Die Essenz der Lehre Buddhas
Mitgefühl mit allen Lebewesen, das Geben unsere Liebe zu ihnen.
Es gibt Menschen, die von Anfang an dieses Übernehmen der Leiden anderer üben können, aber für die meisten von uns ist es einfacher, zunächst einmal unsere
eigenen künftigen Leiden bewusst auf uns zu nehmen. Wir visualisieren uns selbst als verlassen und verzweifelt, ohne Rückhalt, ohne Schutz. Wir nehmen das bewusst auf uns, es wird uns helfen, für die Leiden anderer empfänglicher zu sein.
Mit einiger Übung können wir dazu übergehen, diese bildhaften Vorstellungen mit unserem Atem abzustimmen: Beim Einatmen stellen wir uns vor, dass wir die Leiden anderer übernehmen, und wenn wir ausatmen, versorgen wie sie mit allem Wünschenswerten und mit Glück.
Als Menschen, die ihren Geist schulen, sind wir darauf aus, alle nur erdenklichen Lebenslagen in unsere Praxis einzubeziehen. Wenn uns etwas begegnet, das wir gern hätten oder das uns abstößt, nutzen wir das zur weiteren Schulung unseres Geistes, indem wir uns diese Regung des Wünschens oder des Widerwillens sofort klarmachen, um sie dann konstruktiv umsetzen zu können. Wir sagen uns: »Möge dieses Verlangen andere vor der gleichen Erfahrung bewahren, und mögen ihnen dadurch die bösen Folgen des eigennützigen Denkens erspart bleiben.« In einer unangenehmen Situation – wenn uns etwas zuwider ist oder wir unfreundlich provoziert werden – bleiben wir dem aufsteigenden Ärger gegenüber geistesgegenwärtig und sagen uns: »Möge meine Erfahrung von Ärger für alle anderen befreiend wirken, die ebenfalls solchen unguten Gefühlsregungen ausgesetzt sind.«
Hilfreich ist es, wenn wir dabei Worte sprechen, die uns inspirieren, zum Beispiel die folgenden Worte aus Nagarjunas Die kostbare Girlande : »Mögen alle Leiden und Probleme anderer an mir ausreifen, und mögen meine Tugend, mein Wohlstand und mein Glück für sie erblühen.« Solche Worte können wir immer wieder sprechen, bis wir sie ganz in uns aufgenommen haben.
Bodhicitta erzeugen
Bleiben wir bei unserer Praxis in dem Verständnis, dass sie wirklich funktioniert, dass sie unsere Leiden und die Leiden anderer lindern kann. Wenn ein Buddhist von klarem Blick die Anliegen aller Lebewesen seinen eigenen gleichstellt, wird dieses Wissen, dass die Leiden anderer wirklich beendet werden können, seinem Wunsch danach weiteren Auftrieb geben. Dieser stärker werdende Wunsch beflügelt wiederum die Praxis.
Auf diesem Weg ist es klug, sich zuerst einmal um Weisheit zu bemühen, und das ist in erster Linie die Erkenntnis, dass Leerheit das Merkmal von allem Existierenden ist. Von da aus ist unsere Bewunderung des Buddha nicht mehr von bloßem Glauben getragen, sondern entspringt unserem Wissen um die Ursachen, die zu seiner vollen Erleuchtung führten. Wir sehen dadurch auch die subtile Natur der geistigen Plagen und ihrer Ursachen
deutlicher, und wir sehen, dass es möglich ist, sich von ihnen zu befreien. Von da aus erkennen wir, dass der Geist seiner essenziellen Natur nach einfach Klarheit und Erkenntnis ist und wir ihn von seinen Verdunkelungen und Verunreinigungen befreien können.
Eine zweite Möglichkeit, Bodhicitta aufzubauen, setzt bei dem Wunsch an, alle Lebewesen mögen frei von ihren Leiden sein. Von dort aus bildet sich in uns der Entschluss eines Bodhisattwas, nach Buddhaschaft zu streben, um die Lebewesen besser anleiten zu können. Wenn wir so vorgehen, entwickeln wir zuerst diesen Entschluss und streben von dort aus nach Weisheit, das heißt nach Erkenntnis der Leerheit.
Dieser Wunsch, anderen in der bestmöglichen Weise zu dienen, bleibt immer wichtig, aber Kern unserer Praxis muss das Streben nach voller Erleuchtung sein. Bodhicitta, der selbstlose Erleuchtungsgeist, steht als das Heilmittel all unseres Kummers und aller Leiden anderer im Zentrum unserer Praxis, und diesen Gedanken lassen wir stark und dauerhaft in uns werden. Bodhicitta ist wirklich das Herz der buddhistischen Praxis, das wirksamste Mittel gegen alles Negative, die beste Möglichkeit, karmisches Verdienst anzusammeln und anderen ihre Freundlichkeit zu vergelten. Mit ihrer Hilfe erreichen wir unsere wahren Ziele und können auch anderen dazu verhelfen. In diesem altruistischen Erleuchtungsgeist verwirklichen wir unser wahres Streben in diesem und in künftigen Leben. Unsere Bodhicitta-Praxis
ist die größte Gabe, die wir dem Buddha darbringen können.
Unterwegs müssen wir immer sofort etwas unternehmen, wenn unser Handeln zu wünschen
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