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Die Essenz der Lehre Buddhas

Die Essenz der Lehre Buddhas

Titel: Die Essenz der Lehre Buddhas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dalai Lama
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kann.
    Letztlich ist Leerheit nur unter dem Gesichtspunkt des abhängigen Entstehens zu erfassen. In dem genannten Text sagt Nagarjuna: »Was in Abhängigkeit von Bedingungen entsteht, wird der Lehre nach als leer gesehen, und das nenne ich den Mittleren Weg.« Er versteht
unter Abhängigkeit nicht nur kausale Bedingtheit etwa in dem Sinn, wie ein Keim einen Samen voraussetzt oder braucht oder wie unsere Leiden auf vorausgehendes untugendhaftes Handeln zurückzuführen sind. Um die Vorstellung der Eigenexistenz überwinden zu können, müssen wir das abhängige Benennen als einen Aspekt des abhängigen Entstehens erkennen. Erst wenn wir erkennen, dass der Stuhl nur existiert, weil wir ihn so nennen, bekommen wir eine Vorstellung vom abhängigen Entstehen, die etwas gegen unsere natürliche Neigung ausrichten kann, den Stuhl als etwas in sich selbst Existierendes zu sehen.
    Und wenn wir uns selbst in den Blick nehmen, müssen wir erkennen, dass ich nur abhängig existiere, nämlich aufgrund der Tatsache, dass den geistigen und körperlichen Anteilen, die ich zusammen als meine Person ansehe, eine Qualität von »ich« zugeschrieben wird. Leerheit betrifft alle Phänomene. Nagarjuna sagte: »Es gibt kein Phänomen, das nicht abhängig entstand; es gibt nichts, was nicht leer wäre.«
    Wenn wir Leerheit als abhängiges Entstehen und vor allem als abhängiges Benennen verstanden haben, ist uns klar, dass die Dinge nur aufgrund von Bezeichnungen und Benennungen existieren. Ein Tisch wird in Abhängigkeit von einer Benennungsbasis Tisch genannt, und diese Basis liegt in seinen Bestandteilen. Die Teile sind nicht der Tisch, sondern lediglich die Grundlage für unsere Bezeichnung »Tisch«. Es gibt nur die Teile, nicht darüber
hinaus auch noch einen von den Teilen unabhängigen Tisch. Wenn wir seine Bestandteile untersuchen, die Platte, die Seiten und die Beine, werden wir keinen in diesen Teilen versteckten Tisch auffinden. Und außerhalb dieser Teile werden wir erst recht keinen Tisch finden. Wie könnte es einen Tisch ohne Teile geben?
    Halten wir aber fest, dass dieser nur durch unsere Benennung existierende Tisch und der Name »Tisch« zweierlei sind. Der Name »Tisch« ist ein Wort und gehört zur Sprache. Der Tisch dagegen ist ein Möbelstück, auf das wir Dinge legen oder stellen können.
    Wie bereits gesagt: Die Unauffindbarkeit eines Tischs ist etwas, das auch für alle anderen Dinge gilt. Wir können uns in den Teilen eines Autos nach einem Auto, in den Bauanteilen eines Hauses nach einem Haus, in Wurzeln, Stamm, Ästen und Blättern nach einem Baum umsehen, aber es ist dort kein Auto, kein Haus und kein Baum zu finden. Dasselbe gilt für Geräusche und Gerüche, deren Anteile die Basis für unsere Benennung als Geruch oder Geräusch bilden. Alles im Reich der Existenz, gleich ob erzeugt oder erdacht, existiert als bloße Zuschreibung. Das ist es an den Phänomenen, was ihre Leerheit ausmacht. Es ist nicht Leerheit im Sinne eines leeren Zimmers. Diese Leerheit besteht darin, dass unter den Teilen, die ein Zimmer ausmachen, keine gesonderte, für sich bestehende Zimmerheit auszumachen ist.
    Alle Phänomene gehen aus der Leere hervor
    Nagarjuna sagt in seinem Kommentar zum Erweckungsgeist : »Wenn wir alle Phänomene als leer erkannt haben, dann erst können Ursachen und Wirkungen, Karma und seine Früchte sein. Das ist ein großes Wunder, wunderbarer als das Wunderbarste, erstaunlicher als das Allererstaunlichste!«
    Wenn wir die Leerheit vom abhängigen Entstehen her erfasst haben, können sich uns die Dinge in ihrem Wirken erschließen. Wir erkennen, dass zwischen Ursachen und ihren Wirkungen eine Beziehung der wechselseitigen Abhängigkeit besteht. Wenn irgendetwas ein in ihm selbst liegendes objektives Sein besäße, wäre es ja in sich selbst abgeschlossen und könnte keine Wechselbeziehungen zu anderen Phänomenen eingehen. Gerade dieses Fehlen einer Eigenexistenz, diese Leerheit, ermöglicht den Dingen also ihr Wirken – nur deshalb können sie hervorgebracht werden oder selbst etwas hervorbringen oder zu anderen Dingen in Beziehung treten.
    Abhängiges Benennen
    Wie ich früher schon gesagt habe, gehört das abhängige Entstehen – Pratityasamutpada – zu den kennzeichnenden Lehren des Buddhismus. Wir können uns dem Verständnis des abhängigen Entstehens unter verschiedenen Gesichtspunkten annähern.
    Da ist zunächst die Abhängigkeit der Dinge und Ereignisse von ihren Ursachen und Bedingungen. Auf

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