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Die Essensvernichter: Warum die Hälfte aller Lebensmittel im Müll landet und wer dafür verantwortlich ist (German Edition)

Die Essensvernichter: Warum die Hälfte aller Lebensmittel im Müll landet und wer dafür verantwortlich ist (German Edition)

Titel: Die Essensvernichter: Warum die Hälfte aller Lebensmittel im Müll landet und wer dafür verantwortlich ist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Kreutzberger , Valentin Thurn
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den Müll wandert! »Für den Großmarkt hier ist das nicht ungewöhnlich viel«, antwortet der Inspektor lakonisch. »Manchmal werden noch größere Mengen auf den Müll geworfen.«
    Während Tony Apfelbaum den amtlichen Stempel auf die Papiere haut, scherzt er mit dem Markthändler José Vinas. Die beiden kennen sich offenbar schon lange. Für Vinas scheint das ein Routinevorgang: »Die Orangen sind schon überreif hier angeliefert worden. Wir haben versucht sie zu verkaufen, aber das ist nur mit einem Teil gelungen. Den Rest müssen wir jetzt wegwerfen.«
    In einigen Kisten hat der Schimmel schon mehrere Früchte überzogen. In anderen sehen die Orangen aber noch ganz gut aus. Ich werde wütend bei dem Anblick. Hätte man die Schlechten nicht schon vor einer Woche raussammeln können? »Nein, das lohnt sich nicht«, meint Händler Vinas knapp. »Wenn in der Kiste mal eine Orange mit einem Schimmelfleck ist, dann vielleicht, aber wenn es zwei oder drei sind, dann nerven wir uns nicht länger damit, entweder wir verkaufen sie noch ein wenig billiger, oder ab damit in die Mülltonne.«
    Mir wird schlecht, als ich sehe, wie die Paletten mit den mehr als mannshoch aufgestapelten Kisten mit dem Gabelstapler auf einen Lkw verladen werden. Fast neun Tonnen Orangen für die Biogasanlage – ich bin entsetzt. Schwaden von Schimmelsporen erfüllen die Luft, doch das hält mich nicht davon ab, beim zuständigen Marktinspektor eine Drehgenehmigung zu erbitten, die Müllberge des Großmarkts zu drehen.
    Während ich darüber verhandele, was wir drehen dürfen und was nicht, hat Roland, der Kameramann, längst schon herausgefunden, wo man im Großmarkt lecker essen kann. In der Nähe der Fischmarkthallen gibt es mehrere Restaurants.
    Hier bestellt er einen gemischten Teller mit Meeresfrüchten, so groß, dass man ihn kaum essen kann, für 20 Euro! Roland ist zufrieden, denn frischer geht es nicht – hier werden all die Austern, Langusten und Fische umgeschlagen. Selbst viele Restaurants, die direkt am Meer liegen, beziehen ihre Meeresfrüchte über den Großmarkt Rungis.
    Wir beschließen, am nächsten Morgen den Fischmarkt genauer unter die Lupe zu nehmen. In der riesigen Halle beginnt der Betrieb bereits um drei Uhr morgens. Ein weißer Schutzanzug und Überschuhe aus Plastik sind Pflicht, dann können wir das üppige Angebot bewundern: Ganze Thunfische sind so in Styroporboxen verpackt, dass nur die riesigen Gabelschwänze herausschauen. Riesige Jakobsmuscheln locken mit ihrem leuchtend orangeroten Rogen. Und Krebse werden, damit sie sich nicht verletzen, in Holzwolle verpackt, die Scheren mit Gummis zusammengebunden.
    Um sechs Uhr in der Früh, die Sonne geht gerade auf, ist der Marktbetrieb in der Fischhalle schon vorbei. Jetzt kommen die Müllmänner, ziehen mit einem Stapler Rollcontainer wie kleine Züge hinter sich her. Wir folgen ihnen und landen in einem Müllraum am Rande der Halle.
    Es riecht nicht wirklich schlimm hier. Wie auch – die Fische, die sie hier in die Tonnen werfen, sind ja noch ganz frisch! Alles, was am Tag nicht verkauft wurde, muss weg! Mir schießen die Tränen in die Augen, als ich sehe, wie ein Müllmann kistenweise glitschige Fischleiber in einen Container kippt.
    Unsere Ozeane sind bald leer gefischt, und hier türmt sich ein riesiger Berg von Garnelen in der Abfalltonne! Warum verschenken die Händler nicht wenigstens die noch essbaren Lebensmittel, statt sie wegzuwerfen?
    Wir hören, dass es für Obst und Gemüse tatsächlich solch eine Sammelstelle gibt – weit draußen, am Rande des Großmarkts, in einer ungenutzten Lagerhalle. Vor dem Tor ein nagelneuer Lastwagen mit der Aufschrift »Epiceries solidaires« – in Deutschland würde es Tafel genannt. Von hier werden also die Bedürftigen von Paris beliefert.
    Lagerleiter Arnaud Langlais führt uns durch Stapel von Kisten: »Alles, was Sie hier sehen, ist eigentlich für den Müll bestimmt. Wir haben 2009 hier auf dem Großmarkt angefangen. Seitdem konnten wir 120 Tonnen Gemüse und Obst vor der Mülltonne retten«, erzählt er stolz. »Wir sortieren einfach die brauchbaren Anteile aus dem, was die Händler wegwerfen. Allerdings kriegen wir längst nicht alles.«
    Ein Dutzend Hilfsarbeiter – alle vom Arbeitsamt vermittelt – sortiert gut und schlecht auseinander. Arnaud Langlais macht die Runde, spricht mit allen und zeigt ihnen, wie das Gemüse am besten von den weniger schön aussehenden Bestandteilen getrennt wird.
    Mit ihrer

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