsters. Der Gang war für uns beide eine Qual, dabei war es
    höllisch heiß, es ging gegen Mittag, und ich konnte im zugeknöpften Staatsrock kaum mehr Luft bekommen. Meine Aufgabe war, vor allem den Oberförster
    festzuhalten und Hans eine Unterredung mit Salome zu ermöglichen.
    Die Magd führte uns in die schöne Besucherstube; der Oberförster und
    seine Tochter kamen gleichzeitig herein, und bald ging ich mit dem Alten ins Nebenzimmer, um mir ein paar Jagdflinten zeigen zu lassen. Die beiden andern blieben allein im Besuchszimmer zurück.
    Der Oberförster war auf seine feine ruhige Art freundlich gegen mich, und
    ich besah jede Flinte so umständlich als möglich. Doch war mir gar nicht wohl dabei, denn ich hatte beständig ein Ohr auf das Nebenzimmer gespitzt, und
    was ich dort vernahm, war nicht geeignet, mich zu beruhigen.
    Die anfänglich halblaute Unterhaltung der beiden war bald zu einem Flüst-
    ern geworden, das eine gute Weile dauerte, dann wurden einzelne Ausrufe
    hörbar, und plötzlich, nachdem ich minutenlang in peinlicher Bangigkeit ge-
    horcht und Komödie gespielt hatte, vernahm ich, und leider auch der Oberför-
    ster, Hans Amsteins Stimme aufgeregt und mit einem überlauten, fast schrei-
    enden Ton.
    Was gibt’s denn? rief der Oberförster und riß die Tür auf. Salome war auf-
    gestanden und sagte ruhig: Herr Amstein hat mich mit einem Antrag beehrt,
    Papa. Ich glaubte ihn ablehnen zu müssen – –
    Hans war außer sich.
    Daß du dich nicht schämst! rief er heftig. Erst hast du mich fast mit Gewalt von der andern weggezogen und jetzt – –
    Der Oberförster unterbrach ihn. Sehr kühl und ein wenig hochmütig bat er
    um Erklärung der Szene. Da nun Hans nach längerem Schweigen mit mühsam
    gedämpfter, vor Zorn und Aufregung keuchender Stimme zu berichten anfing,
    sich verwirrte und ins Stocken geriet, glaubte ich eingreifen zu müssen und
    habe damit wahrscheinlich die ganze Sache vollends verdorben.
    Ich bat den Oberförster um eine kurze Unterredung und erzählte ihm al-
    les, was ich wußte. Ich verschwieg keine von den kleinen Künsten, mit denen
    Salome meinen Freund an sich gezogen hatte. Ich verschwieg auch nicht, was
    ich in der Nacht gesehen hatte. Der alte Herr

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