Die Eule - Niederrhein-Krimi
Patrick das sein soll. Ähnlichkeit, ja.«
Die Kommissarin sortierte die Informationen.
»Sie sind Herr und Frau Leschek, und die Person auf unserem Bild hat eine gewisse Ähnlichkeit mit Ihrem Sohn Patrick, richtig?«
Das Paar nickte einträchtig.
»Sie kennen den derzeitigen Aufenthaltsort Ihres Sohnes nicht. Haben Sie eine Handynummer von ihm?«
Synchrones Kopfschütteln. Frau Leschek schniefte in ein weiteres Papiertuch. Eine Geste von Karin reichte aus, und Tom Weber setzte sich im Nebenraum an den PC , um sich ins Melderegister einzuloggen.
»Der wechselt doch ständig den Anbieter. Immer nur Ärger mit den Gesellschaften hat der, die wollen ihm immer Gebühren berechnen für irgendeinen Scheiß, den er nicht nutzt. Deshalb hat er meistens solche billige Kartenhandys vom Trödel und so. Keine Ahnung, wie unser Herr Sohn zu erreichen ist.«
Frau Leschek zupfte. »Der Lange …«
»Wen und was meinst du?«
»Na, der Lange muss doch wissen, wo Patrick ist.«
Herr Leschek lehnte sich mit einer ablehnenden Geste zurück. »Weißt du, wo ich den Langen das letzte Mal gesehen habe? In der Fußgängerzone. Und weißt du, wie? Mit seinem Hund an der Ecke sitzend und die Leute anbettelnd. Haste mal ‘nen Euro, den Spruch hat er draufgehabt und mich nicht erkannt. Der kennt seinen eigenen Namen nicht mehr, so besoffen, wie der durch die Stadt taumelt.«
»Der weiß noch genau, wen er kennt und wen nicht, vielleicht …«
»Nie und nimmer, der doch nicht.«
Karin unterbrach die Diskussion. »Hat der ›Lange‹ auch noch einen anderen Namen?«
Sie schienen angestrengt nachzudenken. Schließlich zupfte und schniefte Frau Leschek erneut, bevor sie sich mit erhobenem Zeigefinger zu Wort meldete.
»Seine Mutter hieß Martmann, bevor sie den Dvornik heiratete.«
»Von dem ist die doch schon lange weg.«
»Und hat den Schmitz geheiratet.«
Karin notierte, strich, notierte erneut.
»Schmitz oder Schmidt?«
»Schmitz mit ›Tür zu‹ am Ende. Aber der Lange ist nicht der Sohn vom Schmitz, der stammt noch vom Martmann, genau wie die beiden Mädchen.«
»Martmann, nicht vom Dvornik?«
»Der konnte doch nicht.«
Karin schritt ein. »Martmann – und der Vorname?«
Beide blieben stumm.
»Weiß ich jetzt auch nicht.«
Tom Weber blickte durch die geöffnete Zwischentür und schüttelte den Kopf. Karin ging kurz zu ihm.
»Patrick Leschek ist noch unter der Adresse seiner Eltern gemeldet, kein weiterer Eintrag. In unseren Akten steht er mit kleineren Jugendsünden, Ladendiebstahl und so, seit Jahren unauffällig.«
»Mein Kollege hat Ihren Sohn nicht einzeln im Melderegister gefunden. Er steht mit Erich und Maria gemeinsam eingetragen.«
Sie nickten.
»Das sind wir, Erich und Ria. Der wollte sich doch ummelden. So ist er, wenn man nicht alles für den erledigt, dann passiert nichts.«
Tom blickte Karin an und zog die Schultern hoch.
»Dann müssten Sie mit in die Pathologie kommen und sich den jungen Mann anschauen.«
Sofort schluchzte Frau Leschek herzergreifend, zupfte und schlug die Hand ihres Mannes zur Seite, der ihren Oberarm berührte. »Alles nur deinetwegen. Hättest du nicht ewig auf dem Jungen rumgehackt, dann wäre er nicht weg.«
»Komm, jetzt mal langsam. Nichts hat der gemacht, gar nichts, nur vor dem Bildschirm gehangen und den Kühlschrank leer gefressen. Uns auf der Tasche gelegen hat er, sich um nichts gekümmert. Keine Arbeitsstelle war ihm gut genug.«
»Die haben ihn auch nie richtig verstanden. Immer sollte er Dinge machen, die er nicht wollte, ist doch auch nicht gerecht.« Ihr Blick suchte solidarische Unterstützung bei Karin.
»Wie alt ist Ihr Sohn, Frau Leschek?«
»Achtundzwanzig, nächsten Monat.«
Karin schaute Tom an, der mit einem Ausdruck aus dem Melderegister zu ihr trat. »Patrick Leschek«, las sie da, »geboren am 30. August 1980 in Wesel«.
»Dreißig wird er im August, Frau Leschek.«
Sie funkelte Karin aufgebracht an. »Sag ich doch.«
Tom Weber schaute das Paar an. »Ich habe mit der Pathologie telefoniert, wir können gleich hinfahren.«
Beide richteten sich erschrocken auf.
»Jetzt gleich? Dann brauchen wir aber eine Bescheinigung, warum wir den Termin in der Arge nicht wahrnehmen können. Das gibt sonst Abzug.«
Karin nahm eine Visitenkarte aus ihrer Ablage. »Sie geben einfach meine Karte weiter. Wenn es Schwierigkeiten gibt, sollen die mich anrufen.«
»Wenn das mal reicht.«
Sie bewegten sich nicht.
»Muss. Wird schon klappen.«
Tom Weber
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