Die Eule - Niederrhein-Krimi
wartete mit Autoschlüssel und Jacke an der Tür. Herr Leschek druckste herum.
»Der Kollege von mir sagte, da wären noch Sachen von ihm im Auto gewesen.«
»Wie kommt Ihr Kollege darauf?«
»Hätte vor Tagen in der Zeitung gestanden. Man hätte Geld im Laster gefunden.«
Tom Weber ahnte, dass diese Frage seiner Chefin überhaupt nicht gefiel. Er beobachtete, wie ein mittlerer Wutausbruch sich durch kleine rote Punkte am Hals ankündigte, die sekundenschnell zum Gesicht aufstiegen.
»Sie wissen nicht einmal, ob der tote junge Mann Ihr Sohn ist, und sprechen schon über das Geld, dessen Besitzer noch nicht ermittelt wurde? Das grenzt an Leichenfledderei, jetzt aber raus hier, bevor ich mich vergesse!«
Die drei machten sich auf den Weg, während von Aha neugierig um die Ecke linste.
»Das klang temperamentvoll.«
»Das war auch nötig. Und jetzt zu Ihnen. Eine plausible Erklärung für Ihren verspäteten Dienstbeginn bitte, wir sind hier Pünktlichkeit gewohnt.«
Er starrte durch seine eckige Brille. »Jetzt mal nicht ausrasten, ich will keine Leiche fleddern und kann nichts für den Kater, den Sie hier ausleben.«
»Ich bin nicht verkatert, weise nur auf die hiesigen Gepflogenheiten hin, und ohne dieses Paar hätte ich Sie gleich mit dieser Frage begrüßt.«
Sie schauten sich wie zwei Kontrahenten an, die sich für Werbezwecke vor dem Boxkampf der Presse präsentieren. Und schwiegen.
»Ich warte.«
Schnaubend verschränkte von Aha die Arme. »Mein Umzugsunternehmen hat mich versetzt. Geplant war sechs Uhr Ankunftszeit am Großen Markt, ich wollte den Schlüssel übergeben, damit die alles nach oben bringen. Ein Fahrer war ausgefallen, Ankunft gegen Mittag. Ich habe der Hebamme aus der Praxis im ersten Stock meinen Schlüssel gegeben. Die war nicht begeistert. Ich kann nur hoffen, dass ihr kein Kind dazwischenkommt. Frau Krafft, mit viel Glück sind meine Sachen nachher oben in der Dachwohnung. Wenn die keinen Ersatz zum Schleppen kriegen, stehen sie auf dem Marktplatz, bestenfalls noch unter der Arkade.«
»Am Marktplatz im Herzen von Wesel wohnen Sie also, das ist ja nicht weit von hier.«
»Ja, ich habe per Internet gesucht und den Innenstadtbereich bevorzugt. Domviertel fand ich anrührend als Namen für ein Wohnquartier. Letztlich hat mich das Erkerzimmer überzeugt mit dem seitlichen Domblick. Und dann soll ja die gegenüberliegende Fassade mitten in der Trapp-Zeile wieder ihr historisches Gesicht bekommen. Das ist zwar kein Vergleich mit Göttingen, aber immerhin eine attraktive Facette.«
»Warum nehmen Sie sich nicht den Tag für den Umzug frei?«
»Dann verpasse ich ja den Einstieg.«
»Wie wollen Sie die Klamotten unter das Dach transportieren, wenn das Unternehmen versagt? Alleine?«
»Irgendwie, Stück für Stück.«
Burmeester horchte auf. »Wir können in der Mittagspause gemeinsam nachschauen. Ich frage noch Tom und Jerry, zu viert geht das flotter.«
Ungläubig schaute von Aha ihn über die Schulter hinweg an. »Das wäre prima. Ich kenne doch hier sonst niemanden.«
Bevor sich die Männer verbündeten, gönnte sich Karin noch ein Schlusswort. »Wir leben nicht hinter dem Mond, eine Verspätung kann durchaus durchgegeben werden. Wenn nicht dienstliche Belange Einsatz oder Ermittlung vor Ort voraussetzen, dann beginnen wir hier pünktlich und gemeinsam, Herr von Aha.«
Er salutierte mit übertriebener Geste. »Sehr wohl, Frau Hauptkommissarin Krafft.«
Karin Krafft ahnte, dass ihr die Zurechtweisung zu autoritär geraten war. »Gut, dann setzen Sie sich mit dem Kollegen Burmeester zusammen und tauschen Sie sich über die Informationen aus dem Osten aus, vielleicht gibt es in den Stasi-Akten sogar Hinweise auf Cornelia Garowske.«
Sie bekam am Rande mit, wie Burmeester sich mit einem Stuhl neben den Neuen hockte, der das Laptop hochfuhr.
»Ich heiße Nikolas, wir duzen uns hier. Meistens jedenfalls und trotz deines etwas merkwürdigen Einstiegs bei uns. Aber in der Not halten wir zusammen.«
»Freut mich, Gero.«
Das Telefon klingelte, und Karin konzentrierte sich wieder auf ihren Schreibtisch. Gespannt hörte sie zu, was Tom Weber zu berichten hatte.
»Sie haben ihn identifiziert. Der Tote ist eindeutig Patrick Leschek, ein neunundzwanzigjähriger Weselaner. Ein echter Loser, wie ich auf der Fahrt hierher erfahren habe. Immer waren andere Schuld an seinem Scheitern, nichts hat er zu Ende gemacht, auch keinen Schulabschluss.«
»Wir müssen herausfinden, wo er gelebt hat,
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