Die Eule - Niederrhein-Krimi
Frühaufstehereinstieg hingelegt, und nun geht er zur Tagesordnung über, dachte Karin, während Staatsanwalt Haase die stylische Kaffeemaschine des Neuen bewunderte. Er hatte sich über den aktuellen Stand der Ermittlungen informieren wollen, schien verhalten erstaunt über die Entwicklung hin zu einem gezielt durchgeführten Anschlag und bot dem K 1 jegliche Rückendeckung auf dem kurzen Dienstweg an.
»Donnerwetter, hat einen guten Geschmack, Ihr Neuzugang. Wo ist er übrigens? Ich hörte von seinem gestrigen Einstand. Aber diese alten Kaffeepötte …«
»Das war Simon Termaths Ausstand.«
Erst jetzt schien ihm aufzufallen, dass der stille Protokollant aus diversen gemeinsamen Besprechungen nicht an seinem Platz saß und statt der gequälten alten Zimmerpflanzen nun dieses Hightechgerät an derselben Stelle auf dem Sideboard stand. Karin legte noch ein Schüppchen drauf.
»Wir hatten mit Ihnen gerechnet. Schließlich kannten Sie beide sich schon wesentlich länger als der Rest des Kommissariats.«
Haase blickte leicht irritiert auf, Karin genoss es sichtlich, ihn zu brüskieren.
»Er hat auf Sie gewartet.«
»Ja, ja, ich war verhindert, Sitzung in Düsseldorf. Frau van den Berg hat meine Grüße sicherlich wie besprochen übermittelt.«
Fluchtartig griff der Staatsanwalt zur Türklinke, er und von Aha trafen sich im Türrahmen. Haase gewann seine Souveränität schlagartig zurück, indem er in seine Vorgesetztenrolle schlüpfte.
»Haase, Staatsanwalt, willkommen in Wesel.«
»Gero von Aha, Kommissar. Danke.«
»Ich hörte, Sie kommen aus Göttingen?«
»Ja.«
»Herrliche Stadt, viel Bewegung in der Studentenschaft, schon von jeher.«
»Ja.«
»Beizeiten muss ich mal Ihren Kaffee probieren, tolle Maschine. Ich bringe gelegentlich ein paar neue Tassen mit, dann trinkt es sich nobler. Ich denke da an Villeroy & Boch oder vielleicht besser Ritzenhoff.«
»Ja, gerne«, sagte von Aha, der wohl daran dachte, dass er ebenfalls Trinkgefäße kaufen wollte, was er bislang vergessen hatte. Bald würde das Kommissariat über eine ganze Flut eleganter Tässchen verfügen.
Ihr Geplänkel wurde von einem Paar in mittleren Jahren unterbrochen, einfach gekleidet, schlecht frisiert, beide mit sorgenvollem Blick und unsicherer Gestik die Türschilder auf dem Flur nach einem Namen absuchend. Von Aha wirkte erlöst.
»Kann ich Ihnen helfen?«
Der Mann kam einen Schritt auf ihn zu. »Der da unten hat gesagt, zu Hauptkommissarin Krafft müssen wir. Kennt sich ja keiner aus, in so ‘nem Gebäude, kann man nicht leicht finden.«
»Setzen Sie sich einen Moment, ich melde Sie an. Wie heißen Sie?«
»Leschek, Erich und Ria Leschek.«
Diesmal stieß er mit seiner Vorgesetzten im Türrahmen zusammen. Die Pforte hatte Karin telefonisch über das Paar informiert. Sie flüsterte von Aha im Vorübergehen ihre Vermutungen zu.
»Vielleicht die Eltern des toten Fahrers.«
Von Aha nickte, während Karin die Lescheks in ihr Büro bat. Unsicher nahmen sie vor ihrem Schreibtisch Platz. Nein, sie hätten noch nicht daran gedacht, eine Vermisstenmeldung aufzugeben, schließlich wohne der Patrick schon lange woanders. Nein, seine aktuelle Adresse wüssten sie nicht. Nein, sie hätten das Foto in der Zeitung nicht selbst entdeckt. Herr Leschek räusperte sich und legte los.
»Wir waren ziemlich früh bei der Arge heute. Schikanetermin, sagt meine Frau immer, du musst um halb neun da sein und kommst eine Stunde später dran, weil erst noch freie Sprechstunde ist. Wir haben auf dem Flur gesessen, zusammen mit zwei Kollegen, die ich schon lange kenne. Und der Heini hat die Zeitung aufgehoben, die ein anderer vorher unter dem Stuhl vergessen hatte. Der blättert und blättert, und plötzlich sagt er, da, sagt er, ich könnt schwören, das ist euer Patrick. Erst nicken die Kollegen ab, und dann reißt ihm meine Frau das Papier aus der Hand und kann sich kaum beruhigen.«
Frau Leschek brach wie auf Kommando in Tränen aus und erntete unverständiges Kopfschütteln ihres Mannes.
»Hör schon auf, wir wissen doch noch nichts.«
Karin griff in ihre Schreibtischschublade und stellte eine Box Papiertücher vor Frau Leschek, die sich dankbar ein Tuch herauszupfte. Ihr Mann fuhr unbeirrt fort.
»Eine gewisse Ähnlichkeit ist vorhanden, aber Lkw fahren? Der hatte ja noch nicht einmal den normalen Führerschein, da kann der nicht einfach so eine Kiste lenken, oder?« Er schüttelte energisch den Kopf. »Ich kann mir auch nicht denken, dass
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