»Die Essensfälscher«. Was uns die Lebensmittelkonzerne auf die Teller lügen
Magen krebserregende Nitrosamine bilden können. So enthalten Wurstwaren von »BioBio«, »Bio-Wertkost« (Edeka) und »Grünes Land« das umstrittene Salz, auch die Firma Alnatura setzt es ein. Es gibt keinen Grund, warum Produkte mit Bio-Siegel derlei fragwürdige Zusatzstoffe enthalten dürfen. Dass andere Herstellerverbände wie Demeter oder Bioland teilweise darauf verzichten, zeigt, dass Bio auch mit weniger möglich ist.
Es geht aber nicht nur um möglicherweise gesundheitsschädliche Stoffe. So darf jedes Bio-Produkt biotechnologisch gewonnene Zitronensäure enthalten, obwohl dieselbe Wirkung auch mit normalem Zitronensaft erzielt werden kann, der allerdings für den Hersteller den Nachteil hat, dass er teurer ist. Bio-kompatibel sind der Verordnung zufolge auch Verarbeitungshilfsmittel wie Aromen, Enzyme, Ascorbinsäure oder Guakernmehl, die den industriellen Herstellungsprozess vereinfachen und beschleunigen. Auch Calciumchlorid ist ein Stoff, der zwar harmlos ist, aber letztlich der Industrialisierung Tor und Tür öffnet, denn mit Hilfe von Calciumchlorid lässt sich aus stark vorbehandelter Milch oder sogar aus Milchpulver und Wasser noch Käse basteln – was nach der EU -Verordnung und den Regularien des Bioverbands Naturland erlaubt ist, bei Bioland und Demeter wiederum nicht. Das Portal oekolandbau.de bezieht dazu eindeutig Stellung: »Wichtiges Argument gegen Calciumchlorid ist, dass der Einsatz einer zunehmenden Belastung der Milch durch Kühlung und Erhitzung Vorschub leistet und es dem Käser ermöglicht, weniger sorgfältig zu arbeiten.«
Wie bedingt das Qualitätsversprechen bei Bio jedoch inzwischen ist, zeigt das Beispiel Brot und Backwaren, und auf der BioFach in Nürnberg gibt es leider allzu viele Stände, an denen man das erfahren kann. Etwa, wenn man bei Wolf ButterBack, wo die Bio-Backwaren perfekt geordnet die Auslage füllen, nach der Verwendung von Enzymen fragt. Wolf ButterBack gehört zur Martin Braun-Gruppe, die wiederum zur Oetker-Gruppe zählt, und bietet neben seinen konventionellen Backwaren seit wenigen Jahren auch ein »Bio-Vollsortiment« von Bio-Croissants über Bio-Plundergebäck bis zu Bio-Brötchen und Bio-Broten. Nach Enzymen zu fragen ist deshalb interessant, weil sie eine Schlüsselsubstanz sind, ein Zeichen dafür, wie stark das Handwerk des Bäckers noch gepflegt wird. Backenzyme machen den Teig vor und während des Backens lockerer, sie unterstützen die Bräunung und verhindern, dass das Brot zu schnell altbacken wird; sie erhöhen die Wasserbindefähigkeit des Teigs, seine Festigkeit und Verarbeitbarkeit und sie bewirken, dass die Brote weniger an Maschinenteilen ankleben; vor allem aber zaubern Enzyme mehr Volumen, also mehr Luft, in die Backwaren – sie machen, dass die Brötchen beim Bäcker immer größer werden. Enzyme, die inzwischen häufig mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen gewonnen werden, sind also wahre Alleskönner, und dennoch kommen traditionelle Bäcker, die ihr Handwerk verstehen, auch ohne sie aus. Dafür backen sie langsamer, mühsamer – handwerklich eben.
Fragt man also einen der Herren am Stand von Wolf ButterBack nach Enzymen, schaut er irritiert und sagt: »Das kann ich so genau gar nicht sagen.« Dann holt er die Marketing-Frau, die ein wenig herumdruckst und schließlich verlegen antwortet »teils teils«. Die Verlegenheit ist verständlich, weil der Großbäcker in seiner Selbstdarstellung als Lieferant von Tiefkühlteiglingen großen Wert darauf legt, Partner von »Handwerksbäckereien« zu sein. Man kommt ins Gespräch und erfährt, dass das Bio-Sortiment nicht am Hauptsitz in Fürth hergestellt, sondern als Halbfertigprodukt von einem externen Partner aus Hannover angeliefert und dann zur Kundschaft gebracht wird. Bis nach Südtirol, erzählt die Marketing-Frau stolz, würde das Bio-Brot verkauft. Das bedeutet, dass backfertiges, tiefgefrorenes Brot aus Hannover zum Aufwärmen in Südtiroler Bäckereien gekarrt wird, wo viele Kunden – darunter deutsche Touristen – das Bio-Brot in der festen Überzeugung kaufen, der Südtiroler Bio-Bäcker habe es selbst gebacken.
Backenzyme und Lecithin, Ascorbinsäure und Guakernmehl – all das steckt heute längst im Bio-Brot – das dennoch das amtliche EU -Siegel trägt. Die Backmittelindustrie hat sich auf den Bio-Trend eingestellt und bietet inzwischen ein breites Sortiment an Backmitteln, Backvormischungen und Fertigmehlen an, die von den sogenannten
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